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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sagte Glenda und löste sich aus dem Häuserschatten. »Trev, du und Jools, ihr könnt schon mal losziehen und Plätze in der Kutsche freihalten. Ich muss mich kurz mit Herrn Nutt unterhalten.«
    »Ihre Ladyschaft ist hier gewesen«, sagte Glenda, als die beiden anderen weg waren.
    »Das wundert mich nicht«, sagte Nutt gelassen und ließ die Verschlüsse an seiner Kiste zuschnappen. »Hier kommt so gut wie jeder durch, und sie ist sehr viel auf Reisen.«
    »Warum bist du weggelaufen?«
    »Weil ich weiß, was passieren wird«, sagte Nutt. »Ich bin ein Ork. So einfach ist das.«
    »Aber die Leute im Bus waren alle auf deiner Seite«, sagte Glenda.
    Nutt spannte die Finger an, und die Krallen glitten ganz kurz heraus. »Und morgen?«, sagte er. »Und falls etwas schiefgeht? Jeder weiß, dass Orks einem die Arme abreißen. Jeder weiß, dass Orks einem den Kopf abreißen. Alle wissen das. Das ist nicht gut.«
    »Und warum kommst du jetzt wieder mit zurück?«
    »Weil Sie so nett waren und mich gesucht haben. Wie könnte ich das ablehnen? Trotzdem ändert es nichts an den Dingen, die jeder weiß.«
    »Aber jedes Mal, wenn du eine Kerze machst, jedes Mal, wenn du ein Pferd beschlägst, änderst du die Dinge, die jeder weiß«, sagte Glenda. »Weißt du, dass Orks sozusagen …« Sie zögerte. »Dass sie gemacht worden sind?«
    »Aber ja. Das stand in dem Buch.«
    Sie wäre beinahe explodiert. »Und warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Ist es denn wichtig? Wir sind das, was wir jetzt sind.«
    »Aber das muss nicht so sein!«, schrie Glenda. »Jeder weiß, dass Trolle Menschen fressen und sie wieder ausspucken. Jeder weiß, dass einem Zwerge die Beine abhacken. Aber jeder weiß auch, dass das, was jeder weiß, falsch ist. Und die Orks haben sich nicht einmal freiwillig ausgesucht, dass sie so sein wollen. Das ist doch nicht schwer zu begreifen.«
    »Es bleibt eine schreckliche Last.«
    »Ich helfe dir dabei!« Glenda erschrak darüber, wie schnell diese Antwort aus ihr herausgeschossen kam, und murmelte: »Ich helfe dir.«
    Die Kohlen im Schmiedefeuer rutschten knisternd in sich zusammen. In einer geschäftigen Schmiede geht das Feuer nie ganz aus. Nach einer Weile sagte Glenda: »Dieses Gedicht für Trev hast du geschrieben, stimmt’s?«
    »Ja, Fräulein Glenda. Ich hoffe, es hat ihr gefallen.«
    Glenda überlegte, dass sie diese Sache lieber vorsichtig anging. »Ich glaube, ich sollte dir sagen, dass sie die meisten Worte nicht ganz genau verstanden hat. Ich musste sie sozusagen für sie übersetzen.« So schwer ist es ja nicht gewesen, dachte Glenda. Unter der verschnörkelten Schrift sind sich Liebesgedichte schon alle sehr ähnlich.
    »Hat es Ihnen gefallen?«, fragte Nutt.
    »Es war ein wunderschönes Gedicht.«
    »Ich habe es für Sie geschrieben«, sagte Nutt. Er sah sie mit einem Ausdruck an, in dem sich Angst und Trotz die Waagschale hielten.
    Bei diesen Worten glomm die abkühlende Asche wieder auf. Schließlich hat jede Schmiede eine Seele. Und als hätten sie dort schon die ganze Zeit darauf gewartet, reihten sich die Antworten von selbst auf Glendas Zunge auf. Das, was du als Nächstes tust, ist sehr, sehr wichtig, ermahnte sie sich. Wirklich und tatsächlich extrem wichtig. Überleg dir nicht, was Mary, das blöde Hausmädchen in einem dieser billigen Romane, die du immer liest, tun würde, denn Mary ist von jemandem erfunden worden, der einen Namen trägt, der verdächtigerweise nach einem extra für Leute wie dich ausgesuchten Anagramm aussieht. Mary gibt es überhaupt nicht. Dich schon.
    »Wir gehen jetzt lieber zur Kutsche«, sagte Nutt und hob seine Kiste vom Boden.
    Glenda gab das Nachdenken auf und brach in Tränen aus. Dazu muss man sagen, dass es nicht die sanften Tränen waren, die Mary, das Hausmädchen vergossen hätte, sondern echt große, schön in die Länge gezogene tropfenförmige, wie sie bei Leuten vorkommen, die nur sehr selten weinen. Sie waren klebrig, und es war auch ein bisschen Rotz mit dabei. Aber sie waren echt. Mary, das Hausmädchen hätte nicht die geringste Chance gegen sie gehabt.
    Natürlich sah es Trev Likely wieder einmal ähnlich, dass er genau in diesem Moment aus der Dunkelheit auftauchte und sagte: »Die Kutsche fährt gleich los. Alles so weit klar bei euch?«
    Nutt schaute Glenda an. Tränen lassen sich nicht einfach wieder zurückziehen, aber es gelang ihr, trotzdem glaubhaft zu lächeln. »Ich glaube, dem ist so«, sagte Nutt.
     
    Wenn man in einer

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