Der Clan
Angelo, offensichtlich erstaunt. »Ich dachte, wir hätten mehr Anträge von neuen Einzelhändlern als je zuvor.«
»Richtig«, räumte Bancroft ein. »Aber das sind alles gewissermaßen Geschäfte am Rand. Gebrauchtwagenhändler, die nach oben kommen wollen, Händler mit Importwagen, die mit ihrem Sortiment kein besonders gutes Geschäft machen und versuchen, etwas Neues anzufangen. Das große Problem liegt darin, daß neunzig Prozent von ihnen nicht genug Geld haben, um eine ausreichende Serviceabteilung aufzubauen. Die anderen zehn Prozent sind in Ordnung, liegen aber meist in Gebieten, wo wir schon gut vertreten sind.«
»Das ist aber noch kein Grund, Händler zu verlieren«, sagte Angelo.
Der Leiter der Verkaufsabteilung runzelte sorgenvoll die Stirn. »Ich bekomme seit zwei Monaten Briefe von unseren alteingeführten Händlern. Manche von ihnen arbeiten für uns, seit das Unternehmen besteht. Sie machen sich Sorgen über die Einstellung der Sundancer-Produktion. Sie befürchten, daß sie mit der Betsy ihren Platz auf dem Absatzmarkt nicht behaupten können. Ich habe nahezu vierhundert solcher Briefe bekommen.« Er holte tief Atem. »Noch schlimmer aber ist, daß ich von ungefähr neunzig Händlern Kündigungsbriefe erhalten habe. Die Hälfte ist zu Chrysler, Dodge und Plymouth gegangen, etwa dreißig zu Pontiac und Buick, zehn zu American Motors, vier zu Mercury und einer zu Olds.« Er mußte sich trotz der Klimaanlage den Schweiß von der Stirn wischen. »Das waren alles tüchtige Verkäufer. Weiß Gott, ob die neuen ebenso gute Ergebnisse erzielen.«
Angelo zog an seiner Zigarette. Nach einer Weile sagte er: »Ich verstehe das nicht. Im ganzen Land reißen sich die Händler um den Mazda Rotary mit Wankelmotor, aber wir haben Schwierigkeiten. Was ist da los?«
»Wahrscheinlich sind die meisten davon jene zweitrangigen Händler, die auch zu uns kommen. Die versuchen es mit allem, was neu ist. Außerdem will Mazda den amerikanischen Markt sprengen. Sie finanzieren sogar die Serviceabteilungen. Wenn wir das tun müßten, brauchten wir noch weitere fünfzig Millionen Dollar, um sie im Land zu verteilen. Mazda konzentriert sich deshalb vorläufig auf Kalifornien und Florida.«
Angelo nickte. »Und wir müssen im ganzen Land
gleichmäßig vorgehen, weil wir schon überall eingeführt sind.«
»Jetzt haben Sie’s richtig erfaßt.«
Angelo drückte seine Zigarette aus. »Was sollen wir also tun?«
»Ich kann Ihnen meine Antwort nur vom Standpunkt des Verkäufers aus geben. Die Produktionsprobleme sind Ihre Sache.«
»Also los.«
»Erstens geben Sie den Sundancer nicht auf!« sagte Bancroft bedächtig. »Damit sich die Händler nicht allzu große Sorgen machen. Zweitens folgen Sie dem Beispiel der Japaner und konzentrieren sich auf begrenzte Testgebiete und bauen Sie den Markt langsam aus. Wenn der Start gelingt, können wir uns allmählich ausdehnen und in zwei oder drei Jahren, wenn wir richtig im Geschäft sind, die Produktion des Sundancer einstellen.«
»Und wenn wir sie sofort aufgeben?«
»Meiner Schätzung nach würden wir sechshundert Händler verlieren.«
Angelo stand auf und ging nachdenklich zum Fenster. »Ich brauche das Sundancer-Werk, um die Motoren für die Betsy zu bauen.«
»Ich weiß. Aber mit nur siebenhundert Händlern, die uns im ganzen Land bleiben, sind wir aus dem Geschäft, bevor der Wagen noch auf den Markt kommt.«
Angelo wußte, wie er das meinte. Sie hatten mit einem Durchschnittsverkauf von wöchentlich vier neuen Wagen je Händler gerechnet, wobei sie von mindestens fünfzehnhundert Händlern ausgegangen waren. Das waren sechstausend Wagen wöchentlich, dreihunderttausend im Jahr. Bei zweihundertzwanzigtausend kamen sie in die Gewinnzone. Mit siebenhundert Händlern konnten sie nur hundertvierzigtausend
Stück absetzen, und das wäre eine Katastrophe. Ein Verlust von einhundertsechzig Millionen Dollar im ersten Jahr. Er ging zurück zu Bancrofts Schreibtisch. »Mit wem haben Sie sonst noch darüber gesprochen?«
Bancroft erwiderte ruhig seinen Blick. »Mit niemand. Ich habe die Zahlen zusammengestellt, und Sie sind der erste, mit dem ich darüber rede. Aber morgen kommt Loren III von seiner Hochzeitsreise zurück, und ich muß ihn vor der Vorstandssitzung am Freitag davon in Kenntnis setzen.«
Angelo nickte. Die Vorstandssitzung fand zu dem Zweck statt, eine Entscheidung über den Sundancer zu treffen. »Ich weiß es zu schätzen, daß Sie es mir mitteilten,
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