Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)
Zeit gealtert sind.“
„Aber zum MacNab-Gebiet ist es so weit“, wandte Brangwen ein.
Morag blieb stumm und rührte sich nicht – als wäre sie längst nicht mehr da.
Die Sark schaute Morag und Brangwen nach, als die beiden den schmalen, gewundenen Pfad hinuntertrotteten, der vom Bau der Sark wegführte. Dann schaufelte sie frische Elchfladen in den Brennofen und ging in ihre Höhle zurück. Sie holte den Krug hervor, der alle ihre Erinnerungen an Faolan barg. Die erste Begegnung, als sie den Abdruck der gespreizten Pfote erblickt hatte. Faolans Sprung über die Feuerwand. Sein jüngster Besuch bei ihr. Sie holte tief Luft, presste die Schnauze in den Krug und begann zu wispern.
„Am heutigen Tag, dem letzten der Wintermonde, kam die Wölfin Morag, Mutter des Malcadh Faolan, zu mir. Sie ist jetzt die Gefährtin von Brangwen und gehört zum MacDonegal-Clan. Ich habe die Befürchtung, dass sie eine Duftspur ihres Sohnes aufgefangen haben könnte. Morag ist eine starke Wölfin mit breiter Brust und mächtigen Flanken. Sie war vermutlich eine gute Außenflankerin, aber ihre Tage als Läuferin im Byrrgis sind vorüber. Morag leidet an der Milchaugenkrankheit. Ich fürchte, sie wird bald erblinden. Möge Lupus über sie wachen, bis sie die Sternenleiter erklimmt.“
Die Sark verließ ihren Bau, hob den Kopf und suchte den Himmel nach Gwynneth ab.
Faolan hatte den Überblick verloren, wie oft er zum Welpenkamm gelaufen war und wie viele Knochen er dort gefunden hatte. Trotzdem brachte es ihm keine Erleichterung. Solange er noch keine Klarheit über die Todesumstände hatte, zögerte er, den geplanten Drumlyn zu bauen. Er wollte die Knochen nicht noch mehr entweihen, indem er die mörderischen weißen Linien zernagte, um die kurze Geschichte des Malcadh zu erzählen, das traumlos auf dem Kamm gestorben war.
Kaum hatte Faolan den Tafelfelsen verlassen, durchkämmten zwei andere Geschöpfe der Hinterlande den Hang darunter. Gwynneth schwebte über der Sark, viel zu dicht für den Geschmack der Wölfin, die das Felsterrain ausschnüffelte.
„Kannst du mir bitte etwas mehr Raum geben? Ich habe ja kaum noch genug Luft zum Atmen, geschweige denn, dass ich einen Geruch auffangen könnte“, fauchte die Sark.
„Tschuldigung!“, murmelte Gwynneth.
„Und denk dran, was ich dir gesagt habe. Du hast die Augen, ich den Riecher. Es wäre besser, wenn du hoch über mir fliegst und in den Schmelzwasserrinnen nach Knochen Ausschau hältst. Ich versuche so lange, einen Geruch aufzunehmen.“
„Ja, natürlich“, sagte Gwynneth.
Aber die Sark wusste genau, dass Gwynneth der Versuchung nicht widerstehen konnte, dicht über ihr zu schweben, und dass sie bald wieder zurückkommen würde. Das Dumme war nur, dass die Sark sich irgendwie selbst im Weg stand – als sei sie in einem Netz von Gerüchen gefangen.
Den Geruch des Malcadh hatte sie schnell aufgespürt, nachdem die Mutter des Welpen zwei Tage und drei Nächte in ihrem Bau geschlafen hatte. Faolan war nicht lange nach der Mutter zu ihr gekommen. Auch ihm haftete der Geruch des Welpen an. Aber in diese drei Grundgerüche – die des Malcadh , der Malcadh -Mutter und des Knochennagers Faolan – mischten sich andere Gerüche, ähnlich und doch wieder anders. Und alle waren hoffnungslos durcheinandergewirbelt. Fest stand nur, dass ein Elch und ein Puma auf diesem Weg vorübergezogen waren. Doch verbarg sich noch ein fremder Wolfsgeruch darin. Vielleicht von einem Mitglied des MacDuncan-Clans oder von einem MacDuff-Wolf. Zu welchem Rudel er gehörte, ließ sich nach so vielen Monden noch weniger einordnen.
Schließlich fing die Sark einen Geruch auf, der alle anderen überlagerte – einen ganz frischen Geruch von Faolan. Er musste den Tummfraw viele Male besucht haben. Merkwürdig. Die Gerüche überlagerten sich in einer Art zeitlichen Abfolge, auf die sich die Sark keinen Reim machen konnte. Nur eines wusste sie mit Sicherheit: Faolan hatte den Geruch eines lebenden Welpen in ihre Höhle mitgebracht. Und während Gwynneth den brutalen Mord miterlebt hatte, war Faolan noch bei ihr gewesen. Als Gwynneth nach der Tat gelandet war, war das kleine Wesen tot gewesen, und der Wolf verschwunden.
„Ich hab was! Ich hab was!“ Gwynneth schoss mit einem winzigen Rippenknochen in den Krallen herunter und ließ ihn vor die Pfoten der Sark fallen.
Die Sark beugte sich hinunter und stupste den Knochen sanft mit ihrer Schnauze an. „Was du hier hast, meine liebe Gwynneth,
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