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Der Clan der Wildkatzen

Der Clan der Wildkatzen

Titel: Der Clan der Wildkatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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verengte die Augen zu Schlitzen und knurrte weiter. » Ich sage, das Kätzchen muss sterben, Beraal. Wenn du es nicht tust, erledige ich das. Es ist vielleicht dein Revier, aber du hattest den Auftrag, zu töten, und wenn du es nicht kannst, so habe ich jedenfalls keine Skrupel.«
    Beraal sträubte ihr Fell und fuhr die Krallen aus. » Ich sage, die Kleine bleibt am Leben und wir geben ihr ein paar Monate Gnadenfrist. Ich erziehe sie, als wäre sie ein Kätzchen aus meinem eigenen Wurf.«
    Hulo schien zum Sprung bereit zu sein, doch Miao ging mit abgespreizten Schnurrhaaren dazwischen. » Wir regeln das auf die übliche Weise«, sagte sie. » Auf zum Stufenbrunnen!«
    Während die Katzen rasch vom Friedhof hinüber zum Stufenbrunnen nebenan liefen, warf Miao den Kopf in den Nacken und heulte: » Kampf! Kampf im Brunnen, kommt alle sofooooort!« Die Siamkatze war die älteste hier in der Umgebung, und ihre einst hellblauen Augen waren längst getrübt, doch ihre Stimme klang so tief und durchdringend wie eh und je.
    Der Boden des Brunnens war trocken und hatte Löcher. Einige Pfützen mit grünem, schleimigem Wasser zwangen die Katzen, vorsichtig zu gehen. Beraal lief ohne Probleme die zerbrochenen Stufen hinunter zur Mitte, wo sie sich umdrehte und Hulo entgegentrat.
    » Nach welchen Regeln?«, sang Miao. » Reicht das erste Blut oder müssen Fellfetzen fliegen?«
    » Bis zum ersten Blut«, sagte Hulo rasch.
    » Nein«, widersprach Beraal. » Bis zur offenen Kehle.«
    Unter den versammelten Katzen breitete sich Gemurmel aus und Katar und Miao richteten die Ohren in Beraals Richtung. » Bis zur offenen Kehle« war eine ernste Sache: Die erste Katze, die dem Gegner einen sauberen Kratzer oder Biss an der Kehle versetzte, gewann, doch bis sich die Gelegenheit dazu ergab, könnten beide schwere Verletzungen erlitten haben. Hulos Vorteil waren sein Gewicht und seine kräftigeren Muskeln, Beraal dagegen war tödlich schnell, und beide waren als gefährliche Kämpfer bekannt.
    Hulo zuckte zustimmend mit den Schnurrhaaren. Miao zögerte kurz, sang dann aber weiter:
    » Zu den Regeln, Katzen, hört mal her!
    Der Kampf wird blutig werden und bis zum Äußersten gehen,
    Denn ›bis zur offenen Kehle‹ kämpft’s sich schwer!
    Einen toten Kämpfer aber wollen wir nicht sehen.
    Das erste Blut wird spritzen, das zweite und das dritte.
    Blutet ihr zu viel, dann hört auf meine Bitte
    Und beendet den Kampf, auch wenn euch Vorteile entgehen.«
    Aus den staubigen Gassen in der Umgebung des Schreins, von den Dächern des Westteils von Nizamuddin, vom Ufer des Kanals– von überall kamen die Katzen herbeigelaufen. Unter ihnen Qawwali, Abol, Tabol und sogar ein ansehnliches Rudel der sonst so beschäftigten Marktkatzen ließ sich von der Aussicht auf einen anständigen Kampf anlocken.
    Leise schlichen sie heran, ließen sich in kleinen Gruppen auf den Steinstufen nieder, reihten sich auf den Mauern auf, und manche schauten auch von den Zweigen und aus dem Schatten eines großen Baums zu. Southpaw war das einzige Kätzchen, aber die anderen Katzen waren so sehr an ihn gewöhnt, dass sie ihn nicht fortschickten. Der Kleine hatte sich zwischen Abol und Tabol eingerollt und schaute sich mit großen Augen den antiken Brunnen an. Es war für ihn der erste Kampf.
    Katar und Miao zogen sich ein paar Schritte zurück, damit die Kämpfer genügend Platz hatten. Sie würden allerdings in der Nähe bleiben, um notfalls einschreiten zu können. Trotzdem wollten sie nicht riskieren, aus Versehen einen verirrten Schlag abzubekommen.
    Die beiden Katzen umkreisten einander, ihre Schwänze zuckten hin und her. Hulo stieß ein langes, tiefes Klagen aus, das immer schriller wurde, und Beraal erkannte die Narben an Bauch und Stirn des großen Kämpfers. Sie antwortete mit einem tiefen Knurren, das sie so lange anschwellen ließ, bis dessen Bedrohlichkeit die gesamte Arena erfüllte. Ihr Fell war gesträubt, ihre Schnurrhaare straff gespannt und ihr Schwanz fuhr wie eine Peitsche hin und her. Beide bewegten sich wie Tänzer nach festgelegten Schritten und folgten einem Rhythmus, den nur sie hören konnten.
    Hulo führte den ersten Angriff aus. Er begann ohrenbetäubend zu schreien, spannte die Hinterläufe an und warf sich in die Luft. Mit den Vorderpfoten hätte er auf Beraals Rücken landen sollen, was sie gezwungen hätte, sich entweder auf den Boden zu werfen oder ihren Hals zu entblößen, wenn sie nach ihm hätte beißen wollen. Aber Beraal hatte die

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