Der Club der Gerechten
hinunterzukriechen, bewegte sich wieder hin und her, und als er innehielt, war Jagger überzeugt, dass er ihn entdeckt hatte. Aber ein oder zwei Sekunden später bewegte er sich weiter bis zum Boden der Nische. Anstatt jedoch näher zu kommen, entfernte er sich in die andere Richtung, glitt immer weiter zum Ende des Nischenbodens – bis er verschwand, fast so, als sei er über den Rand gefallen.
Da seine Lungen brannten, ließ Jagger langsam den Atem entweichen, obwohl er ihn am liebsten laut herausgestoßen und hungrig frischen Sauerstoff eingeatmet hätte. Er spürte jetzt die Gegenwart eines Mannes in der Dunkelheit, fühlte, dass er näher kam. Mit dem Rücken an die Wand gepresst, drehte er den Kopf, bis sein Nacken sich verkrampfte, versuchte mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen und horchte angestrengt in die Stille.
Der Gewehrlauf erschien zuerst. Er schob sich in Jaggers Gesichtsfeld und bewegte sich dann nicht mehr, als spüre sogar das kalte Metall die Gefahr. Dann bewegte er sich wieder, wurde länger, und Jagger konnte das Zielfernrohr der Waffe sehen und die Hand, die den Schaft umschloss.
Noch immer bewegte er sich nicht, wartete, bis sein Instinkt ihm sagte, dass der Augenblick gekommen war.
Mit den Fingern einer Hand umschloss er das breite Ende des Schienennagels, während die Finger der anderen Hand in der Dunkelheit zu Raubtierkrallen wurden, bereit, zuzuschlagen.
Die Hand des Jägers näherte sich, ein Finger am Abzug, und Jagger wusste, das war seine Chance. Mit einer ruckartigen Bewegung riss er einen Arm nach oben, packte den Gewehrschaft und riss die Waffe so schnell an sich, dass dem Jäger keine Zeit blieb, sie loszulassen. Mit beinahe derselben Bewegung beschrieb Jaggers andere Hand einen Bogen, schwang den Schienennagel wie ein Stilett und stieß ihn dem Mann tief in die Brust.
Das Keuchen, das seinen Lungen entwich, war sein letzter Atemzug, denn der Nagel war ihm schon ins Herz gedrungen, bevor er begriff, was geschah. Seine leblosen Finger glitten von der Waffe ab, er fiel zu Boden und ließ sein Gewehr in den Händen seines Pächters zurück.
Der Tunnel mit der Nische, in der er Jagger zurückgelassen hatte, war jetzt nur ein paar Meter entfernt, und Jeff erstarrte, hob den Arm, um Jinx aufzuhalten, die einen Schritt hinter ihm war.
Ein Geräusch hatte ihn gestoppt, ein lautes Ausatmen, als habe jemand einen Schlag abbekommen, der ihm die Luft aus den Lungen gepresst hatte. Doch anstatt jetzt leises, schmerzliches Stöhnen zu hören, das Keuchen eines Menschen, der um Atem rang, herrschte nur noch Stille.
Jinx blieb stocksteif neben ihm stehen und beide lauschten, aber die Stille hielt an, und Jeff fragte sich, ob er wirklich etwas gehört hatte. Er ging weiter, langsamer als vorher, noch immer mit dem Gefühl, dass vor ihm etwas anders geworden war.
Jetzt kam er an die Kreuzung der beiden Tunnels; die Nische war von der Schnittstelle nur ein paar Schritte entfernt. Er blieb stehen, horchte.
Nichts.
Endlich trat er aus dem Schutz des Kreuzgangs heraus und ging weiter auf die Nische zu.
Ein roter Strahl schoss aus dem Dunkel, und Jeff Herz machte einen Sprung, als ihm bewusst wurde, was es war.
Die Jäger hatten Jagger aufgespürt, und jetzt wurde er selbst von dem dünnen Laserstrahl eines Zielfernrohrs festgenagelt. Aber es folgte kein Schuss, er hörte eine Stimme.
»Ich hab einen von den Kerlen erledigt«, sagte Jagger.
Der rote Strahl verschwand, Jagger tauchte auf, und Jeff spürte, wie die Spannung aus seinem Körper entwich. »Jesus, Jag, ich hab schon gedacht, du würdest mich erschießen.«
»Und ich hab angefangen zu überlegen, ob du überhaupt zurückkommst«, antwortete Jagger. Einen Augenblick später saugte er gierig den letzten Tropfen Flüssigkeit aus dem Becher, den Jeff ihm mitgebracht hatte.
Jeff sah die verkrümmte Gestalt eines Mannes auf dem Tunnelboden und ging näher; eine merkwürdige Benommenheit überkam ihn, als er sah, dass der Mann tot war.
Er trug einen Tarnanzug und einen kleinen Rucksack auf dem Rücken. Jeff erkannte, das es kein normaler Tunnelbewohner war, wenn man überhaupt etwas normal nennen konnte an dieser seltsamen Gruppierung gesellschaftlichen Abfalls, der sich unter den Straßen versammelt hatte. Ganz offensichtlich war dieser Mann einer der Jäger, und Jeff empfand, als er den Toten betrachtete, nicht das geringste Bedauern über das, was Jagger getan hatte.
Er kniete nieder, löste die Riemen des
Weitere Kostenlose Bücher