Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
um das Thema zu wechseln. »Mit deinem Aussehen könntest du dir einen Mann schnappen, der mehr im Kopf hat als bloß Bier und Fußball. Drück dich einfach ein bisschen gewählter aus, ja? Du musst ja nicht gleich übertreiben.«
    »Die Fahrkarten, bitte.«
    Sie schauten zu dem Wächter hoch, der seine Axt gerade so hielt, dass sie fast nicht bedrohlich wirkte. Besonders hoch mussten sie dabei allerdings nicht schauen. Der Besitzer der Axt war ziemlich kurz geraten.
    Glenda schob die Waffe sanft zur Seite. »Du musst nicht immer damit herumfuchteln, Roger«, sagte sie und seufzte. »Das Ding macht keinen großen Eindruck.«
    »Oh, tut mir leid, Fräulein Glenda«, erwiderte der Zwerg, und das, was hinter dem Bart von seinem Gesicht zu sehen war, lief vor Verlegenheit rot an. »Es war eine lange Schicht. Macht zusammen vier Cent, die Damen. Das mit der Axt tut mir leid, aber in letzter Zeit haben wir immer mehr Leute, die ohne zu bezahlen wieder abspringen.«
    »Den sollte man wieder dahin zurückschicken, wo er hergekommen ist«, murmelte Juliet, als der Wächter sich weiter durch die Reihen bewegte. Glenda beschloss, nicht weiter darauf einzugehen. Soweit sie das, bis zum heutigen Tag zumindest, beurteilen konnte, hatte ihre Freundin noch nie eine eigene Meinung aufzuweisen gehabt, sondern einfach das nachgeplappert, was andere Leute zu ihr gesagt hatten. Aber dann konnte sie es sich doch nicht verkneifen: »Das wäre dann in die Sirupminenstraße. Er ist hier in der Stadt zur Welt gekommen.«
    »Dann ist er ein Miner-Fan? Könnte schlimmer sein.«
    »Ich glaube nicht, dass sich die Zwerge groß für Fußball interessieren«, sagte Glenda.
    »Ich glaub nich, dass man ein echter Morporker sein kann, wenn man nich Fan von einer Mannschaft ist«, lautete das nächste Beispiel für eine abgedroschene Volksweisheit von Seiten Juliets. Glenda ließ den Spruch einfach an sich abprallen. Manchmal war ein Streitgespräch mit ihrer Freundin wie Nebelboxen. Außerdem quälten sich die Pferde gerade ihre Straße hoch. Die Frauen stiegen aus, ohne dass das Gefährt stehen bleiben musste.
    Die Tür zu Juliets Haus war von den uralten Überresten unzähliger Farbschichten bedeckt oder besser gesagt, von unzähligen Farbschichten, die sich über die Jahre zu winzig kleinen Hügeln aufgewölbt hatten. Es war immer die allerbilligste Farbe gewesen. Letztendlich konnte man sich entweder leisten, Bier zu kaufen, oder man konnte sich leisten, Farbe zu kaufen, bloß konnte man Farbe nicht trinken, es sei denn, man war Herr Johnson aus Nummer vierzehn, der sie allem Anschein nach ständig trank.
    »So, ich erzähle deinem Vater nicht, dass du zu spät gekommen bist«, sagte Glenda und schloss ihrer Freundin die Tür auf. »Aber ich möchte, dass du morgen früh pünktlich bist. Alles klar?«
    »Ja, Glenda«, antwortete Juliet kleinlaut.
    »Und denk nicht weiter über diesen Trevor Likely nach.«
    »Ja, Glenda.« Die Antwort klang zwar kleinlaut, aber Glenda entging das Funkeln in Juliets Augen nicht. Sie hatte es schon einmal im Spiegel gesehen.
    Zunächst aber bereitete sie ein frühes Frühstück für die Witwe Dringlich vor, die im Haus gegenüber wohnte und in letzter Zeit nicht mehr recht vor die Tür kam, machte es ihr ein bisschen gemütlich, erledigte im ersten Licht des Tages ein paar Handgriffe im Haus und legte sich schließlich ins Bett.
    Ehe sie in den Schlaf sank, war ihr letzter Gedanke: Klauen Goblins nicht Hühner? Komisch, eigentlich sieht er so gar nicht danach aus …
    Um halb neun weckte sie ein Nachbar, indem er Kieselsteine an ihre Fensterscheibe warf. Er wollte, dass sie mitkam und nach seinem Vater sah, den er als »schlecht beisammen« bezeichnete. So fing der neue Tag an. Glenda hatte sich noch nie einen Wecker kaufen müssen.
     
    Warum brauchten andere Leute so viel Schlaf? Die Frage war und blieb für Nutt ein Rätsel. Er selbst langweilte sich immer dabei.
    Damals, im Schloss von Überwald, war immer jemand in der Nähe gewesen, mit dem man sich unterhalten konnte. Ihre Ladyschaft mochte die Nachtstunden und ging bei hellem Sonnenschein überhaupt nicht nach draußen, weshalb sie zu dieser Zeit viele Besucher empfing. Er durfte sich dann natürlich nicht blicken lassen, aber er kannte sämtliche Geheimgänge hinter den Wänden und alle geheimen Gucklöcher. Er sah die feinen Gentlemen, stets in Schwarz gekleidet, und die Zwerge in Eisenrüstungen, die wie Gold glänzten (später hatte ihm Igor unten in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher