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Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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hast gesagt, ich bin früh dran.“
    „Im Ernst? Glaubst du wirklich, dass wir es schaffen, einen Flechtenfresser zur Strecke zu bringen? Nur wir beide?“
    „Jedenfalls schmeckt ein Flechtenfresser besser als ein Hase. Und zu zweit ist es leichter als allein“, erwiderte Faolan.
    „Richtiges rotes Fleisch – mir läuft schon das Wasser im Maul zusammen. Dort hinten können wir vielleicht eine Fährte aufnehmen.“ Er nickte zu einem ausgetrockneten Flussbett hinüber. „Da kommen sie oft durch, wenn sie auf Wanderschaft sind.“
    „Na dann, auf geht’s!“, rief Faolan.
    Sie fanden die Fährte sofort.
    „Kann sein, dass einer von ihnen hinkt“, stellte der Pfeifer nach ein paar Minuten fest. „Er setzt die östliche Vorderpfote nicht gleichmäßig auf.“
    Faolan war beeindruckt. Der Pfeifer war ein scharfer Beobachter und guter Fährtenleser.
    Es war keine richtige Herde. Nur vier Flechtenfresser, die zusammen umherzogen, zwei Kühe, ein Kalb und ein älteres Männchen.
    Das Männchen hatte eine tiefe Wunde in der Fessel. Es hinkte wirklich und würde vermutlich leichte Beute sein. Die Strategie war einfach: Sie mussten das Männchen von den anderen trennen und dann jagen. Faolan und der Pfeifer arbeiteten gut zusammen. Sie hetzten das alte Männchen eine Zeit lang in vollem Tempo, bis es müde wurde. Dann ließen sie sich zurückfallen und taten so, als hätten sie das Interesse verloren. Damit wiegten sie den Flechtenfresser in trügerischer Sicherheit. Seine Wachsamkeit ließ nach und vielleicht würde er sogar anhalten, um kurz zu verschnaufen. Doch plötzlich nahm Faolan eine Bewegung im Gestrüpp an einem Hang wahr. Ein großer, kräftiger Bock stürmte die Halde herunter, kam kurz vor ihnen zum Stehen und scharrte mit dem Huf. Flechtenfresser waren normalerweise kleine, leichtfüßige Kreaturen. Aber dieser Bock war riesig. Herausfordernd schwenkte er das gewaltige Geweih. Faolan kannte diese Drohgebärde von den Rentieren. Es war das typische Imponiergehabe, das häufig einem Revier- oder Paarungskampf zwischen den männlichen Tieren einer Herde vorausging. Dass aber ein Rentier sich gegen einen Wolf wandte und ihn auf diese Weise herausforderte, hatte er noch nie erlebt.
    „Oh nein“, stöhnte der Pfeifer. „Lass uns lieber abhauen!“ Doch Faolan wirbelte herum und stemmte alle vier Beine in den Boden. Er ließ die Ohren nach vorn schnellen und knurrte den Bock an, der sofort den Kopf zum Angriff senkte.
    Was in aller Welt macht dieser Wolf? , dachte der Pfeifer verblüfft. Dann sah er einen Silberstreif wie einen tief fliegenden Kometen in der Dämmerung aufblitzen.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Pfeifer begriff, dass Faolan dieser Silberstreif war, der vor ihm durch die Luft schoss. Ein grässliches Krachen drang an sein Ohr, dann ein Ächzen und ein hoher, wiehernder Schrei. Im nächsten Moment saß Faolan rittlings auf der Schulter des Bocks, der sich wild aufbäumte und pfeilschnell davonschoss. Faolan klammerte sich eisern fest und der Pfeifer raste hinterher.
    Unglaublich, dieser fremde Knochennager! Der Pfeifer hatte Faolans Sprung über die Feuerwand mit eigenen Augen gesehen. Er wusste, wie übertrieben die Gerüchte waren, die später in Umlauf kamen – am Ende hieß es sogar, Faolan sei in die Sonne gesprungen. Aber was er jetzt zu sehen bekam, spottete jeder Beschreibung. Faolan ritt auf einem riesigen Bock, dessen Blut nur so spritzte.
    Faolan hatte die langen Fangzähne in den Hals der Beute gerammt und die lebenswichtige Halsschlagader zerfetzt. Seine Klauen bohrten sich so tief in die Schultern des Bocks, dass es ihm die Muskeln zerriss. Der Bock geriet ins Stolpern und stürzte zu Boden. Sein Bauch und sein Brustkorb wogten und er rang keuchend nach Atem. Der Pfeifer lief schnell hinüber und sank neben Faolan auf die Knie. Beide Wölfe legten die Köpfe neben den sterbenden Bock und sahen ihm in die Augen, um das letzte Aufflackern des Lichts darin zu erhaschen. Das Todesritual des Lochinvyrr war keine Regel, kein Gesetz, das auf einem Schnitzknochen festgehalten wurde. Jeder Wolf folgte diesem Drang, mit dem er das erlegte Tier ehrte und ihm zeigte, dass er das Leben würdigte, das es für ihn hingab.
    Sekundenlang blieben Faolan und der Pfeifer stumm. Ihre Gedanken waren ganz auf die Schönheit dieses Tiers gerichtet, auf seine Anmut, seinen Kampfgeist. Du bist würdig, dein Leben ist würdig und dein Fleisch wird uns am Leben erhalten. Kurz bevor das Herz des

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