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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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so oberschlau. Oberschlau ist bloß eine flüchtig aufpolierte Version von dumm. Versuchen Sie’s doch mal mit Intelligenz. Damit kommen Sie bestimmt weiter.«
    »Das ist doch bloß ein Haufen Wörter!«, sagte Trev aufbrausend, aber Glenda sah die beiden feucht glänzenden Linien auf seinen Wangen.
    »Denken Sie bitte in Ruhe darüber nach, Meister Trev«, sagte Nutt, dann fügte er hinzu: »So, jetzt habe ich einen ganzen Korb voll. Das ist etwas wert.«
    Es war die Gelassenheit. Nutt war fast durchgedreht, beinahe krank vor Angst gewesen. Dann hatte er es sich immer wieder vorgesagt, als müsste er alles für einen Lehrer auswendig lernen. Und dann war er mit einem Mal ganz anders – total entspannt und gesammelt.
    Glendas Blick wanderte von Trev zu Nutt und wieder zurück. Trevs Mund stand offen, aber sie konnte ihm keinen Vorwurf daraus machen. Was Nutt da mit absolut nüchterner Gelassenheit gesagt hatte, hatte sich nicht wie eine Meinung, sondern wie die Wahrheit angehört, die aus einem sehr tiefen Brunnen geschöpft worden war.
    Dann brach Trev das Schweigen. Seine belegte Stimme klang so, als sei er unter Hypnose.
    »Als ich fünf war, hat er mir sein altes Trikot geschenkt. Es war wie ein Zelt. Ich meine, es war so dreckig und speckig, dass es nie nass wurde …« Er unterbrach sich.
    Kurz darauf stieß ihn Glenda an den Ellbogen. »Er ist ganz steif geworden«, sagte sie, »so steif wie ein Stück Holz.«
    »Ah, katatonisch«, erwiderte Nutt. »Er ist von seinen Gefühlen überwältigt. Wir sollten ihn hinlegen.«
    »Diese alten Matratzen, auf denen ihr hier schlaft, sind der allerletzte Plunder!«, sagte Glenda und schaute sich nach einer Alternative zu den kalten Steinplatten um.
    »Ich weiß was!«, sagte Nutt plötzlich wie aufgedreht und stürzte in den Korridor – worauf Glenda mit dem steifen Trev in den Armen zurückblieb. Kurz darauf kam Juliet aus der Richtung der Nachtküche herbei. Sie blieb sofort stehen, als sie die beiden sah, und brach in Tränen aus.
    »Er ist tot, stimmt’s?«
    »Äh, nein …«
    »Ich habe mit ein paar von den Jungs aus der Bäckerei gesprochen, die gerade zur Arbeit gekommen sind, und die haben mir gesagt, dass es in der ganzen Stadt Prügeleien gegeben hat und dass jemand umgebracht worden ist!«
    »Trev hat nur einen kleinen Schock abgekriegt, das ist alles. Nutt ist losgezogen, um etwas zu holen, wo er sich drauflegen kann.«
    »Ach.« Juliet hörte sich ein bisschen enttäuscht an, vermutlich weil »einen kleinen Schock abgekriegt« nicht dramatisch genug war, aber sie fing sich schon wieder, als ein lautes, brutales und eindeutig hölzernes Geräusch aus der anderen Richtung Nutt ankündigte, der eine große Couch vor sich herschob und direkt vor ihnen zum Stehen kam.
    »Weiter hinten im Gang ist ein großer Raum voller alter Möbel«, sagte er und tätschelte den verblichenen Samt. »Ist ein bisschen muffig, aber ich glaube, auf dem Weg hierher sind alle Mäuse rausgefallen. Eigentlich ein richtig guter Fund. Ich glaube, es ist eine Chaiselongue aus der Werkstatt des berühmten Fratzke Spreizfeder. Vielleicht kann ich sie später restaurieren. Lassen Sie ihn vorsichtig runter, Fräulein Glenda.«
    »Was hat er denn?«, fragte Juliet.
    »Ach, die Wahrheit kann manchmal ziemlich umwerfend sein«, antwortete Nutt. »Aber er kommt darüber hinweg und bestimmt bald wieder zu sich.«
    »Die Wahrheit würde ich schrecklich gerne auch erfahren, Meister Nutt, wenn’s recht ist«, sagte Glenda, verschränkte die Arme und versuchte, ein ernstes Gesicht zu machen, während die ganze Zeit über eine Stimme in ihrem Kopf flüsterte: Chaiselongue! Chaiselongue! Wenn hier keiner mehr ist, kannst du dich ja auch mal in aller Ruhe drauf ausstrecken!
    »Man könnte es als Medizin der Worte bezeichnen«, sagte Nutt bedächtig. »Manchmal bringen sich die Leute selbst dazu, an etwas zu glauben, was nicht stimmt. Manchmal kann das für denjenigen ganz schön gefährlich werden. Dann sieht er die Welt auf die falsche Weise. Er will sich nicht eingestehen, dass das, woran er glaubt, falsch ist. Oft gibt es jedoch eine Stelle des Bewusstseins, die es weiß, und von dort können die richtigen Worte die Wahrheit hervorlocken.« Er schaute sie besorgt an.
    »Wie schön!«, sagte Juliet.
    »Für mich hört es sich wie Hokuspokus an«, sagte Glenda. »Die Leute kennen sich doch selbst gut genug!« Wieder verschränkte sie die Arme und sah, dass Nutt diese anschaute.
    »Was denn?«,

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