Der Club der Teufelinnen
gut sein, Brenda. Was soll das ganze Gerede? Bill mag zwar unangenehm sein, aber er sieht attraktiv aus. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß er so weit sinken muß, sich zu entblößen, um einen Fick zu bekommen.«
»Du weißt doch, was die anmacht! Meiner Meinung nach sind alle Männer Schweine.«
Annie spürte die Leere in ihrer Brust, spürte die Stille, die jetzt ihr Leben ausmachte. Brenda mußte etwas gemerkt haben, denn sie fuhr fort: »Wie geht es denn so ohne Sylvie? Was machst du den lieben langen Tag?«
»Mir geht's gut. Ich denke daran, einen Roman anzufangen.«
»Toll! Ich habe mal im College einen angefangen.«
»Tatsächlich?«
»Aber ja. Das war Krieg und Frieden. Aber irgendwann war es zu langweilig.«
Annie mußte lachen. Brenda hatte es noch immer geschafft, sie auf diese Weise auflaufen zu lassen.
»Also, der Lunch.« Brenda kam wieder auf das eigentliche Thema zurück. »Weshalb sollte sie mich einladen?«
»Wer weiß? Aber wir werden es ja bald erfahren.«
»Angela hat mir auch erzählt, daß Elise neulich bei Cromwell Reed aufgetaucht ist und ein riesiges Theater gemacht hat.«
Annie versuchte sich abermals die Szene vorzustellen, wie Elise sie ihr nach ihrer Rückkehr zum Wagen geschildert hatte. Sie mußte lächeln. »Und?«
»In Bills Büro in der Kanzlei. In einem purpurfarbenen Lederkostüm. Angela meint, die Ehe ist finito.«
»Das ist immerhin eine Erleichterung.« Und Annie empfand es auch als Erleichterung, daß Brenda von anderer Seite davon erfahren hatte.
»Mein Gott, jahrelang hat sie alles geschluckt. Was mag sie jetzt wohl dazu getrieben haben?« fragte Brenda.
Annie fühlte, wie die Wut sich in der Leere ihrer Brust zu regen begann. Sie holte tief Luft, versuchte, sie zu unterdrücken. Es war einfach unmöglich, wie diese Männer sich benahmen. Es war unerträglich.
»Vielleicht war es der Tod von Cynthia«, fuhr Brenda fort. »Oder Bills letzte Errungenschaft. Allem Anschein nach hat er das Mädchen zu dem Essen der Firmenpartner mitgenommen. Sie ist eine van Gelder, Phoebe van Gelder. Vielleicht versucht Bill, die eine Erbin gegen eine andere, jüngere auszutauschen. Nur daß dieses neue Modell auf Kokain abfährt.«
»Brenda, woher weißt du das nur alles?« Annie war teils amüsiert, teils irritiert.
»Aus der heutigen Klatschzeitung, der Post. Da gab es so einen neckischen Hinweis, so nach der Art: ›Welche schöne kommende Künstlerin aus einer der betuchtesten Familie spielte Ehefrau auf dem Cromwell-Reed-Tanzabend?‹ Ich bin von allein darauf gekommen. Und Duarto gab mir den Hinweis mit dem Nasenpulver.«
»Arme Elise.«
Auf ihrem Weg zum Le Cirque auf der Park Avenue kam Annie an der 76. Straße vorbei, was sie seit jenem Vorfall im Carlyle immer vermieden hatte. Die Nähe zum Carlyle ließ sie erschauern.
Es war ein klarer New Yorker Tag, der Himmel strahlend blau, und bei einer leichten Kühle lag ein gewisser Vorgeschmack auf den Herbst und eine leise Ahnung von Winter in der Luft. Im Le Cirque begrüßte Sirio sie an der Tür, der Genius loci dieses Lokals. Er kannte den gesellschaftlichen Rang einer jeden der hier zu Mittag speisenden reichen Frauen und plazierte sie dementsprechend. Er schenkte ihr ein herzliches Lächeln und führte sie an Elises Tisch, die immer in der Nähe der Tür zu einem Seitenraum saß, eine Ecke, die seltsamerweise zu den begehrtesten Plätzen gehörte. Allem Anschein nach galt Elise also immer noch einiges. Annie hatte diese Ecke mit den Kristallüstern und dem überladenen hellblauen Dekor noch nie gemocht, aber sie mußte zugeben, daß die Umgebung sehr gut zu Elise paßte, so wie sie da saß: schön, wunderbar hergerichtet, ausgeglichen und entspannt, ganz wie auf einer Bühne. Und es war eine Bühne. Ihnen gegenüber saß Brooke Astor, zusammen mit zwei jungen Frauen, die Annie nicht kannte. Und die ›Jugend‹ war ebenfalls vertreten – in der Person von Blaine Trump, die in ein reges Gespräch mit einer anderen entzückend aussehenden jungen Frau vertieft war. Elise winkte Annie zu, als sie sie erblickte, und begrüßte sie mit Wangenküßchen.
»Einen Martini?« Elise hob ihr Glas. »Oder möchtest du lieber ein kohlensaures französisches Hydrogen?« Elises Stimme klang fremd, hölzern.
»Einen Weißwein, bitte«, wandte Annie sich an den Ober. »Bist du o.k. Elise?«
»Den Umständen entsprechend. Soviel ich weiß, nennt man das in ärztlichen Fachkreisen ›ernst, aber stabil‹. Ich habe
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