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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zum Davonlaufen. Als er sagte: »Seine Lordschaft ist bereit, Sie zu empfangen, Fräulein Zuckerbohne«, war es zu spät zum In-Ohnmacht-Fallen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Hatte sie überhaupt etwas gedacht?
    Glenda folgte dem Mann in den angrenzenden Raum, der eichengetäfelt und düster und das ordentlichste Arbeitszimmer war, das sie jemals gesehen hatte. Zauberer hatten ihre Zimmer normalerweise so mit Krimskrams vollgestopft, dass man die Wände nicht mehr sehen konnte. Hier war sogar der Schreibtisch leer bis auf ein Gefäß mit Schreibfedern, ein Tintenfass, einer aufgeschlagenen Ausgabe der Ankh-Morpork-Times und – ihr Auge saugte sich daran fest und kam nicht mehr los davon – einen Trinkbecher mit dem Spruch »Bester Boss der Welt«. Der Becher war so fehl am Platze, dass er ebenso gut ein Eindringling aus einem anderen Universum hätte sein können.
    Jemand stellte ganz leise einen Stuhl hinter sie. Das kam ganz gelegen, denn als der Mann hinter dem Schreibtisch aufblickte, setzte sie sich abrupt hin.
    Vetinari massierte sich die Nasenwurzel und seufzte. »Fräulein … Zuckerbohne, in diesem Palast gibt es ganze Säle voll mit Leuten, die mich sprechen wollen, mächtige und wichtige Leute, zumindest halten sie sich für mächtig und wichtig. Trotzdem hat Herr Drumknott Sie freundlicherweise zwischen zwei Termine geschoben, noch vor dem Postminister und dem Bürgermeister von Sto Lat – eine Besprechung mit einer jungen Köchin, die ihre Jacke über der Schürze trägt und mit dem Anliegen, wie hier steht, ›mir mal ordentlich die Meinung zu sagen‹. Das geschieht, weil ich ein großes Augenmerk auf Ungereimtheiten lege, und Sie, Fräulein Zuckerbohne, kommen mir sehr ungereimt vor. Was also möchten Sie von mir?«
    »Wer sagt denn, dass ich etwas möchte?«
    »Jeder, der vor mir steht, möchte etwas, Fräulein Zuckerbohne, und wenn es nur der Wunsch ist, ganz woanders zu sein.«
    »Also gut! Ihr habt gestern Abend alle Mannschaftsführer betrunken gemacht, damit sie die Regeln unterschreiben!«
    Sein bohrender Blick flatterte nicht einmal. Das war viel schlimmer als, na ja, als alles andere.
    »Verehrte junge Dame, der Alkohol macht alle Leute gleich. Er ist der ultimative Demokrat, falls man derlei Konzepte mag. Ein betrunkener Bettler ist ebenso betrunken wie ein Fürst. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass sich alle Betrunkenen wunderbar verstehen, ganz egal wie betrunken sie sind und wie verschieden ihre Muttersprachen? Ich gehe davon aus, dass Sie mit Augusta Zuckerbohne verwandt sind?« Die Frage, die nahtlos auf das Lob der Trunkenheit folgte, traf sie direkt zwischen die Augen und sprengte alle ihre Gedanken in tausend Stücke.
    »Was? Oh. Ja, richtig. Das stimmt. Sie war meine Großmutter.«
    »Ist sie nicht, als sie noch jünger war, Köchin bei der Assassinengilde gewesen?«
    »Auch richtig. Sie hat immer darüber gescherzt, dass sie sie niemals auch nur in die Nähe ihrer …« Sie unterbrach sich rasch, aber Vetinari beendete den Satz für sie.
    »… ihrer Kuchen gelassen hat, dass nur ja niemand damit vergiftet werden konnte. Und wir haben das immer respektiert, weil niemand, wie Sie bestimmt selbst wissen, mein Fräulein, eine gute Köchin verärgern will. Weilt sie denn noch unter uns?«
    »Sie ist vor zwei Jahren verstorben.«
    »Aber da Sie eine Zuckerbohne sind, haben Sie vermutlich noch ein paar andere Großmütter als Ersatz parat? Ihre Großmutter ist immer eine feste Säule der Gemeinde gewesen, und Sie müssen die vielen Leckerbissen aus der Universitätsküche schließlich für irgendjemanden mitnehmen.«
    »Das könnt Ihr nicht wissen, das ratet Ihr. Aber es stimmt, sie sind für die alten Damen, die nicht mehr viel rauskommen. Es ist eine kleine Vergünstigung.«
    »Aber ja, selbstverständlich. Jeder Job bringt seine kleinen Vergünstigungen mit sich. Ich könnte mir vorstellen, dass mein guter Drumknott hier noch nie in seinem Leben eine Büroklammer gekauft hat, stimmt’s, Drumknott?«
    Der Sekretär, der im Hintergrund Dokumente ordnete, lächelte matt.
    »Also bitte, ich nehme wirklich nur Reste …«, fing Glenda an, wurde aber sogleich mit einer Handbewegung zum Schweigen gebracht.
    »Sie sind wegen des Fußballs gekommen«, sagte Vetinari. »Sie sind gestern Abend bei dem Bankett gewesen. In der Universität mag man lieber große, schlanke Dienstmädchen, und ich habe ein Auge für solche Sachen. Deshalb vermute ich, dass Sie auf eigene Faust dort

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