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Der Clan der Wildkatzen

Der Clan der Wildkatzen

Titel: Der Clan der Wildkatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sie ein Kätzchen«, sagte Miao, » aber sie besitzt die Kräfte eines Senders, und sie ist keine von uns, Beraal. Es ist zu gefährlich, eine so mächtige Katze leben zu lassen, wenn sie nicht zum Clan gehört– ihre Mutter war bestimmt eine Fremde, vermutlich von einem Clan auf der anderen Seite des Kanals.«
    » Mara hat keinen eigenen Clan«, miaute Beraal leise, aber entschlossen. » Wenn wir sie in unserem Clan aufziehen, könnte sie unser Sender sein. Ihre Mutter stammte von der anderen Seite des Kanals, aber Mara wurde unter der Brücke geboren. Sie riecht vielleicht anders, aber wurde sie nicht trotzdem auch bei uns geboren?«
    Miaos blaue Augen verrieten Unsicherheit. » Keiner von euch hat Tigris als Sender erlebt«, sagte sie. » Sie war für uns die mit den langen Schnurrhaaren und hat viele Arten von Bedrohungen gewittert– Großfüße, Eindringlinge, Raubtiere–, lange bevor unsere besten Jäger etwas bemerkten. Aber sie konnte für unsere Sicherheit sorgen, weil sie eine von uns war. Ihre Schnurrhaare zitterten für uns, Beraal. Dieses Kätzchen mit dem seltsamen Geruch, das bei den Großfüßen lebt, zu wem gehört es? Zum Clan ihrer Mutter auf der anderen Seite des Kanals? Zu den Großfüßen? Oder zu uns?«
    Katar rührte sich, und die beiden Kätzinnen, die alte und die junge, wandten sich dem Kater zu. » Es wäre besser gewesen, wenn du den Sender getötet hättest«, sagte er. » In den Jahren seit Tigris’ Tod gab es wenig Notwendigkeit für einen Sender bei uns Wilden Katzen.«
    Miaos Schnurrhaare gingen hoch. » Ich habe ein ungutes Gefühl, was den Geruch des Senders und seine Fähigkeiten angeht. Aber meine Mutter und Tigris haben mir erklärt, dass Sender geboren werden, wenn der Clan sie braucht; in Zeiten des Friedens, wenn es reichlich Mäuse gibt und uns die Menschen in Ruhe lassen, brauchen wir keinen.«
    » Und bisher gab es auch keine Notwendigkeit mehr für einen Sender«, wiederholte Katar. » Wir waren stets Augen, Ohren und Schnurrhaare für den anderen. Aber was du sagst und was Beraal sagt, riecht wie die Wahrheit. Der Sender wurde unter der Kanalbrücke geboren, zwischen uns und dem Clan auf der anderen Seite. Er könnte uns als seinen Clan in Anspruch nehmen.«
    » Quatsch«, miaute eine raue Stimme von einer bröckelnden Friedhofsmauer herunter. Hulo hob sich als Silhouette gegen das Licht der aufgehenden Sonne ab, ein dunkler Flecken verfilzten Fells. Trockenes Blut auf seinem Rücken erinnerte an seinen Einsatz im Kampf gegen die Ratten. » Es sieht dir gar nicht ähnlich, vor dem Töten zurückzuschrecken, Beraal«, fuhr er fort. » Diese Mara ist in doppelter Hinsicht eine Fremde. Sie hat einen anderen Geruch als wir, Brücke hin oder her, und sie ist eine Drinnenkatze, ein Sonderling, der bei den Großfüßen lebt. Außerdem veranstaltet sie einen verfluchten Lärm. Wenn du sie nicht tötest, übernehme ich das.«
    Beraal fauchte und zeigte ihre scharfen weißen Zähne. » Hör mich an, Hulo«, sagte sie. » Du hast zwar recht, aber du hast sie noch nicht kennengelernt. Ich schon, und deshalb sage ich, wir sollten sie leben lassen. Mara will uns keinen Schaden zufügen. Eigentlich ist sie nur einsam und ihre Begabung ist ungewöhnlich. Auch wenn sie nicht zum Clan gehört, ist sie dennoch keine Fremde. Dass sie eine Drinnenkatze ist, hat Vorteile für uns – Mara wird vermutlich nie nach draußen kommen. Wir sollten abwarten und sie erst einmal richtig kennenlernen, ihr viel beibringen und vielleicht sogar ihren Geruch ändern, ehe wir sie jagen und töten. Sie ist etwas ganz Besonderes. Wenn du in das Haus der Großfüße gehen und sie töten willst, sei dir im Klaren darüber, dass du in mein Revier eindringst. Ich würde dir dabei vielleicht in die Quere kommen.«
    Hulo knurrte aus tiefer Kehle und sprang von der Mauer. Er war ein beeindruckendes Exemplar seiner Gattung, groß und athletisch. Sein Fell war zwar zerzaust und ungepflegt, doch an seinen Flanken zeichneten sich Muskeln ab. Seine Pfoten waren doppelt so groß wie Beraals, doch die junge Kätzin ließ sich davon nicht einschüchtern. Wenn es zum Kampf käme, wäre sie schneller, und mit ihren scharfen Krallen könnte sie ihm die Haut zerfetzen.
    Sie machte einen Buckel und fauchte, als Hulo auf sie zukam, und senkte zur Warnung den Kopf. Katar stellte sich zwischen die beiden und fauchte ebenfalls.
    » Keine Kämpfe auf dem Friedhof«, sagte er. Das gehörte zu ihrem Pakt mit dem Fakir.
    Hulo

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