Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
der Betrunkene war entweder verwirrt oder hatte die Geschichte einfach erfunden, um an die fünf Dollar zu kommen.
    Alles hing von dem Toten in der Gerichtsmedizin ab. Wenn er Recht hatte und es nicht Jeffs Leiche war, dann stimmte die Erzählung des Penners vielleicht. Vielleicht hatte jemand Jeff aus dem Kleinbus herausgelassen, bevor der Wagen brannte. Aber er musste es wissen – musste mit letzter Sicherheit wissen, ob es Jeffs Leichnam war oder nicht. Und jetzt erkannte er, dass es eine Möglichkeit gab – sie hatte ihm schon die ganze Zeit vorgeschwebt.
    Wenn sie behaupteten, es sei Jeffs Leichnam, dann würden sie ihn freigeben müssen. Er war Jeffs Vater, nicht wahr? Wenn sie also mit der Autopsie fertig waren, ihre Untersuchungen abgeschlossen hatten, mussten sie ihm den Leichnam überlassen.
    Und dann konnte er seine eigenen Tests vornehmen lassen.
    DNA-Tests.
    Er machte kehrt und lief die Treppe fast so schnell wieder hinauf wie er sie heruntergestiegen war, rief ein Taxi, das an der Bowery vor einer Ampel angehalten hatte und war kaum fünf Minuten später wieder in der Gerichtsmedizin.
    »Ich möchte auf einen Leichnam Anspruch erheben«, sagte er zu der Frau am Empfang. »Den Leichnam meines Sohnes.«
    Nicht das leiseste Zeichen von Mitgefühl oder auch nur Interesse zeigte sich im Gesicht der Frau. Wortlos schob sie ihm ein Formular über den Tresen zu.
    Keith füllte es aus, drehte es um und schob es zurück.
    Die Frau musterte es und blickte dann stirnrunzelnd wieder auf. »Es geht um den Fall Converse?«, fragte sie. »Jeff Converse?«
    Keith nickte. »Gibt es ein Problem? Ich möchte nur, dass sein Leichnam in ein Beerdigungsinstitut überführt wird, sobald Sie hier alles erledigt haben.«
    Die Frau wandte sich ihrem Computer zu, tippte auf ein paar Tasten und runzelte die Stirn noch mehr. »Er ist leider nicht mehr hier.«
    »Nicht hier?«, entgegnete Keith. Ihm wurde schwindlig. Was ging da vor? Wie war es möglich, dass der Leichnam nicht hier war? Aber die Frau erklärte es ihm bereits.
    »Er wurde gestern Nachmittag freigegeben«, sagte sie.
    »Freigegeben?« wiederholte Keith. »Was soll das heißen, freigegeben?«
    Die Frau blickte kein einziges Mal von ihrem Bildschirm auf. »An eine Mary Converse.«
    Verärgert kniff Keith die Augen zusammen. »Wie konnten Sie das tun? Ich bin sein Vater, um Himmels willen. Wieso hat man mich nicht angerufen?«
    Die Frau zuckte hilflos mit den Schultern. »In unseren Unterlagen ist Mrs. Converse als nächste Verwandte angeführt. Entweder sie – oder ein gewisser Keith Converse.« Sie sah ihn fast desinteressiert an. »Das sind vermutlich Sie?«
    »Richtig geraten«, erwiderte Keith unwirsch. »Und Sie tun gut daran, mir sofort denjenigen zu holen, der das genehmigt hat.« Der Gesichtsausdruck der Frau verhärtete sich, und Keith erkannte seinen Fehler. »Hören Sie«, sagte er und versuchte, sie zu beschwichtigen. »Ich habe es wirklich nicht so gemeint, wie es sich angehört hat. Aber er war mein Sohn! Es kommt mir wie ...«
    Die Frau schien ein wenig besänftigt. »Es tut mir Leid«, sagte sie, »doch unsere Untersuchungen waren abgeschlossen. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen sagen, wohin der Leichnam geschickt wurde.« Bevor Keith antworten konnte, flogen ihre flinken Finger noch einmal über die Tastatur. »Ah, hier hab ich es.« Sie notierte die Adresse auf eine Karte und schob sie über den Tresen. »Vogler's«, sagte sie. »Oben auf der Sixth Street, in der Nähe der Fifth, glaub ich. Sie haben den Leichnam um ... lassen sie mich sehen – ja, hier haben wir's. Um siebzehn Uhr dreiundzwanzig abgeholt.«
    Sie lächelte strahlend, als könne es ihn irgendwie trösten, dass sie ihm die genaue Minute sagen konnte, zu der der Leichnam die Gerichtsmedizin verlassen hatte.
    Keith war jedoch schon an der Tür und wählte, wieder im Freien, sofort Marys Nummer.
    »Was zum Teufel hast du gemacht?«, fragte er. »Würdest du mir zum Teufel sagen, was da vorgeht?«
    Mary, die verstand, was geschehen sein musste, seufzte schwer. »Wahrscheinlich hätte ich dich anrufen sollen, aber ich wollte ganz einfach einen neuen Streit vermeiden. Und da ich weiß, was du empfindest – was du denkst...« Sie verstummte für einen Moment und fuhr dann fort: »Habe ich beschlossen, mich selbst darum zu kümmern.« Ihre Stimme nahm den leicht überheblichen Unterton an, der – wie er wusste – bedeutete, dass sie sich jetzt in den Mantel ihrer Religion hüllen würde –

Weitere Kostenlose Bücher