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Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Herzen wusste sie, dass zwischen ihr und dem leuchtenden Geist ihres Gefährten fortan ein Abgrund klaffte, so tief wie das Meer und so breit wie der Weg von der Erde zu den Sternen. Trotzdem würde sie Abend für Abend nach diesem Nebel Ausschau halten, wenn im weißen Mondlicht die schillernden Tautropfen herabrieselten. Als Lochin lebten die Geister der Toten in den Herzen ihrer Lieben weiter. Und diese erschauerten bis ins Mark, um schließlich, wenn die Zeit gekommen war, ihrerseits die Sternenleiter zur Höhle der Seele zu erklimmen.

Der MacDuncan-Clan bestand aus fünf Rudeln. Faolan hatte das Zerknirschungsritual bereits beim Carreg-Gaer-Rudel vor den drei Außenflankerinnen Elpeth, Stellana und Mairie ausgeführt. Jetzt musste er noch drei weitere Rudel mit dem Knochen der Schande aufsuchen. Erst dann konnte er in sein eigenes Rudel zurückkehren. Diese drei Rudel waren das Flussrudel, das Blaufelsrudel und das Feuergrasrudel. Das Revier des Blaufelsrudels grenzte direkt an das Gebiet der MacDuff. Es lag einen ganzen Tagesmarsch im halben Presspfotengang von seinem jetzigen Aufenthaltsort entfernt. Wenn er am nächsten Tag in aller Frühe aufbrach, konnte er von dort aus nach Westen zum Flussrudel weiterreisen. Er wollte diese Tortur so schnell wie möglich hinter sich bringen. Schon wegen Heep, der vor Schadenfreude fast platzen würde, wenn er mit dem Knochen der Schande im Maul vor ihm im Staub kriechen musste.
    All diese Dinge gingen Faolan durch den Kopf, während er den Pfad der Schande zurücklegte.
    In der blauen Dämmerung trottete bald ein zottiger Wolf auf ihn zu. Der fremde Wolf stieß einen seltsamen Laut aus, der weder ein Bellen noch ein Heulen war. Wie ein ersticktes Pfeifen klang es, also musste es wohl der Knochennager des Blaufelsrudels sein. Faolan hatte schon von dem Wolf mit der missgebildeten Kehle gehört, die jeden Laut, den er von sich gab, in ein Pfeifen verwandelte. Daher hatte er auch seinen Spitznamen: der Pfeifer.
    Nur in einem einzigen Fall musste ein Knochennager sich einem anderen gegenüber unterwürfig zeigen: wenn er auf dem Pfad der Schande wandelte.
    Faolan warf sich pflichtschuldig vor dem Pfeifer nieder, einem hellgrauen Wolf, der rappeldünn war und halb verhungert aussah. „Ich habe dich nicht so früh erwartet. Mir war nicht klar, dass ich das Gebiet des ehrwürdigen Blaufelsrudels schon fast erreicht habe“, sagte Faolan, nachdem er den Knochen aus dem Maul hatte fallen lassen.
    „Hast du auch nicht. Ich war nur gerade hinter einem Hasen her. Die findet man oft dort, wo die Flechtenfresser grasen. Dann lassen sie sich viel leichter fangen.“
    „Flechtenfresser – davon habe ich schon gehört. Aber ich habe noch nie welche gesehen“, erwiderte Faolan. „Ihr Fleisch soll besonders schmackhaft sein.“ Er wusste, dass sie Geweihe trugen und fast wie Rentiere aussahen. Sie waren jedoch kleiner und hatten eine Vorliebe für Moose und Flechten, auf die sie genauso versessen waren wie auf die Gräser, die die Rentiere fraßen. Dass der Pfeifer auf leichte Beute angewiesen war, sah man sofort. Er war so ausgemergelt, dass sich seine Knochen fast durch sein Fell bohrten.
    „Du kannst jetzt aufstehen“, sagte der Pfeifer.
    „Wirklich?“, fragte Faolan, um nur ja nichts falsch zu machen. Er wollte ein guter Knochennager werden, der beste von allen, damit er die Clans verlassen und ein Mitglied der Garde werden konnte.
    „Ja, bitte komm mit. Du wirst erwartet.“
    Faolan schaute ihn fassungslos an. Noch nie hatte ein Wolf „bitte“ zu ihm gesagt. Mit einem zufriedenen Lächeln klemmte er den Knochen unter sein Kinn und marschierte los. Doch dann hielt er inne. Dieser arme Wolf sah aus, als hätte er seit Monaten keine anständige Mahlzeit mehr bekommen.
    „Was ist?“ Der Pfeifer drehte sich zu ihm um.
    „Wieso jagen wir nicht ein paar von diesen Flechtenfressern? Du siehst aus, als könntest du eine Mahlzeit gebrauchen.“
    Der Pfeifer ließ die Ohren herumschnellen. „Nun ja, du weißt doch, wie es ist. Besonders in einem großen Rudel wie dem Blaufels. Ich darf erst als Letzter fressen, wenn schon fünfundzwanzig andere dran waren.“
    „Fünfundzwanzig! Was bleibt da noch für dich übrig?“
    „Manchmal gar nichts“, gab der Pfeifer seufzend zu. „Meistens jage ich Hasen und anderes Kleinzeug. Gibt aber nicht viel her. An Hasen ist kein Fett dran, verstehst du?“
    „Ich weiß. Dann lass uns die Flechtenfresser aufspüren. Wir haben noch Zeit. Du

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