Der Club der Serienkiller
jedoch keine Bodenhaftung, und der Wagen rutscht seitlich aus dem Geschäft. Tony ist immer noch hinter mir her - gerade lädt er seine Waffe nach -, also reiße ich das Steuer bis zum Anschlag nach rechts und rase mit quietschenden Reifen die Hauptstraße hinunter. Während des ganzen Manövers sind von außen eigentlich nur meine Stirn und meine Haare zu sehen. Und als erneut ein paar Kugeln an mir vorbeizischen, beschließe ich, gleich den ganzen Nachhauseweg auf diese Weise zurückzulegen.
»Ich werd rauskriegen, wer du bist!« Selbst Tonys
laute Stimme verliert sich schließlich in der Ferne.
Ich bin mir nicht sicher, wo ich die Aufnahmen, die ich von Tony gemacht habe, entwickeln lassen kann, aber ich kenne einen Fotoladen am anderen Ende der Stadt, wo ich einbrechen könnte. Außerdem könnte ich mir aus Bettys Bibliothek ein Buch über das Entwickeln von Fotos leihen, und der Gedanke, dass mir das einen guten Vorwand liefert, um sie aufzusuchen, lindert die Erinnerung an diese schreckliche Nacht. Falls das nicht funktionieren sollte, bringe ich sie einfach zu KlippyKlap Snaps, wo man momentan bei jedem Auftrag einen zweiten Satz Hochglanzfotos und eine kostenlose Rolle Film dazukriegt.
Erst als ich mit dem Wagen vor meinem Haus parke und die Wohnung betrete, merke ich, dass Burts Kopf immer noch in der Kapuze meines Regenmantels steckt.
Während ich den Mantel ausziehe und die Regentropfen abschüttle, hüpft er aus der Kapuze und landet mit einem dumpfen Aufschlag vor meinen Füßen. Agent Wade, der offensichtlich unter der Dusche war und sich gerade das Haar abtrocknet, entdeckt Burts Kopf und schaut dann zu mir rüber. Er verzieht nicht für einen Moment das Gesicht.
»Du bringst jetzt also deine Arbeit schon mit nach Hause?«
CHER
DOPPELGÄNGERIN
Wie sich herausstellt, wurde in der Nacht, in der ich losgezogen bin, um Fotos von Tony und Burt zu machen, ein illegaler Einwanderer auf brutale Weise erstochen und mit einer Familienpackung von Kentucky Fried Chicken über dem Kopf aufgefunden. Der Kentucky Killer ist in der Stadt, und die Zeitungen und Fernsehstationen flippen völlig aus. Schwer zu sagen, ob sie überängstlich oder übergeschnappt sind. Es ist, als hätte man einen Filmstar eingeflogen, allerdings kann ich mich an niemanden erinnern, über den mehr berichtet wurde als über diesen König der Killer. Selbst der endgültige Beweis, dass Gott existiert, würde nicht so viel Aufmerksamkeit erregen. Hätte der Kentucky Killer nicht unzählige unschuldige Menschen abgeschlachtet, könnte man fast denken, dass er hier ist, um den vor kurzem erbauten Kinokomplex einzuweihen. Stattdessen begnügt man sich dort mit einem Filmstar, dessen drei letzte Filme Flops waren und nirgends gelaufen sind.
Ich hole tief Luft und versuche mir einen Überblick über die Lage zu verschaffen, während
Agent Wade die Nachrichten einschaltet und wir es uns gemütlich machen, um zu verfolgen, wie ein Fernsehreporter versucht, einen mexikanisch wirkenden Sprecher der Liga für Menschenrechte zu interviewen.
REPORTER: Wenn José gewusst hätte, dass er auf diese Weise stirbt, glauben Sie, er hätte sich den Kentucky Killer dafür ausgesucht?
SPRECHER: Ich möchte das Augenmerk lieber auf die Tatsache richten, dass Jose in Wahrheit ein Opfer der unmenschlichen Politik des Kongresses ist.
REPORTER: Ja, aber sehen Sie für einen Moment doch auch mal das Positive. Man wird Joses Foto in einem Bestseller abdrucken.
Ich frage mich, warum der Fernsehpsychologe nicht auftaucht. Bisher hat er sich stets geweigert, über das Thema Kentucky Killer zu sprechen, doch ich würde wirklich gerne hören, was er dazu zu sagen hat.
Agent Wade verfolgt aufmerksam den Beitrag, dann zappt er zu einer anderen Nachrichtensendung und nimmt dort ebenfalls jede Kleinigkeit begierig in sich auf. Vornübergebeugt hockt er da, seine Augen funkeln vor Begeisterung, hin und wieder nickt er und murmelt zustimmend, während die Reporter vom Tatort berichten.
Als der Bericht zu Ende ist, schaut er zu mir herüber. »Er ist tatsächlich hier...«
Ich ziehe einen Schokoriegel hervor, packe ihn aus und beiße hinein.
Agent Wade ist begeistert. »Wir sind jetzt ganz dicht dran, Dougie.«
In aller Ruhe genieße ich die Schokolade; anstatt sie zu kauen, lasse ich sie langsam im Mund zergehen. Agent Wade hält inne, um sich zu kratzen, und meint dann, ohne aufzublicken: »Er ist der Größte... der Allergrößte.«
Er grinst mich ziemlich
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