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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Was hast du denn gemacht?«
    »Ich habe sie versilbert, Fräulein Glenda.«
    »Wie hast du das hingekriegt?«
    »Ach, bei uns im Keller liegt allerhand alter Kram herum, und, na ja, ich weiß halt, wie man so was macht. Ich hoffe doch, dass niemand deswegen Ärger bekommt«, fügte Nutt hinzu und sah mit einem Mal wieder ängstlich aus.
    Glenda stellte sich die gleiche Frage. Eigentlich nicht, aber bei Frau Allesweiß konnte man nie ganz sicher sein. Andererseits konnte sie dem Problem dadurch aus dem Weg gehen, indem sie die Teller irgendwo versteckte, bis sie wieder einigermaßen matt waren.
    »Nett von dir, dass du dir die Mühe gemacht hast. Normalerweise muss ich immer hinter den Leuten her sein, damit sie die Teller wieder zurückbringen. Du bist ein wahrer Gentleman«, sagte sie, und sein Gesicht leuchtete auf wie ein Sonnenaufgang.
    »Sie sind sehr freundlich«, strahlte er, »und dazu eine sehr ansehnliche Dame, mit Ihrem gewaltigen, doppelt gewölbten Brustkasten, der Generostität und Fekundität verheißt …«
    Die Morgenluft gefror zu einem gewaltigen Klotz. Er wusste sofort, dass er etwas Falsches gesagt hatte, aber er hatte keine Vorstellung davon, was genau falsch gewesen war.
    Glenda drehte sich in alle Richtungen, um zu sehen, ob jemand mitgehört hatte, aber der große, schummrige Raum war ansonsten leer. Sie war immer die Erste, die kam, und die Letzte, die ging. Dann sagte sie: »Bleib da stehen. Du bewegst dich keinen Zentimeter! Keinen einzigen Zentimeter! Und klau bloß keins von den Hühnern!«, setzte sie nach kurzer Überlegung hinzu.
    Als sie aus dem Raum hinauseilte, hätte sie eigentlich eine Qualmfahne hinter sich herziehen müssen; ihre Stiefel hallten auf den Bodenfliesen nach. Wie konnte er nur so etwas sagen! Für wen hielt der Kerl sich eigentlich? Ganz abgesehen davon – für wen hielt sie ihn eigentlich? Für was hielt sie ihn eigentlich?
    Die Keller und unterirdischen Gewölbe der Universität waren eine kleine Stadt für sich. Überall drehten sich Bäcker und Metzger um, als sie polternd vorbeimarschierte. Jetzt wagte sie nicht mehr umzukehren; jetzt wäre es zu peinlich.
    Wenn man alle Gänge und Treppen kannte (und wenn die mal für fünf Minuten an ihrem Platz blieben), war es möglich, so gut wie überall in der Universität hinzugehen, ohne nach oben zu müssen. Womöglich kannte keiner der Zauberer dieses Labyrinth. Nicht viele von ihnen verschwendeten auch nur einen Gedanken auf die langweiligen Einzelheiten der Haushaltsführung. Ha, sie glaubten wohl, ihre Mahlzeiten zauberten sich von selbst auf die Tische!
    Eine schmale Steintreppe führte zu einer kleinen Tür hinauf, die schon lange von so gut wie niemandem mehr benutzt wurde. Die anderen Mädchen weigerten sich, hinzugehen. Glenda nicht. Sogar nach dem allerersten Mal, nachdem sie, auf das Klingeln der Glocke hin, die Mitternachtsbanane dorthin gebracht hatte – vielmehr es nicht ganz geschafft hatte, sie dorthin zu bringen, weil sie laut schreiend davongerannt war –, wusste sie, dass sie sich dem Ding hinter der Tür abermals stellen musste. Schließlich kann keiner von uns etwas dafür, wie er aussieht, hatte ihre Mutter immer gesagt, und wir können auch nichts dafür, in was uns ein magischer Unfall womöglich verwandelt, ob es nun unser eigener Fehler war oder nicht, wie Frau Allesweiß es vor unwesentlich kürzerer Zeit erklärt hatte, nachdem das Schreien allmählich nachgelassen hatte. Also hatte Glenda die Banane aufgehoben und war sofort wieder dorthin zurückgegangen.
    Inzwischen wunderte sie sich eher darüber, wie es jemand eigenartig finden konnte, dass der Hüter all jenes Wissens rotbraun behaart war und mehrere Meter über seinem Schreibtisch an der Decke schaukelte, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie mindestens vierzehn verschiedene Bedeutungen des Wörtchens »Ugh« kannte.
    Da es Tag war, ging es in dem großen Gebäude auf der anderen Seite der kleinen Tür ziemlich geschäftig zu, soweit man dieses Wort in Bezug auf eine Bibliothek benutzen kann. Sie eilte auf den nächstbesten Hilfsbibliothekar zu, der nicht mehr rechtzeitig in die andere Richtung blicken konnte, und fuhr ihn mit den Worten an: »Ich brauche ein Wörterbuch der unverschämten Worte, und zwar den Band mit F!«
    Sein überheblicher Blick wurde etwas nachsichtiger, als er erkannte, dass sie Köchin war. Zauberer haben immer einen Platz in ihren Herzen für Köche, weil es nicht sehr weit von ihrem Magen entfernt

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