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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten
Autoren: Terry Pratchett
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konnte. Die anderen Leute, die hier unten im Gewölbe landeten, um zu arbeiten, waren auch irgendwie sonderbar, das war beinahe eine Einstellungsbedingung, aber dieser kleine dunkelgraue Bursche war auf eine völlig gegensätzliche Weise sonderbar. »Ich glaub, du solltest mehr raus und unter die Leute, Nutts«, sagte er.
    »Ach, ich glaube nicht, dass mir das gefallen würde«, erwiderte Nutt, »und wenn ich Sie freundlich daran erinnern dürfte: Mein Name steht nicht im Plural, danke.«
    »Haste schon ma’n Fußballspiel gesehen?«
    »Nein.«
    »Dann nehme ich dich morgen zum Spiel mit. Ich spiele natürlich nicht selbst, aber ich verpasse nie’n Spiel, wenn sich’s irgendwie machen lässt«, sagte Trev. »Wahrscheinlich geht’s morgen noch ohne Stichwaffen ab, könnt ich mir denken. Die Saison geht erst los, da wärmen sich alle erst noch’n bisschen auf.«
    »Also, das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich …«
    »Ich sag dir was, ich hol dich hier Schlag neune ab.«
    »Die Leute werden mich anstarren!«, sagte Nutt. In seinem Kopf hörte er die Stimme Ihrer Ladyschaft, ruhig und gelassen wie immer: Nicht auffallen. Sei ein Teil der Menge.
    »Ganz bestimmt nicht. Glaub mir, ehrlich«, sagte Trev. »Also das ganz bestimmt nicht. Lass dir deinen Kuchen schmecken. Ich zisch mal los.«
    Er zog eine Konservenbüchse aus der Manteltasche und ließ sie auf seinen Fuß fallen, schleuderte sie in die Luft, spitzelte sie von einem Fuß zum anderen, versetzte sie in eine schnelle Drehbewegung, dass sie wie ein Objekt am Firmament glitzerte, und dann trat er so fest dagegen, dass sie leise scheppernd in das hohe, düstere Gewölbe schoss, das sich mehrere Fuß über ihnen ausdehnte. Gegen alle Wahrscheinlichkeit hielt sie in ihrem Flug kurz vor der gegenüberliegenden Wand an, drehte sich einen Moment um die eigene Achse und kam dann wieder zurück, und zwar – so kam es dem verdutzten Nutt jedenfalls vor – mit doppelter Geschwindigkeit.
    Trev fing sie lässig auf und ließ sie wieder in seine Tasche fallen.
    »Wie machen Sie das, Meister Trev?«, wollte der verblüffte Nutt wissen.
    »Da hab ich noch nie drüber nachgedacht«, sagte Trev. »Ich wundere mich immer nur darüber, wieso das nicht jeder kann. Es geht allein um die Drehung. Überhaupt nicht schwer. Also bis morgen dann, einverstanden? Und vergiss nicht, nach ihrem Namen zu fragen.«
     
    Die Pferdebusse waren nicht schneller, als wenn man zu Fuß gehen würde, aber wenigstens musste man nicht selbst laufen. Außerdem gab es Sitzplätze und ein Dach und eine Wache mit einer Streitaxt, und insgesamt war es, in den feuchten grauen Stunden vor Tagesanbruch, ein guter Gegenwert für kleines Geld. Glenda und Juliet saßen nebeneinander und schaukelten sanft und in ihren Gedanken verloren hin und her. Zumindest Glenda. Juliet konnte sich notfalls schon in einem halben Gedanken verlieren.
    Aber Glenda wusste inzwischen stets mit unfehlbarer Treffsicherheit, wann Juliet kurz davor war, etwas zu sagen. Es war so ähnlich wie der siebte Sinn bei einem Seemann, der im Voraus weiß, wann sich der Wind dreht. Es waren kleine Anzeichen, als müsste so ein Gedanke das hübsche Köpfchen erst ein bisschen anwärmen und auf Touren bringen, bevor überhaupt etwas geschah.
    »Wer war der Junge, der wegen der Kartoffel-Gemüse-Pfanne raufgekommen ist?«, fragte sie nonchalant, oder was sie vielleicht für nonchalant hielt, oder was sie vielleicht für nonchalant halten würde, wenn sie gewusst hätte, dass es ein Wort wie nonchalant überhaupt gibt.
    »Trevor Likely heißt er«, antwortete Glenda. »Und mit dem Typen willst du überhaupt nichts zu tun haben.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er ein Dösel ist! Außerdem hält er sich für wichtig. Und sein Vater war Dave Likely! Dein Vater würde durchdrehen, wenn er erfahren würde, dass du auch nur mit ihm gesprochen hast.«
    »Lächeln tut er aber niedlich«, sagte Juliet mit einer Wehmut in der Stimme, bei der bei Glenda sämtliche Alarmglocken losschrillten.
    »Er ist ein Tunichtgut«, sagte sie entschieden. »Der versucht es überall. Und die Hände kann er auch nicht bei sich behalten.«
    »Woher weißt’n du das?«
    Das war eine weitere von Juliets beunruhigenden Eigenschaften. Stundenlang schien zwischen diesen beiden perfekten Ohren überhaupt nichts stattzufinden, und dann kam auf einmal eine solche Frage mit geschliffen scharfen Kanten auf dich zugesaust.
    »Du solltest mehr auf deine Sprache achten«, sagte Glenda,
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