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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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volles zu ersetzen.
    »Würden Sie vielleicht einmal für mich auf und ab gehen, Juliet?«, fragte Madame.
    Glenda wollte wissen, warum, aber da sie den Mund voller Sherry als Antipeinlichkeits-Medizin hatte, schritt sie nicht ein.
    Madame betrachtete Juliet sehr kritisch, den Ellbogen des einen Arms mit dem anderen stützend.
    »Ja, ja. Aber ich meine langsam, als hätten Sie es nicht eilig, irgendwo hinzukommen, als wäre das Ziel völlig egal«, sagte Madame. »Stellen Sie sich vor, Sie seien ein Vogel in der Luft oder ein Fisch im Wasser. Tragen Sie die Welt wie ein Kleid.«
    »Ach so«, sagte Juliet und fing noch einmal an.
    Als Juliet die Strecke zum zweiten Mal halb zurückgelegt hatte, brach Pepe in Tränen aus. »Wo hat sie bloß die ganze Zeit gesteckt? Wer hat sie ausgebildet?«, quiekte er oder möglicherweise sie und schlug sich dabei mit beiden Handflächen auf die Wangen. »Wir müssen sie sofort einstellen!«
    »Sie hat schon eine feste Anstellung an der Universität«, sagte Glenda. Aber der Sherry sagte: »Ab und zu ist noch nicht vorbei. Verdirb’s bloß nicht!« 12
    Madame, die für derlei Geschichten ein klares Gespür hatte, legte ihr einen Arm um die Schultern. »Wissen Sie, das Problem mit den Zwergendamen besteht darin, dass viele von uns nicht gern im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Außerdem muss ich berücksichtigen, dass Zwergenkleidung ebenso für junge Menschen mit einer bestimmten Lebenseinstellung höchst interessant ist. Ihre Tochter ist ein Mensch …« Madame wandte sich kurz an Juliet. »Sie sind doch ein Mensch, oder, Liebes? Ich finde, es lohnt sich immer, vorher nachzufragen.«
    Juliet, die offensichtlich völlig verzückt in eine ganz eigene Welt gestarrt hatte, nickte eifrig.
    »Sehr schön«, sagte Madame. »Und obwohl sie so ausnehmend gut gebaut ist und sich wie ein Traum bewegt, ist sie nicht viel größer als eine durchschnittliche Zwergin, und ehrlich gesagt, meine Liebe, wären einige der Damen sehr gerne ein bisschen größer, als sie es nun mal sind. Auch wenn ich sie damit streng genommen ein wenig hintergehe – aber dieser Gang, meine Güte! Natürlich haben Zwerge auch Hüften, aber sie wissen nur sehr selten, was sie damit anfangen sollen … Entschuldigung, habe ich etwas Falsches gesagt?«
    Der Schoppen Sherry, den Glenda so eilig konsumiert hatte, gab schließlich unter dem Druck ihrer Empörung nach. »Ich bin nicht ihre Mutter! Juliet ist meine Freundin!«
    Madame warf ihr noch einen dieser Blicke zu, die ihr das Gefühl vermittelten, als würde ihr Gehirn herausgenommen und sorgfältig untersucht. »Würde es Ihnen dann vielleicht etwas ausmachen, wenn ich Ihrer Freundin« – sie machte eine kleine Pause – »fünf Dollar dafür bezahle, dass sie heute Nachmittag für mich als Model arbeitet?«
    »Schon in Ordnung«, sagte der Sherry zu Glenda. »Du hast dich gefragt, wohin ich dich führe, und jetzt sind wir da. Siehst du die herrliche Aussicht? Was willst du jetzt tun?«
    »Fünfundzwanzig Dollar«, sagte Glenda.
    Pepe schlug sich wieder auf seine – oder womöglich ihre – Wangen und kreischte: »Ja! Ja!«
    »Plus Rabatt in Ihrem Laden«, sagte Glenda.
    Madame schenkte ihr einen sehr in die Länge gezogenen Blick. »Entschuldigen Sie bitte kurz«, sagte die Zwergin.
    Sie nahm Pepe am Arm und ging mit ihm schnurstracks in eine Ecke. Glenda konnte nicht verstehen, was dort geredet wurde, da ganz in der Nähe mit einem Presslufthammer gearbeitet wurde und außerdem jemand einen hysterischen Anfall bekam. Als Madame zurückkam, grinste sie aufgesetzt, und Pepe ging zwei Schritte hinter ihr. »In zehn Minuten beginnt eine Modenschau, und mein bestes Model hat sich seine Spitzhacke auf den Fuß fallen lassen. Über weitere Einsätze können wir später noch verhandeln. Und könntest du bitte mit diesem Auf- und Abgehopse aufhören, Pepe?«
    Glenda blinzelte. Ich kann nicht glauben, dass ich das eben getan habe, dachte sie. Fünfundzwanzig Dollar dafür, dass sie ein paar Klamotten anzieht? Das ist mehr, als ich im ganzen Monat verdiene! Das ist einfach nicht richtig. Und der Sherry sagte: »Was soll denn daran falsch sein? Würdest du dir ein Kettenhemd anziehen und für fünfundzwanzig Dollar damit vor einem Haufen völlig Fremder herumspazieren?«
    Glenda lief es eiskalt den Rücken hinab. Ganz bestimmt nicht, dachte sie.
    »Also, da hast du’s«, sagte der Sherry.
    Aber das wird alles nur in bitteren Tränen enden, dachte Glenda.
    »Nein, das

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