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Der Club der Serienkiller

Der Club der Serienkiller

Titel: Der Club der Serienkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Povey
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Langstreckenläufer werden: Rennen über eine Distanz von hundertfünfzig Kilometern laufen, oder meinetwegen auch Rennen mit Etappen von hundertfünfzig Kilometern, und ich hätte mich für ein Rennen mit fünfzig solcher Etappen gemeldet und wäre einfach losgelaufen. Am liebsten würde ich auch heute noch die ganze Welt umrunden, aber Caroles Wohnung liegt etwas näher, also gebe ich mich mit einem kurzen Spurt zufrieden.
    Als ich eintreffe, bin ich bis auf die Haut durchnässt, und nach einem kurzen Blick in den regengepeitschten Himmel schießt mir ein verrückter Gedanke durch den Kopf: Man sollte Brandstifter zur Rehabilitation in Städte wie Chicago schicken.
    Carole wirkt so groß und gefährlich, dass er sich nicht vorstellen kann, jemand könnte in sein winziges Apartment einbrechen; um hineinzugelangen, ist also nicht viel Geschick oder Fantasie erforderlich. Zum Glück glauben Killer, sie seien
gegen kleinere Straftaten gefeit, weil sie so brutal und furchteinflößend sind, dass niemand mit klarem Verstand etwas tun würde, das sie provoziert. Sie sind so unantastbar wie das englische Königshaus. Ihr solltet mal die empörten Reaktionen hören, wenn einer von ihnen ein Knöllchen kriegt.
    Carole besitzt kaum etwas, das für einen Dieb von Interesse wäre, es sei denn, er sitzt gerade an seiner Doktorarbeit. Durch die ganze Wohnung ziehen sich endlose Reihen wichtig aussehender Bücher. Sie tragen bedeutungsschwere, todernste, staubtrockene Titel wie: Psychologie: Blick nach vorne; Psychoanalyse: Blick zurück; Jungs Theorie: Ein Seitenblick; Grimms Märchen. Letzteres, da bin ich ziemlich sicher, ist das einzige, das Carole gelesen und auch verstanden hat. Sein Apartment, eine schäbige Erdgeschosswohnung mit Wohnzimmer, Küche und Schlafzimmer, verströmt einen strengen, bitteren, a widerlichen Geruch. Er ist überall, und um die Frage zu klären, wie Carole in so einem Gestank überhaupt leben kann, fange ich an, die Wohnung nach der Quelle des Geruchs zu durchwühlen. In seinem Badezimmerschränkchen stoße ich schließlich auf eine Tube Haftcreme - sie liegt neben einer speziellen Zahnbürste mit zwei Köpfen und einer Dose mit Pflegepulver für Zahnfleisch. Als ich die Kappe von der Tube schraube, zuckt mein Kopf zurück. Das Zeug riecht nach Säure, und ich schwöre, ich kann spüren, wie es mir die Augen verätzt. Doch plötzlich muss ich grinsen, denn mir wird klar, dass der ach so perfekte Carole nicht dagegen
gefeit war, auf eine der wahrscheinlich größten Marketingstrategien des Jahrhunderts hereinzufallen. Durch den üblen Geruch der Haftcreme bringt der Hersteller seine Kunden dazu, mindestens die dreifache Menge Zahnpasta zu verbrauchen, um so wenigstens den Anschein eines frischen Atems zu wahren.
    Ich bin so sehr mit meiner Entdeckung beschäftigt, dass ich fast überhöre, wie die Haustür aufgeschlossen wird. Für einen Moment erstarre ich zu Stein. Jetzt geht es wie immer darum, trotz meiner natürlichen Angst einen kühlen Kopf zu bewahren. Während ich gegen meine übermächtige Angst ankämpfe, versuche ich an etwas Positives zu denken. Nämlich an einen Quarterback, der zu einem Vierzig-Yard-Wurf ansetzt, während acht Männer, jeder dreihundert Pfund schwer, Anstalten machen, sich auf ihn zu stürzen. Ich rufe mir die geistige Ruhe und Klarheit ins Gedächtnis, die das erfordert. Manchmal stelle ich mir auch die Männer vor, die das letzte Stockwerk eines riesigen Wolkenkratzers errichten. Sie arbeiten mehr als hundert Meter über der Erde, trotzen dem heftigen Wind und dem permanenten Sog der Anziehungskraft. Trotzdem mixen sie weiter ihren Zement und legen einen Stein auf den anderen, als würde ihnen das nicht das Geringste ausmachen. Das verstehe ich unter dem Begriff heldenhaft.
    Ich kann hören, wie Carole durch sein Apartment wandert, während er sich wahrscheinlich fragt, warum ein Fenster offen steht und ein Teil seiner Sachen überall verstreut ist. Wie gesagt,
Killer glauben nicht, dass sie einem Einbrecher zum Opfer fallen könnten, darum stellt er wahrscheinlich gerade irgendwelche abwegigen Vermutungen an - vielleicht dass irgendwie ein Tier in sein Apartment eingedrungen ist. Während ich ihm lausche, wird mir klar, dass mir zwischen fünf und zehn Sekunden bleiben, bevor er mich findet. Und ich sage mir: Quarterback, Bauarbeiter, Quarterback, Bauarbeiter. Das geistert so lange durch meinen Kopf, bis ich von einer Woge des Selbstvertrauens erfasst werde. Jetzt

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