Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Clown ohne Ort

Der Clown ohne Ort

Titel: Der Clown ohne Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Martini
Vom Netzwerk:
Kleider trägt der, Wasser puddelt aus seinen Schuhen, und sein Schwert ragt nackt hinter ihm und seine Ohren aus dem alten Mantel, der auf seinem Kopf liegt, und in seiner Hand hält er drei blutige, verbrannte Speere aus Hollywood .
    Ich bleibe stehen, bin da. Die Lunge atmet ernst in der Schwere. Wenn die das können, denke ich, kann ich das erst recht.

und

du sollst das nicht lesen, bitte

Weißt du noch, wie wir nachts mit dem Fahrrad durch Berlin gefahren sind? Aus Mitte durch Kreuzberg die Spree entlang und dann ganz weit die Kiefholzstraße runter bis Treptow? Wie wir jedes Mal radelnd sangen und lachten? Es war Sommer, und wir arbeiteten am Theater.
    Nur Himmel über uns, Glitzerstaub alles.
    Wenn es gewitterte, hüpften wir durch Pfützen, und es roch so frisch, Erde, Gras, Schwimmbad, Moder, Asphalt und Sand, nasses Holz, Sonnenstrahlen.
    Wie du am Hintereingang in deinem roten Babydoll vor mir standest und mir wurde schwummerig. Ein Sommernachtstraum spielten wir.

Wie schön es ist, jung zu sein!? Das Leben ein fröhliches Pfeifen und Tanzen, ein tiefer Bass, der den Bauch aufsaugt, ein Schwalbenzwitschern, Wetterfeen. Wie groß der Kastanienbaum war? Wie wir vor der Märchenhütte saßen und Telefondienst hatten? Die Kinder unter uns auf dem Spielplatz. Wir rauchten und tranken Espresso und Cola mit ganz viel Eis, über uns die Störche auf dem Kamin, die Sonne blitzte durch Pappelblätter in den Schatten. Wie eifersüchtig ich war, zu blind, deine Liebe zu sehen. Ich weiß noch, wie du mich angefleht hast. Ich habe dich abgöttisch geliebt und von mir geworfen – wahnsinnig war ich, zeitkrank vielleicht, immer an einem anderen Ort.

Wie ich dich angeschaut habe? So oft fordernd und dann wieder so weggetreten, tief in dir, dass du gesagt hast: »Jetzt hör doch auf.« Ich liebte dich einfach, damit kann man nicht mir nichts, dir nichts aufhören. Ich bin halt ein bisschen komisch, »So bin ich halt«, sagte ich immer. Wie ich dich bewunderte. Mit welcher Kraft und Ausdauer du zu mir gehalten, mich ertragen, begehrt, verdammt hast. Es war eine große Liebe, damals. Wir waren unsere Insel. Wie oft ich weggeschwommen bin, wie du das alles weggesteckt hast, mich im Leben halten wolltest, für mich gekämpft hast, und ich wollte nicht mehr an die Liebe glauben. Ich hatte mein Vertrauen in die Menschen verloren. Wie schwer das für dich war.

Als ich mit dieser Frau nach Hause kam. Du lagst im Bett und ich wusste nichts davon, war zu betrunken, irgendwas zu denken, sauer auf dich, frustriert, alles abgefuckt eben. Wie ich schelmisch sagte, ich sei kein Mensch? Du hast mich mitleidig angehimmelt, in den Arm genommen und ganz fest gedrückt, ganz fest, bis wir eins wurden. Ich war doch einfach nur verrückt von dieser Welt. Ich gehöre hier nicht hin, dachte ich immer.



Wie gern ich meine Hand in deinen Nacken legte, durch dein langes, weiches Haar gefahren bin? Wie jetzt. Meine Eifersucht hätte alles kaputt gemacht, sagtest du. Ich glaube, es war meine Unfähigkeit, mich selbst zu lieben. Ich solle zu einem Therapeuten gehen, sagtest du. Und ich: »Ich bin keine Schraube.« Es war die Welt, die mich zugrunde richtete. Die kriegt auch ein Therapeut nicht gebacken. Es gab keine Idyllen mehr. Und du warst die Einzige, die ich hatte. Und ich war der Junge, der nur lieben und spielen will.

Es ist so schön, jung zu sein! Wie wir im Mauerpark durch Wiesen hüpften, und du hast alle Löwenzahnarten gesammelt, die du gefunden hast? Oder war es Klee? Wie du mein Blütenmädchen warst, und ich musste an Elfen denken.

Ein paar Wochen später war es wieder vorbei, weil ich dich vor mir schützen musste. Eines der vielen Male. Ich ließ es darauf ankommen, konnte mich selbst nicht mehr ertragen. Warum mussten wir uns in diesen Zeiten treffen? Vielleicht gibt’s im nächsten Leben besseres Wetter. Man kann sich selbst nicht entfliehen. Ich musste mich finden, brauchte noch Zeit, musste zu mir kommen. Ich war schon verloren, bevor wir uns trafen. Ich wollte das so, weil dann erst kann man sich finden, weißt du? Wann hast du dich gefunden? Wie geht das?

Die Bäume blühten grün, die Sonne schien hellgelb, fröhliche Frühlingsluft, wir atmeten ganz tief ein. Ganz tief, bis die Lunge fast platzt, wir sogen die graue Welt ein und zogen uns ganz bunt an. Als uns die verrückte Gerda von der Schönhauser »Bohème« hinterherrief, wie stolz wir waren!

Wie du dir einen Ring aus goldenem Stanniol gebastelt hast. Ich

Weitere Kostenlose Bücher