Der Clan
Loren zögerte einen Moment. »Das ist der dreizehnte Wagen vom Fließband«, meinte er endlich.
»Ich bin nicht abergläubisch«, sagte Warren.
Loren zog die Schultern hoch. Er beobachtete Warren, der in den Wagen sprang und schwungvoll davonfuhr. Das Auto war etwa fünfhundert Meter entfernt, als es explodierte.
Das Echo der Detonation hallte durch das Werk und brachte Männer und Frauen aus den Büros und von den Förderbändern auf die Beine. Eine Staubwolke hing in der Luft, und als sie sich gelegt hatte, war von dem Auto nichts mehr zu sehen als verbogene und zerfetzte Metallstücke.
Loren machte kehrt und ging zum Verwaltungsgebäude, viele Leute liefen hinter ihm her. Vor ihm eilten drei Mechaniker in weißen Overalls mit den blauen Buchstaben BMC am Rücken zum Tor.
Der kleinste der drei blieb zurück und ging neben Loren her. Sie schwiegen, bis sie zum Eingang des Verwaltungsgebäudes kamen. Dann wandte sich Loren ihm zu. »Ich habe ihm gesagt, daß es Wagen Nummer dreizehn war«, bemerkte er. »Aber er sagte, er sei nicht abergläubisch.«
Die braunen Augen des Kleinen starrten unter den dichten schwarzen Brauen zu ihm hoch. »Ein Mann ohne Aberglauben ist ein Mann ohne Seele«, sagte er.
Loren schwieg eine Weile. »Ich möchte wissen, was geschehen wäre, wenn ich in den Wagen gestiegen wäre«, meinte er schließlich.
Die Stimme des Kleinen hatte einen beleidigten Beiklang. »Meine Jungens sind erstklassige Profis. Man hätte nie zugelassen, daß Sie diesen Wagen fahren.«
Loren nickte, der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Entschuldigen Sie, daß ich daran auch nur gedacht habe. Auf Wiedersehen, Mr. Perino.«
»Auf Wiedersehen, Mr. Hardeman.«
Loren blieb stehen und schaute dem Kleinen nach, der hinter seinen beiden Kameraden hereilte. Er bemerkte, wie der Wächter am Eingang ihnen vorsichtig den Rücken zukehrte, um nicht zu sehen, wie die drei Männer durchgingen.
Die Empfangsdame in der Halle des Verwaltungsgebäudes stellte gerade das Telefon auf ihren Schreibtisch, als er eintrat. »Mr. Hardeman!« rief sie aufgeregt. »Soeben ist ein Wagen beim Montagewerk drei in die Luft geflogen!«
»Ich weiß«, erklärte er.
»Ich möchte wissen, wer darin gesessen hat«, sagte sie, als die Türen des Fahrstuhls aufgingen.
Er stieg ein und drückte auf den Knopf. »Irgendein unglücklicher Bastard.«
Als ihr Vater nach Hause kam, saß Melanie am Küchentisch und las die Abendzeitung. Er schaute über ihre Schulter auf die Schlagzeilen.
HEUTE ENTSCHEIDUNGSKAMPF BEI FORD ERWARTET DEARBORN ERMÄCHTIGT UAW ZUR VERTEILUNG VON FLUGBLÄTTERN AUSSERHALB RIVER ROUGE
Er knöpfte die graue Bluse seiner Uniform der Ford-SicherheitsWache auf und ging zum Eisschrank. Er nahm eine Bierflasche heraus, öffnete sie, hielt sie an den Mund und trank, bis sie halb leer war, dann stellte er sie auf den Tisch und rülpste.
Melanie sah nicht auf. Sie blätterte weiter, bis sie zur Frauenbeilage kam.
»Du kannst deinem Kommifreundlichen Boß sagen, er soll morgen aufpassen, dann wird er sehen, wie ein richtiges Unternehmen mit der Gewerkschaft fertig wird«, sagte ihr Vater, während er seine Bluse auszog. Er lockerte den Schlips und griff wieder nach der Bierflasche.
»Wie meinst du das?« Sie schaute ihn an.
»Das wirst du morgen sehen.« Er lächelte geheimnisvoll. »Eins kann ich dir sagen; wir sind bereit für diese Kommi-Schweine. Sie werden sich wünschen, sie hätten die Genehmigung von der Stadtverwaltung Dearborn nie erhalten.«
»Ihr könnt nichts dagegen tun«, sagte sie und sah wieder in die Zeitung. »Sie haben das Gesetz auf ihrer Seite.«
»Ford hat das Recht, sein Eigentum zu schützen. Weil dein Boß umgefallen ist und der Gewerkschaft nachgegeben hat, bedeutet das noch nicht, daß wir zu Kreuz kriechen und uns alles gefallen lassen.«
»Mr. Hardeman sagt, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ganze Industrie gewerkschaftlich organisiert ist.«
»Das glaubt er, antwortete ihr Vater. »Morgen wird er was anderes feststellen.« Er trank sein Bier aus. »Wieso hast du dieses Kleid an?«
»Ich arbeite heute abend. Bei Mr. Hardeman zu Hause ist nach dem Abendessen eine Sitzung des Exekutivkomitees. Ich fahre hin, um mitzuschreiben.«
Er warf ihr einen tückischen Seitenblick zu. »Kein Wunder, daß er dir den Firmenwagen zur Benutzung läßt. Du hast in letzter Zeit viel Nachtarbeit.«
Sie schwieg.
»Wo ist deine Mutter?« fragte er plötzlich.
»Sie kommt gleich. Sie
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