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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Weinflasche. Dann lächelte sie scheu, und zwischen ihren Schneidezähnen wurde eine schwarze Lücke sichtbar. »Und wenn ich das neue Gepäckstück behalten könnt', wär' ich wirklich dankbar.« Als der Zug bei der Fifty-first Street langsamer wurde, half Eve ihr, den schäbigen Beutel in dem Neuen unterzubringen. »Schätze, ich hab' richtig gehört«, sagte sie, als Eve aufstand und zur Tür ging. »Sie sind keine, die lang' predigt.«
    Eve Harris hob die Brauen. »Oh, ich predige schon. Aber ich hebe mir meine Predigten für die auf, die sie nötig haben.« Sie zögerte und fuhr dann fort: »Es gibt da ein paar Stellen, zu denen Sie gehen könnten, wissen Sie ...« Doch als Edna Fisks Augen trüb wurden und sie den Kopf schüttelte, verstummte Eve. Der Zug hielt quietschend an, und die Türen öffneten sich. »War nett, mit Ihnen zu reden«, sagte sie im Aussteigen. Sie wandte sich zur Treppe, die Wagentüren schlossen sich, und der Zug fuhr an. Eve blickte auf und sah durchs Fenster, dass Edna Fisk sie anschaute. Anschaute und lächelte.
     
    Als Eve zwanzig Minuten später auf dem Podium des Ballsaals stand, in dem die Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten des Montrose Shelter für Obdachlose stattfand, brauchte sie nicht einmal einen Blick auf die Rede zu werfen, die sie geschrieben hatte.
    »Heute Abend«, begann sie, »hat mir eine Frau zugelächelt. Eine Frau namens Edna Fisk. Über die möchte ich Ihnen etwas erzählen.«
    Eine halbe Stunde später beendete sie ihre Rede bei lebhaftem Applaus; dann wurden eifrig Scheckbücher gezückt. Monsignor Terrence McGuire beugte sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich muss schon sagen, Eve, Sie verstehen es aber, die Leute zu beschwatzen – auf Ihre Ideen wäre nicht mal mein Vater gekommen. Und Sie haben mehr Mut als sonst jemand, den ich kenne. Aber alle Leute da unten in der U-Bahn sind nicht so wie Ihre Edna Fisk – viele sind gefährlich –, und wenn Ihnen da unten was zustößt, würden Sie Montrose House gar nichts mehr nützen können.«
    »Mir wird nichts zustoßen«, versicherte ihm Eve. »Ich bin schon als kleines Mädchen mit der U-Bahn gefahren, und nie ist etwas geschehen.«
    »Tja, da haben Sie ganz einfach Glück gehabt«, fuhr der nicht mehr junge Priester fort. »Schreckliche Dinge geschehen da unten. Da war zum Beispiel die Frau, die vergangenen Herbst oben auf der West Side fast ermordet wurde ...«
    »Das war keiner von meinen Schützlingen«, warf Eve ein. »Soweit ich mich erinnere, war es ein Architekturstudent von der Columbia.«
    »Er war es nicht!«, mischte eine zornige Stimme sich ein. »Jeff hat es nicht getan!«
    Der Priester und die Stadträtin drehten sich zu der jungen Frau um, die zusammen mit Perry und Carolyn Randall hinter ihnen stand.
    »Heather ...«, sagte der stellvertretende Bezirksstaatanwalt warnend, doch die junge Frau ignorierte ihn.
    »Es war jemand anders«, sagte sie. »Jeff hat versucht, Cynthia Allen zu helfen. Der Mann, der sie überfallen hatte, verschwand im U-Bahntunnel. Jeff hat gesagt, er habe wie einer von den Obdachlosen ausgesehen.«
    Perry Randalls Hand umklammerte den Arm der jungen Frau fester. »Meine Tochter«, sagte er zu Eve mit einem gezwungenen Lächeln. »Sie hat nur gesagt, sie wolle Sie kennen lernen.« Er wandte sich Heather zu. »Das ist Stadträtin Harris, Heather.«
    Eve reichte Heather Randall die Hand. »Sie kennen den jungen Mann?«
    Heather nickte. »Ich werde ihn heiraten.«
    Eves Blick flog zu Perry Randall, und während sie noch nach einer Antwort suchte, rettete er sie.
    »Sie bekommen ganz bestimmt eine Einladung, Eve«, sagte er gerade leichthin genug, um seinen Worten jede Schärfe zu nehmen. »Inzwischen würde ich gern etwas trinken, glaube ich. Eine großartige Rede, Eve«, fügte er hinzu. »Sie können in diesem Jahr auf zehntausend von mir rechnen.«
    »Und ich werde Sie beim Wort nehmen«, versicherte ihm Eve.
    Aber als sich die Menge wieder um sie drängte, ertappte Eve sich dabei, wie sie Heather Randall nachsah, die zur Bar ging, und erinnerte sich ihrer Worte: »Jeff hat gesagt, er habe wie einer von den Obdachlosen ausgesehen.« Einer von den Obdachlosen ... Warum möchten die Leute immer alles den Obdachlosen in die Schuhe schieben?, fragte sie sich.
    Warum mussten die Obdachlosen immer die Suppe auslöffeln?
    Aber Eve kannte die Antwort auf ihre Frage schon – die Obdachlosen mussten ihren Kopf hinhalten, weil sie niemand hatten, der sie

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