Der Club der Teufelinnen
meine Medizin.« Sie nahm einen Schluck.
Eine Bewegung am Eingang kündigte Brendas Eintreffen an. Sie trug etwas sehr Weites und sehr Rotes mit irgendwelchen Federn am Ausschnitt. Bin ich froh, daß ich sie zu etwas Konservativem überreden konnte, dachte Annie.
»Hoffentlich ist das eine bedrohte Tierart! Sie verdient es, auszusterben«, murmelte Elise. Annie verabscheute Federn und Pelze. Mit einer gewissen Erleichterung sah sie, daß es sich hier um synthetische Federn handelte. Verstohlen blickte sie zu Elise hinüber, aber die schien nicht weiter irritiert. Niemals würde sie öffentlich irgendwelche Unzulänglichkeiten an ihren Gästen zugeben.
»Hallo, Brenda!« Elise achtete darauf, daß auch jeder mitbekam, daß sie ihren Gast begrüßte. Nur ein seit Generationen überliefertes Savoir-faire und das daraus resultierende Selbstvertrauen brachten das zustande. Annie mußte sich eingestehen, daß sie sich oft zwingen mußte, sich nicht Brendas wegen zu genieren.
Brenda strahlte sie an. »Alle versammelt. Was soll das Ganze, zum Teufel noch mal? Was habt ihr vor?«
Elise zuckte nicht im geringsten zusammen. »Wir müssen die Daumenschrauben ansetzen.« Ihre Stimme klang rauh.
Annie und Brenda schauten sie an, warteten, daß sie weitersprach.
»Ich finde, daß so einiges aus der Balance geraten ist und daß es an der Zeit ist, das zu ändern.« Sie blickte von der einen zur anderen. »Ich schlage vor, daß wir etwas dagegen unternehmen.«
»Was meinst du damit?« fragte Annie.
»Wie ihr wißt, hat Bill mich verlassen, und ihr wißt auch, was man von verschmähten Frauen im Vergleich zu Höllenfeuern sagt.« Elises Lächeln war so spröde wie ihre Stimme.
»Das tut mir leid, Elise.«
»Ich brauche jetzt dein verdammtes Mitleid nicht, Brenda. Ich habe diesen öffentlichen Ort gewählt, also gibt es keine Tränen. Wenn ich später noch mal einen Mann haben will, dann werde ich ihn mir schon kaufen können. Jetzt aber möchte ich nichts weiter als ein kleines bißchen Gerechtigkeit.«
»Das ist machbar. Nehmen wir uns das kleine Van-Gelder-Miststück vor.«
Elise warf Brenda einen Blick zu, der jeden anderen vernichtet hätte. »Ich habe dich hierher eingeladen, weil ich angenommen hatte, daß du nicht blöd bist. Du scheinst nicht verstanden zu haben, worum es geht. Mir geht es nicht um die anderen Frauen, diese neuen Trophäen, sondern um die Männer – Gil Griffin, Morty, Aaron und Bill. Eine kleine Entschädigung, ein kleiner Ausgleich ist angesagt. Wir müssen zeigen, daß man uns nicht so einfach wegwerfen kann. Dazu müssen wir etwas unternehmen. Wir verfügen über die Möglichkeiten, die Intelligenz, die Verbindungen und die Einfälle. Wir wollen sichergehen, daß sie dafür bezahlen.«
Wieder mußte Annie an Cynthias Brief denken, den sie immer noch in der Brieftasche bei sich trug. Sie hatte ihn noch nicht beiseite legen, ihn noch nicht aus ihren Gedanken verbannen können. Vielleicht würde ihr das möglich sein, wenn sie die Rechnung mit Gil würde begleichen können.
»Ich bin dabei.« Brenda griff zur Speisekarte. »Aber könnten wir nicht zuerst etwas bestellen?«
Nachdem der Ober wieder gegangen war, fragte sie weiter: »Sprechen wir hier über Rache, über Terminator II oder was sonst?«
»Keine eigentliche Rache, sondern eher etwas weniger Plumpes. Mehr so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit«, erwiderte Elise.
»Also, ich habe schon immer etwas für Hammurabis Gesetz übrig gehabt. ›Auge um Auge‹ hört sich ganz gut an. Wie wäre es also mit 'ner rituellen Kastration? Wir greifen sie uns, binden sie fest und tragen dabei Masken und Kriegsfarben. Federn haben mir schon immer gut gestanden. Wir machen einen nach dem anderen fertig. Es wäre so, wie man es mit Hunden macht – es wird ihnen für die weitere Zukunft viel Ärger ersparen. So gesehen ist es eine humane Lösung. Die ganze Testosteron-Vergiftung hätte ein Ende.«
»Kastrieren, mmh.« Elise tat so, als wöge sie Brendas Vorschlag ab. »Ganz reizvoll, aber eine schmutzige Angelegenheit. Viel zu schmutzig.«
»Typisch, immer mußt du meckern. Was hast du denn für einen Vorschlag?«
Annies Verstand überschlug sich bei den Worten ihrer beiden Freundinnen. Rache? Gerechtigkeit? Das konnten sie doch nicht ernst meinen? Natürlich mußten sie zusammenhalten, aber was Elise da vorschlug, war zu gewalttätig, zu drastisch. Nein, das wollte sie nicht.
Da begann auf einmal eine Vision vor ihr aufzusteigen.
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