Der Club der Teufelinnen
er.
Einen Moment lang starrte sie ihn an. Dann trat sie auf das Wandregal zu, ergriff eine der geschnitzten Enten aus seiner Sammlung und schmetterte sie auf das Bild.
Bill fuhr zusammen, sein Gesicht wurde grau, der Unterkiefer sackte herab.
In diesem Augenblick trat – ganz begütigendes Lächeln – Don Reed, der Seniorpartner, ein. Bevor er auch nur ein Wort hervorbringen konnte, hatte Elise ihn mit einer Stimme, tief und kehlig wie die der Mercedes MacCambride in Der Exorzist, angeknurrt. »Raus!« Ohne Zögern gehorchte er.
Bill stützte sich mit den Fingerspitzen auf den Tisch, so als sei er kurz davor umzufallen. »Elise, das ist hier nicht der rechte Ort. Laß uns später darüber sprechen, zu Hause.«
Sie verachtete das Flehen in seiner Stimme. »Zu Hause? Wessen Zuhause? Du bist ausgezogen. Wir haben kein gemeinsames Zuhause mehr, hast du das vergessen?« Sie griff sich einen Golfschläger aus der Tasche, die an der Wand lehnte, und mit einem Schwung, der Bernhard Langers würdig gewesen wäre, zerschmetterte sie den Lalique-Schirm seiner Schreibtischlampe.
Bill konnte sie nur anstarren.
Ein weiterer Schlag zerschmetterte die Glashaube seines geliebten Imari. »Du hast mich benutzt und weggeworfen.« Den Schläger zu Boden werfend ging sie zur Tür, das Glas knirschte unter ihren Sohlen, und stieß die dort versammelten Sekretärinnen und Firmenpartner beiseite.
»So einfach lasse ich dich nicht davonkommen, Bill. Diesmal nicht.«
Auf dem Weg zum Lift vernahm sie, wie Don Reed, der Geschäftsvorstand der Kanzlei, sagte: »Ich hätte dich gerne kurz in meinem Büro gesprochen, Bill.«
Leise klopfte Elise an die Tür des Schlafzimmers ihrer Mutter, öffnete sie vorsichtig. Die Schwester neben dem Bett stand auf und lächelte.
»Hallo, Mrs. Atchison. Wir haben gerade von Ihnen gesprochen.« Die Schwester trat nahe an sie heran und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »Es tut mir leid, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, daß Sie kommen wollten. Ich habe sie daran erinnern müssen. Die Arme, sie hat den ganzen Tag keine Ruhe finden können. Rufen Sie mich, falls Sie mich brauchen sollten. Ich bin nebenan.« Sie schloß die Tür hinter sich.
Elise ging hinüber zu ihrer Mutter und legte die Hand auf die Steppdecke; dabei versuchte sie eine Berührung der Kanüle zu vermeiden, die im schmerzlich dünnen Arm ihrer Mutter steckte. Von Woche zu Woche konnte Elise niemals wissen, ob sie ihre Mutter wach oder in Träumen oder der Vergangenheit schwebend antreffen würde. Ihre Mutter öffnete die Augen, als sie ihr über die Wange strich. »Mutter, ich bin's. Elise.«
»Natürlich, es ist ja Montag.«
Elise bemerkte, daß sie den Atem angehalten hatte, holte wieder Luft und mußte lächeln. »Genau. Es ist Montag, also muß es Elise sein.« Sie beugte sich vor, um ihrer Mutter einen Kuß auf die Stirn zu drücken. »Und wie fühlst du dich so, Mutter?«
»Alt und müde. Und du, meine Liebe?« Ihre Augen suchten in Elises Gesicht. Genauso alt und müde, dachte Elise. Und so allein. Ich hoffe, ich sehe nicht zu schrecklich aus. Ich hoffe, sie sieht nicht die Einsamkeit in meinen Augen.
»Wirklich gut, Mutter. Ich habe dir etwas mitgebracht.« Das letzte Mal, als sie hier gewesen war, hatte ihre Mutter sich aufgeregt, als Elise gesagt hatte, daß sie es sei, und ihre Mutter hatte geschrien: »Nein, meine Elise ist ein kleines Mädchen.« Elise zog ein flaches Päckchen aus ihrer Tasche und wickelte ein silbergerahmtes Foto aus. Sie hoffte, daß ein aktuelles Foto von ihr dem Erinnerungsvermögen ihrer Mutter helfen würde. Es war zu schmerzhaft, wenn ihre Mutter sie nicht mehr erkannte. »Kannst du es erkennen, ohne deine Brille?«
»Natürlich.« Ihre Mutter kniff die Augen zusammen in dem Bemühen, die Gestalt auf dem Foto zu identifizieren. Es war Elise auf dem Rasen vor ihrem Haus in East Hampton. »Das bist du. Wie hübsch.«
»Ja, es ist letzten Sommer aufgenommen worden. Ich denke, ich sehe recht gut darauf aus. Was meinst du, Mutter?«
»Ist das für einen Film?«
Elise blickte abrupt auf. »Einen Film?«
»Gehst du immer noch nach Hollywood, Elise? Was für ein scheußlicher Ort. Du mußt sehr aufpassen.«
»Ich bin seit Jahren nicht mehr in Hollywood gewesen. Das war damals, als ich noch jung war, weißt du? Jetzt lebe ich hier, in New York. Ich gehe nirgendwo hin.«
Ihre Mutter schloß die Augen und schüttelte langsam den Kopf.
»Sie wollen nur dein Geld, Elise. Sie wollen nur,
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