Der Club der Gerechten
Woher wusste sein Vater, wo er war? Konnte es der Anruf gewesen sein? Wenn Heather oder seine Mutter ihn gehört hatten, bevor die Leitung tot war ...
Doch wenn sein Vater wusste, dass er noch lebte, wüssten es dann nicht auch die Cops? »Was ist mit der regulären Polizei?«, fragte er. »War die auch in der U-Bahn?«
Jinx verdrehte die Augen. »Die kommt nur runter, wenn sie wohin fahren will, und in die Tunnel geht sie überhaupt nich. Sind doch nur lauter Schisser, wenn du mich fragst.«
Jinx erstarrte plötzlich, und als Jeff etwas sagen wollte, packte sie ihn am Arm und legte den Finger an die Lippen.
Von irgendwoher zur Linken hörte Jeff ein Geräusch.
Schritte.
Schritte, die näher zu kommen schienen.
Er sah sich um. Ein paar Meter weiter war ein enger Gang, den er entlanggelaufen war, kurz nachdem er Jagger verlassen hatte. Wenn er Jinx durch diesen Gang führte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sie zu Jagger mitzunehmen. Falls sie log und für die Jäger arbeitete, würde er sie genau zu dem Mann führen, der ihm wenigstens einmal das Leben gerettet hatte. Wenn er den Gang aber nicht nahm – wenn er in eine andere Richtung ging und nicht mehr zurück fand ...
Dann ließe er Jagger völlig im Stich.
Er faste einen Entschluss, winkte Jinx, ihm zu folgen und ging auf den Gang zu, bewegte sich absolut geräuschlos. Sie erreichten den Gang, und Jeff schlüpfte hinein. Jinx war direkt hinter ihm. Er ging so schnell er konnte, aber der Gang schien endlos zu sein, und jetzt glaubte er die Schritte wieder zu hören – und auch sie waren schneller geworden.
Kamen näher.
Er erreichte das Ende des Ganges, bog nach links ab und zog Jinx hinter sich her. Beide pressten sich instinktiv mit dem Rücken an die Wand und bemühten sich, so leise wie möglich zu atmen, während sie lauschten.
In einiger Entfernung hörten sie wieder Schritte.
Eine Pause.
An der Wand am entgegengesetzten Ende des Ganges erschien ein leuchtend roter Punkt.
Er wanderte über die Wand, wanderte hin und her, arbeitete sich stetig nach unten, bis er auf dem Boden angelangt war.
Ein Nachtsichtlaser am Zielfemrohr, dachte Jeff. Und er benutzt ihn, um mich zu suchen.
Der rote Punkt verschwand ebenso schnell wie er aufgetaucht war, und dann hörten sie, dass die Schritte sich entfernten.
Als Jeff tiefer in den Tunnel eindringen wollte, hielt Jinx ihn am Arm fest. »Hör mal...«, flüsterte sie.
Wieder hatten Jinx' Ohren sich als die besseren erwiesen. Rechts, in der entgegengesetzten Richtung, aus der sie ursprünglich gekommen waren, hörte er das leise Geräusch tropfenden Wassers.
Etwas mehr als fünfzig Meter weiter fanden sie es – Wasser sickerte stetig aus einem Riss in der Decke, alle ein oder zwei Sekunden formte sich ein Tropfen und fiel herunter. Von Durst überwältigt, hielt Jeff einen Finger unter einen Tropfen, fing ihn auf und steckte den feuchten Finger in den Mund.
Das Wasser schmeckte sauber und frisch, und ihn packte die fast unwiderstehliche Gier, den Mund an den Riss in der Decke zu halten und zu versuchen, die Feuchtigkeit herauszusaugen.
Stattdessen hielt er jedoch den Pappbecher unter die Tropfen und zwang sich zu warten, bis er voll war.
Er trank nur soviel, bis die schreckliche Trockenheit in seinem Mund gestillt war, dann füllte er den Becher noch einmal.
»Trinkst du das nich?«, fragte Jinx, als Jeff in den Gang zurückging und den Becher so vorsichtig vor sich her trug, als sei er mit Gold oder Diamanten gefüllt.
»Jagger braucht es mehr als ich«, sagte er. »Nachdem er getrunken hat, komm ich wieder und hole mehr.«
Sie würden Jeff nicht finden.
Heather wusste nicht, wann ihr der Gedanke gekommen war, doch je tiefer sie und Keith in die Tunnels eindrangen, um so hartnäckiger verfolgte er sie.
Sie hatte keine Ahnung, wo sie waren. Obwohl sie ihr Bestes getan hatte, sich jede Biegung, jeden Gang zu merken, durch den sie krochen, jede Leiter, die sie hinaufkletterten oder jede bröckelnde Mauer, über die sie stiegen, hatte sie längst das Gefühl für die Richtung verloren. Das Halbdunkel selbst verwirrte und nahm einem jede Orientierung, obwohl es nicht allzu schlimm gewesen war, als sie sich noch dicht unter der Oberfläche aufgehalten hatten, ab und zu einen kurzen Blick auf das Tageslicht erhaschen konnten. Sogar die wenigen Strahlen der Nachmittagssonne, die durch die scheinbar willkürlich verstreuten Gitterroste über ihr fielen, hatten genügt, dass sich Heather nicht
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