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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten
Autoren: Terry Pratchett
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seinem Keller, der nach Salz und Gewitter roch, gezeigt, wie man sie herstellte). Auch Trolle waren dort, die ein bisschen sauberer aussahen als diejenigen, vor denen er im Wald davonzulaufen gelernt hatte. Besonders gut erinnerte er sich an den Troll, der wie ein Juwel geschimmert hatte (Igor sagte, seine Haut bestehe aus lebendigen Diamanten). Das hätte schon genügt, um ihn tief in Nutts Gedächtnis einzubrennen, aber dann kam jener Moment, als der diamantene Troll eines Tages an den großen Tisch zu anderen Trollen und Zwergen gesetzt wurde und die Diamantaugen aufgeblickt und Nutt angesehen hatten, der durch ein winziges verstecktes Guckloch am anderen Ende des Raums geschaut hatte. Nutt war fest davon überzeugt. Er war so erschrocken von dem Loch zurückgezuckt, dass er sich an der gegenüberliegenden Wand den Hinterkopf angeschlagen hatte.
    Nach und nach hatte er sich in sämtlichen Kellern und Werkstätten im Schloss Ihrer Ladyschaft ausgekannt. Geh überall hin, wohin du willst, sprich mit jedem. Stelle überall Fragen, dann bekommst du auch Antworten. Egal, was du lernen willst, man wird es dir beibringen. Nutze die Bibliothek. Du darfst jedes Buch aufschlagen.
    Das waren schöne Zeiten gewesen. Überall, wohin er auch kam, hörten die Leute mit der Arbeit auf und zeigten ihm, wie man hobelte und schnitzte und Formen vorbereitete und ausstrich, wie man Eisen schmolz und Hufeisen anfertigte – aber nicht, wie man sie anbrachte, denn sobald er einen Stall betrat, drehten die Pferde durch. Einmal hatte eins sogar ein paar Bretter aus der Rückwand getreten.
    An jenem Nachmittag war er hinauf in die Bibliothek gegangen, wo ihm Fräulein Heilstetter ein Buch über Gerüche heraussuchte. Er las es so schnell, dass seine Augen eigentlich Spuren auf dem Papier hätten hinterlassen müssen. Mit Sicherheit hinterließ er eine Spur in der Bibliothek: Die zweiundzwanzig Bände von Früstücks Kompendium der Düfte stapelten sich schon bald auf dem langen Lesepult, gefolgt von Speiers Sprachrohr der Kunstreiterei, und dann, über einen Umweg durch die Geschichtsabteilung, hatte sich Nutt in die Volkskundeabteilung gestürzt, stets gefolgt von Fräulein Heilstetter, die auf der fahrbaren Bibliotheksleiter hinter ihm herradelte.
    Sie beobachtete ihn mit einer gewissen zufriedenen Ehrfurcht. Als er dort im Schloss angekommen war, hatte er kaum lesen können, aber der Goblinjunge hatte sich sofort daran gemacht, seine Lesefertigkeit zu trainieren, so wie ein Boxer sich auf einen Kampf vorbereitet. Außerdem kämpfte er gegen etwas an, aber sie war sich nie ganz sicher, worum es sich handelte, und Ihre Ladyschaft hatte es ihr natürlich auch nie erklärt. Er hatte nächtelang im Lampenschein gesessen, das gerade aktuelle Buch vor sich, Wörterbuch und Thesaurus links und rechts, hatte um die Bedeutung eines jeden Wortes gerungen und unablässig gegen das eigene Unwissen angeboxt.
    Als sie am folgenden Morgen zur Arbeit kam, lagen zusätzlich ein Wörterbuch der Zwergensprache und eine Ausgabe von Postalumes Wie Trolle reden auf dem Pult.
    Es ist bestimmt nicht richtig, so zu lernen, dachte sie für sich. Das kann sich doch nicht ordentlich setzen. Man kann sich das Wissen nicht einfach in den Kopf hineinlöffeln. Das Gelernte muss doch verdaut werden. Man muss nicht nur wissen, man muss es auch verstehen.
    Sie erwähnte diese Gedanken gegenüber Fassel, dem Schmied, der darauf erwiderte: »Ich sag Ihnen eins, Fräulein, er ist neulich mal zu mir gekommen und hat gesagt, er hätte schon mal einem Schmied zugesehen und ob er es auch mal probieren darf. Na ja, Sie kennen ja die Anweisung Ihrer Ladyschaft, also hab ich ihm einen Klumpen Eisen gegeben und ihm den Hammer und die Zange gezeigt und hastenichgesehen hat er drauflos gedroschen wie mit … na ja, wie mit Hammer und Zange halt! Am Schluss kam ein hübsches kleines Messer dabei raus, wirklich gut gemacht. Er denkt über alles nach. Man kann richtig dabei zusehen, wie seine hässliche kleine Visage damit beschäftigt ist. Kennen Sie denn noch andere Goblins?«
    »Komisch, dass du das fragst«, hatte sie ihm geantwortet. »In unserem Katalog steht, dass wir eine der sehr wenigen Ausgaben von J. P. Glockenpatzers Fünf Stunden und sechzehn Minuten bei den Goblins von Überwald in unseren Beständen haben, aber ich kann sie nirgendwo finden. Sie ist unbezahlbar.«
    »Fünf Stunden und sechzehn Minuten kommt mir nicht sehr lange vor«, sagte der Schmied.
    »Könnte man
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