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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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in ihm auf, dass es sie schnell an die Oberfläche führen würde. Obwohl seine Instinkte ihn drängten, auf das Licht zuzulaufen, der greifbaren Dunkelheit zu entrinnen, die ihn umgab, zwang er sich zu warten, bis auch Jagger die rostige Leiter heraufgeklettert war und wie eine unterirdische Kreatur, die aus ihrem Bau kroch, aus dem Schacht auftauchte. Nachdem er sich hochgestemmt hatte, begann Jeff, auf das Licht zuzugehen; sein Puls raste. Als sie aber die Lichtquelle erreichten, erlosch Jeffs Hoffnung. Das Licht kam nicht von oben, sondern von unten.
    Sie standen sich im Schacht gegenüber und starrten in die Tiefe. Ungefähr zehn Meter unter ihnen sahen sie den Boden eines anderen Tunnels, und von dort strahlte das Licht aus, sickerte durch den Schacht, herauf zu ihnen – ein Leitstern der Hoffnung, so falsch wie die Signalfeuer, die früher Piraten an karibischen Küsten entzündet hatten, um Schiffe anzulocken, die dann auf den Riffen strandeten.
    Selbst wenn eine Leiter da gewesen wäre, hätte keiner von beiden Lust gehabt, freiwillig hinunterzusteigen. Endlich durchbrach Jagger die Stille: »Wenn wir nur rumstehn, kommen wir nie raus.«
    Jeff nickte und leuchtete mit seiner Lampe in die Dunkelheit auf beiden Seiten.
    Da war nichts, kein Anzeichen für das, was hinter der Schwärze liegen mochte, und auch nicht dafür, wie lange es dauern würde, bis sie ein anderes Licht sichteten. Aus dieser Unsicherheit heraus blieben sie dicht bei der Lichtquelle, wie von einer Glühbirne hypnotisierte Nachtfalter, bis Jagger herumfuhr und sich mit einem Laut in die Finsternis stürzte, der wie Angstgeheul klang. »Wir müssen hier raus! Sofort!«
    Jeff, der sich jetzt, mehr als vor der Dunkelheit, davor fürchtete, allein zu sein, stolperte hinter ihm her.
    Sie gingen so schnell sie konnten, noch immer nur eine Taschenlampe benutzend, bis sie an eine Stelle kamen, an der ihr Tunnel sich mit einem anderen kreuzte; er schien, wie Jeff meinte, voller Elektrokabel. Jagger war abrupt stehen geblieben. »Wohin?«, fragte er.
    In allen Richtungen nur schreckliche Dunkelheit. Jeff wandte sich nach rechts. Jagger, der seine Entscheidung nicht in Frage stellte, folgte ihm blindlings – so wie Jeff vor einer Weile Jagger gefolgt war.
    Der Tunnel schien enger zu werden, und obwohl Jeff sich sagte, das müsse Einbildung sein, überkam ihn wieder die entsetzliche Klaustrophobie, die ihn im Schacht überfallen hatte.
    Der Tunnel schien auf ihn einzudringen, und ein Schrei stieg ihm in die Kehle. Doch bevor er ihn hervorstoßen konnte, legte ihm Jagger seine riesige Pranke auf die Schulter, und der feste Griff brachte ihm ein wenig Erleichterung.
    »Da vorn is was«, flüsterte ihm Jagger ins Ohr, die Lippen so nahe, dass Jeff den Atem des anderen fühlte.
    »Wo?«, fragte Jeff ebenso leise wie Jagger.
    Jagger strich ihm mit der Hand über den Mund. »Pssst«, warnte er und schaltete seine Taschenlampe aus. Das Hämmern seines Herzen klang Jeff wie ein Trommelwirbel in den Ohren; dann flüsterte Jagger wieder: »Hörst du's nich?«
    Es gelang Jeff, seinen rasenden Herzschlag zu beruhigen, dann hörte er es – ganz schwach.
    Ein Wimmern wie von einem verletzten Hund.
    Jagger schob sich an Jeff vorbei. »Lass mich zuerst gehen«, flüsterte er.
    Vorsichtig tappten sie weiter; Jagger knipste die Taschenlampe gerade lange genug an, um sicherzugehen, dass er nicht plötzlich in einen Schacht stürzte.
    Das Wimmern wurde lauter.
    Sie kamen zu einer anderen Kreuzung, und jetzt war das Wimmern sehr deutlich.
    Kein Hund.
    Ein Mensch.
    Es kam von links, und Jagger schaltete das Licht wieder ein.
    Das Wimmern verstummte.
    Zuerst sah es nur aus wie ein Haufen dreckiger Lumpen. Dann schien das Licht in zwei Augen, und aus dem Lumpenhaufen kam ein qualvolles Stöhnen.
    Jeff hinter sich, schob Jagger sich Schritt um Schritt vorwärts, bis sie dicht vor den Lumpen standen. Jagger stieß einen mit der Schuhspitze beiseite.
    Das Gesicht eines Mannes, zu einer Larve puren Grauens verzerrt, blickte zu ihnen auf; die klauenähnlichen Hände kratzten im Tunnelboden, als versuche der Mann sich in den kalten Beton einzugraben. Als Jagger sich neben ihn hockte, drückte er sich an die Mauer und presste sich eine zerlumpte Decke auf den Bauch. »Geht weg«, flüsterte er. »Geht, bevor sie euch auch finden.«
    »Wer?«, fragte Jeff, kauerte sich nieder und schaute dem Mann ins Gesicht. Obwohl er zuerst dachte, der Mann sei viel älter, sah er jetzt, dass er

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