Der Club der Lust
zurückziehen und sich einen runterholen musste.
Mit sehr tiefer Stimme und einer Hand im Schritt begann er mit seiner Erzählung.
KAPITEL 6
Verwandlungen
Sie hielt sich bereits für eine «Sie», für «die göttliche, die glamouröse, die sensationelle Miss Stella Fontayne!» – und das, obwohl sie noch nicht einmal ihr Kleid und die hochhackigen Schuhe angezogen hatte und auch die Perücke noch nicht trug.
«Ich seh dir in die Augen, Kleines», murmelte Stella und winkte ihrem Spiegelbild ermutigend zu. Doch irgendwo hinter ihrer Brust lauerte ein Hauch von Angst, den sie selbst jetzt, nach all den Jahren des Schminkens und der Scharaden, immer noch empfand. Aber Stella unterdrückte dieses Gefühl und nahm ihren Lippenstift zur Hand. Das Auftragen der schimmernden rosa Farbe, die sie passend zu ihrem heutigen Outfit gewählt hatte, beruhigte ihre Nerven schließlich. Nachdem sie die Lippen geschürzt und das überschüssige Make-up mit einem Taschentuch abgenommen hatte, wusste Stella, dass sie den richtigen Ton gewählt hatte. Er passte sowohl zur Farbe ihrer Haut als auch zu der ihrer braunen Augen, deren winzige grüne Sprenkel betont wurden. Gleichzeitig wurde das cremige Porzellanweiß ihres dicken, aber makellosen Make-ups hervorgehoben. Wahrscheinlich würde der Lippenstift ebenso in ihrem ungeschminkten Gesicht wirken, das in natura sogar noch blasser war. Wie merkwürdig war es doch, dass die Attribute einer schönen Frau bei einem Mann als widernatürlich und ungesund eingestuft wurden.
Ich habe wohl zu viel Zeit in Bibliotheken und Klassenzimmern verbracht, anstatt männlichen Dingen wie Sport nachzugehen, dachte sie trocken. Und die unzähligen Stunden in ungesunden, schummrigen Nachtclubs haben sicher auch nicht gerade geholfen.
Nicht dass sie in dieser Beziehung irgendetwas bereute. Stellahatte einige ihrer glücklichsten Momente an den heruntergekommensten Orten verbracht.
Sie stopfte sich eine verirrte Strähne ihres blonden Haares unter die enge Perückenhaube und griff nach der Haarpracht, die sie für den heutigen Abend ausgewählt hatte. Heute verwandelte sie sich in eine Brünette. Die Zweitfrisur, die sie sich über den Kopf zog und dann vorsichtig zurechtzupfte, war eine ihrer liebsten. Aufgetürmt, aber nicht grotesk. Die Locken waren weich, glänzend und nicht zu künstlich. Die Frisur hatte einen gestuften, fedrigen Pony, der den kritischen Übergang zwischen echter Stirn und falschem Haar geschickt verdeckte.
«Zum Anbeißen, Darling», lobte sie sich, drehte ihren jetzt dunklen Schopf zu allen Seiten und richtete ein paar letzte Strähnen, bevor sie aufstand.
Stella betrachtete sich in dem bodenlangen Spiegel und nahm sich wie immer die Zeit, ihren halb angezogenen Körper einem prüfenden Blick zu unterziehen.
Es hatte ihr nie gelegen, die natürliche Form zu sehr zu verändern. Stella nahm keine Hormone und schnürte sich auch nicht allzu eng ein. Meistens trug sie weite seidene Unterwäsche und verließ sich auf gut geschnittene Oberbekleidung, um dem menschlichen Auge eine wohl geformte, weibliche Figur vorzutäuschen. Die Bewegungsfreiheit unter den Kleidern war berauschend und eines der größten Vergnügen am Verkleiden: Es ging nichts über das Gefühl eines Schwanzes in französischer Unterwäsche und eine frei schwingende Erektion, die sich die ganze Zeit an schmeichelnden Stoffen wie Seide und Spitze rieb.
Natürlich rasierte sie sich mit gezielter Präzision. Doch da Haut und Haare sehr hell waren, hatte Stella diese Pflicht nie als so lästig empfunden wie einige andere Dragqueens. Für sie war die Verwandlung in das andere Geschlecht immer leicht gewesen, und Stella fragte sich, ob sie überhaupt jemals damit angefangen hätte, wenn dem nicht so gewesen wäre.
«Hör endlich auf rumzutrödeln, Mädchen!» Als sie auf ihre Uhr sah, bemerkte Stella erst, wie wenig Zeit ihr noch blieb, bis der Club öffnete.
Trotzdem konnte sie nicht umhin, sich noch kurz ein wenig zu befummeln. Ein leichtes Rubbeln, und schon versteifte sich ihr Schwanz in dem weiten blassblauen Satin ihrer Unterwäsche. Sie spürte, wie sich auf ihrer Eichel ein winziger, seidener Wollusttropfen bildete. Das verursachte natürlich einen Fleck auf ihrem makellosen Höschen, doch allein der Gedanke an den feuchten Stoff reichte aus, um sie zum Zittern zu bringen und ihren Riemen noch härter werden zu lassen. Es war so anrüchig und so schmutzig. Einen kurzen Moment lang dachte Stella
Weitere Kostenlose Bücher