Der Clan
weiter. »Sie sind sich natürlich im klaren, meine Herren, daß uns nichts anderes übrigbleibt, als das Betsy-Projekt zu verschieben und neu zu berechnen.«
»Verdammt noch mal! Nein!« Die Faust von Nummer Eins krachte auf den Tisch. »Damit will ich nichts zu tun haben! Die Betsy ist ein amerikanischer Wagen, und sie wird hier gebaut! Mit allen Einzelteilen! Ich krieche nicht zu irgendwelchen verdammten Ausländern, damit sie uns bei dem helfen, was sie von uns gelernt haben!« Im Gegensatz zu Nummer Eins’ Heftigkeit war Loren Ills Stimme ruhig, fast kühl. »Du bist unvernünftig, Großvater. Ich glaube, Angelo hat unsere Lage ganz klar und offen dargestellt. Wir haben keine andere Wahl.«
»Mit dem Wagen werden keine Scheißausländer zu tun haben, solange ich lebe!« fauchte Nummer Eins. »Das ist mein Unternehmen und mein Geld, und ich sage, was damit zu geschehen hat!«
Loren starrte seinen Großvater unbeirrt an. »Das kannst du nicht mehr«, sagte er ruhig, fast geduldig. »Die Zeiten sind vorbei, in denen die Gesellschaft nach den Launen eines Mannes geführt werden konnte, der über ihr Leben oder Sterben diktatorisch entscheiden durfte. Männer wie du, Henry Ford und Walter Chrysler gehören einer anderen Ära an. Du kannst keine Entscheidungen treffen, die ausschließlich auf deiner Gerechtigkeitsauffassung und deiner selbstsüchtigen Eitelkeit beruhen. Es gibt in diesem Unternehmen dreißigtausend Angestellte, von denen viele ihr ganzes Leben der Firma gewidmet haben, und du hast kein Recht, mit ihrem Wohl und ihrer Zukunft russisches Roulett zu spielen. Sie haben sich ebensoviel Recht auf diese Gesellschaft verdient wie du, und sie verdienen ebensoviel Rücksicht, wie du sie beanspruchst. Wir haben keine andere Wahl, als den Sundancer weiterzubauen.«
»Verdammt noch mal! Nein!« brüllte Nummer Eins. Er streckte die Arme aus. Mit schnellem Griff öffnete er die Knöpfe seiner Jackenärmel, so daß die Hemdsärmel darunter sichtbar wurden, und riß die Manschettenknöpfe ab. Er hielt sie ihnen entgegen. Sie waren aus Gold und glänzten in seiner Hand.
»Seht euch diese Knöpfe an«, befahl er zornig. »Es sind die Modelle des ersten Sundancers, den ich gebaut habe. Das ist fünfzig Jahre her. Ihr redet davon, daß ich in der Vergangenheit lebe, während in Wirklichkeit ihr euch daran klammern wollt!«
Er warf seinen Arm vor und schleuderte die schweren Knöpfe von sich. Sie krachten gegen die Fensterscheiben. Das schwache Glas zersprang klirrend, und die Manschettenknöpfe flogen hinaus. Nun wandte er sich wieder an die schweigende Versammlung, seine Stimme war jetzt ruhig und leise. »Der Sundancer ist tot, meine Herren. Die Sitzung ist zu Ende.«
Schweigend verließen sie den Raum, bis nur noch Angelo, Loren III und Nummer Eins übrig waren. Nach einer Weile stand Loren auf. Er sah auf Nummer Eins hinunter. »Daß ich dir das nicht durchgehen lasse, weißt du sicher«, sagte er. »Du kannst mit allen anderen Schlitten fahren, aber nicht mit mir. In dieser Sache bekämpfe ich dich bis aufs Messer.«
Nummer Eins lächelte. »Tu das nur«, sagte er beinahe freundlich. »Aber komm dann nicht zu mir und weine, wenn dir die Luft ausgeht.«
»Ich habe nicht die Absicht zu verlieren«, sagte Loren III. Jetzt sprach er ganz wie sein Großvater. »Einer muß sich um die Verantwortung kümmern, die diese Gesellschaft im Laufe der Jahre für ihre Angestellten übernommen hat. Auch scheinst du mir einiges zu vergessen.«
Nummer Eins sagte nichts.
»Die Minderheitsaktienbesitzer haben gewisse gesetzliche Vorrechte. Meine Schwester und ich sind Besitzer von zwanzig Prozent der Gesellschaft, und Anne hat mir Vollmacht erteilt. Wir beide lassen nicht zu, daß du diese Gesellschaft ruinierst.«
»Und ich habe achtzig Prozent«, sagte Nummer Eins.
»Nein«, erwiderte Loren ruhig. »Du hast das Stimmrecht für achtzig Prozent, bist aber nur Besitzer von einundvierzig. Das ist ein gewaltiger Unterschied.« Er machte kehrt und verließ das Zimmer.
Nummer Eins wartete, bis sich die Tür hinter seinem Enkel geschlossen hatte, dann sagte er beinahe respektvoll zu Angelo: »Der Junge entwickelt einigen Mumm.«
Angelo betrachtete ihn eine Zeitlang, bevor er antwortete: »Er hat nicht ganz unrecht. Sie gehen mit vierhundertfünfundvierzig Stundenkilometern in eine S-Kurve.«
Nummer Eins starrte ihn an. »Auf welcher Seite stehen Sie denn, zum Teufel?«
Angelo antwortete nicht. Vor ihm klingelte das Telefon.
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