Der Clan der Wildkatzen
danke, dass ihr mich aus der Gefangenschaft der Sockenschublade befreit habt! Schaut nur, ich habe eine Socke für euch erlegt!«
Beraal seufzte. » Ich glaube, dazu sind einige Lektionen notwendig«, antwortete sie. » Aber ich habe schon eine Idee, wie es funktionieren könnte.«
» Hoffentlich hast du recht, Beraal«, sagte Hulo. » Sieh dich nur um.«
Beraals Schnurrhaare zuckten forschend. » Was meinst du?«
Hulo deutete auf die rastlose Gruppe Katzen, von denen manche den Stufenbrunnen verließen, während andere auf Mauern und auf Bäumen saßen. Bei allen hatte sich das Fell leicht gesträubt.
» Vielleicht kannst du mich, Miao und Katar überreden, deinen kleinen Schützling in Ruhe zu lassen«, sagte er. » Und ich verspreche dir, ich werde dem Kätzchen nichts tun – solange sich die Kleine nicht zu weit in mein Revier wagt. Aber wie lange kannst du alle anderen zurückhalten?«
Beraal lauschte den flüsternden Worten um sie herum.
» Dämonisch!«, sagte Qawwali gerade. » Das müsste verboten sein.«
Abol gähnte und putzte sich die dicken Flanken. » Einer Drinnenkatze darf man einfach nicht trauen, das weiß doch jeder«, stimmte er zu.
Qawwali schob sich an den beiden mit angelegten Ohren vorbei. » Man kann keine Nacht mehr in Ruhe durchschlafen. Was ist nur aus diesem Viertel geworden?«
Hulo sah Beraal an. » Ich denke, deine junge Freundin sollte lieber im Haus bleiben, selbst wenn es ihr gelingt, ihre Lautstärke zu mäßigen.«
Katar und Miao kamen dazu und beglückwünschten Beraal, doch als sie sich umdrehte, um die Nasen mit ihnen zu reiben, humpelte Hulo davon. Beraal machte sich Sorgen.
» Freiheieieieit!«, rief die Stimme einer fröhlichen Katze in allen Köpfen.
Sie sollte wirklich so schnell wie möglich mit dem Unterricht anfangen, dachte Beraal.
5
Der Sender auf Streifzug
D as schlafende Kätzchen bildete einen hübschen farbigen Punkt zwischen den Stahlskulpturen, die den Tisch am Küchenfenster zierten. Von Zeit zu Zeit zitterte das Fell vom Schnarchen.
Beraal schob den Rumpf scharf an die Kante und blies verärgert in die Luft. » Ich wünschte, sie würde aufwachen«, sagte die schwarzweiße Jägerin an die Welt im Allgemeinen gerichtet. » Ich miaue sie schon seit einer Ewigkeit an!«
Im Baum vor dem Fenster gab es Geflatter und lautes Zirpen. » Das wissen wir«, sagte eine schrille Stimme. » Und vermutlich die ganze Nachbarschaft im Umkreis von Meilen. Meine Küken werden niemals Schlaf finden!«
» Ach, sei still, Schneidervogel«, sagte Beraal gereizt, da Mara einfach nicht wach wurde. » Oder ich bringe deine verfluchten zirpenden Jungen mit meinen Zähnen zur Ruhe.«
Ein Aufruhr in der Hecke unten verriet, dass nicht nur der Schneidervogel empört war.
» Also, in all den Jahren…«, sagte Do.
» …habe ich noch nie…«, sagte Re.
» …gedacht, ich müsste…«, sagte Mi.
» …eine Katze aus Nizamuddin…«, sagte Fa.
» …daran erinnern, was sie…«, sagte Sol.
» …ihrer eigenen Würde schuldig ist…«, sagte La.
» …wenn sie sich wie ein unerzogenes…«, sagte Si.
» …Kätzchen benimmt!«, beendete Do den Satz.
Als älteste des Graufedernschwarms, die man die Sieben Schwestern nannte, oder auch die Doofen Drosslinge– je nachdem, ob man sie mochte oder nicht–, übernahm es stets Do, einen Satz anzufangen und zu beenden.
Beraal war von der Kritik betroffen, doch sie war berechtigt, denn inzwischen miaute sie die schlafende Mara tatsächlich seit einer Ewigkeit an wie ein schlecht erzogenes Kätzchen. Trotzdem fauchte sie und sagte zu den aufgeplusterten Vögeln: » Ihr könntet mir ja auch helfen. Flattert herum oder meckert ein bisschen lauter.«
Die Drosslinge plusterten die Federn auf und Beraal seufzte. Jetzt hatte sie den Salat. Wie immer fing Do an.
Do: » Meckern!«
Re: » Wie die Krähen keckern!«
Mi: » Beleidigungen dieser Sorte…«
Fa: » …wirklich so gemeine Worte…«
Sol: » …haben wir noch nie gehört!«
La: » (Hätte uns auch sehr gestört!)«
Si: » Denn wir sind die Sieben Schwestern.«
Do: » Und da gibt es nichts zu lästern.«
Und nun legten Do, Re, Mi, Fa, Sol, La und Si im Chor los:
» Manches ließe sich noch kitten,
wenn die geneigte Katze weise
ob nun laut oder leise
um Verzeihung würde bitten!
Und warten wir ab sofort
geduldig auf dies eine Wort:
Entschuldigung, Entschuldigung.
Erst wenn du uns ernsthaft bittest,
um Entschuldigung, Entschuldigung,
um
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