Der Club der Lust
unverständlich machte. «Ich habe mich entschlossen, Ihnen trotzdem zu helfen – ob Sie nun mit mir schlafen oder nicht.»
Natalie hätte ihm am liebsten die Bierflasche über den Kopf gezogen und diesem lächelnden, attraktiven, unverschämt jungenhaften Gesicht Verletzungen zugefügt. Es war in ihrem Leben noch nicht oft vorgekommen, dass sie jemanden ernsthaft wehtun wollte. Doch diesmal musste sie alle Willenskraft zusammennehmen, um diesen Impuls zu unterdrücken.
«Wie großzügig von Ihnen», erwiderte sie sarkastisch. «Aber wie gesagt, ich komme auch ohne Sie an Informationen – und an Sex schon lange.»
Alex kicherte und blickte auf Natalies rechte Hand, die zu ihrem Entsetzen ebenfalls auf eindeutige Art an ihrer Flasche herumfingerte.
«Es gibt keine geilere Vorstellung als eine Frau, die an sich selbst rumspielt», sagte er.
Natalies Fingerknöchel wurden weiß, und das Bedürfnis, ihm die Flasche über den Kopf zu ziehen, schoss wieder wie eine Stichflamme in ihr hoch. Doch noch einmal konnte sie sich zusammenreißen. Beinahe hätte sie ihm von dem Zugerlebnis mit Steven Small erzählt, aber sie besann sich schnell eines Besseren. Jede Bemerkung über die schnelle, wilde, ja fast animalische Begegnung würde sie nur noch mehr wie eine Schlampe dastehen lassen.
«Ich muss nicht an mir rumspielen, um das zu bekommen, was ich haben will.»
Aber war das seit der Zugfahrt und ihrer Ankunft hier nicht eine faustdicke Lüge? Ihre Beziehung zu Alan war im Sand verlaufen, und seitdem hatte sie jede Menge masturbiert. Jeden Tag, um genau zu sein. Manchmal sogar mehrfach …
Plötzlich spürte Natalie neuen Schwung, neue Energie in sich aufsteigen. Der Gedanke daran, sich selbst zu befriedigen, fühlte sich auf einmal richtig gut an. Genau wie der Gedanke, dass sie Sex haben konnte, wann und wo immer sie wollte. Patti bumste sich schließlich auch mit ihrem Fensterputzer das Hirn aus dem Kopf. Wahrscheinlich sogar noch mit anderen Männern. Wieso sollte sie nicht dasselbe tun? Erst gestern hatte sie Steven Small gehabt, und Natalie nahm an, dass sie ihn jederzeit wieder haben könnte, wenn sie sich nur die Mühe machte, ihn zu finden. Aber wieso nicht auch mit diesem Mann schlafen? Mit diesem attraktiven jungen Scheißer, der als Journalist in die Kategorie «Waffenbruder» fiel? Abstoßend fand sie ihn schließlich nicht.
Natalie hatte das Gefühl, lange genug gezögert zu haben, und stand auf. Sie schaute Alex direkt in die Augen, sagte aber kein Wort. Der erhob sich intuitiv auch und lächelte sie auf eine Art an, die Natalie als ehrfürchtig einstufte.
Entweder das – oder er war ein verdammt guter Schauspieler.
«Wo können wir hingehen? Wohnen Sie hier in der Nähe?», fragte Natalie unumwunden, als sie wieder auf der Straße standen. Es war ihr wichtig, dass sie die Zügel in der Hand hielt. Auf keinen Fall wollte sie, dass dieser kluge, selbstbewusste Mann sie über den Tisch zog. Der Sex musste schon zu Natalies Bedingungen stattfinden. Wie alt er wohl war?, fragte sie sich und blickte ihn verstohlen an. Sicher einige Jahre jünger als sie. Aber das schien keine Rolle zu spielen. Wichtig war nur, dass er sie zum Orgasmus brachte.
«Ich wohne nicht weit von hier», sagte er und warf ihr dabeieinen wölfischen Blick zu. «Aber ich weiß etwas, das noch näher dran ist – wenn Ihnen eine etwas rauere Umgebung nichts ausmacht.»
«Von mir aus», antwortete Natalie und dachte an die Zugtoilette von gestern. Wo immer sie es auch taten, nichts konnte den Uringestank und das aufgeweichte Toilettenpapier auf dem Fußboden an Ekelhaftigkeit überbieten.
Als Natalie an den Geruch in der widerlichen Kabine dachte, merkte sie auf einmal, dass sie vor dem Sex unbedingt noch pinkeln gehen musste. Aber wie sollte sie das Alex klar machen, ohne sich wieder in eine nachteilige Position zu manövrieren? Er war ja ein Mann und konnte sich an jedem etwas abgelegeneren Ort erleichtern, dieser Glückspilz.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Sie schlüpften in einen Gang zwischen zwei Gebäuden irgendwo im ältesten Teil des Stadtzentrums. Der Ort erinnerte Natalie an das Szenario, das sie sich gestern beim Masturbieren vorgestellt hatte. In ihrer Phantasie hatten Steven und Dyson in irgendeiner dunklen Gasse Patti durchgefickt. Die Vorstellung war genauso schmutzig gewesen wie die Situation, in der sie sich jetzt tatsächlich befand. Der einzige Unterschied bestand darin,
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