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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Pastete.
    Ach ja, das Bankett, dachte sie, als der Regen langsam, aber sicher durch ihre Jacke drang. Das Bankett. Sie musste sich noch um das Bankett kümmern. Wenn man zum Ball wollte, musste man manchmal seine eigene gute Fee sein.
    Es gab mehrere Hindernisse, bei deren Überwindung ein Zauberstab recht hilfreich gewesen wäre: Frau Allesweiß hatte tatsächlich eine Art von Apartheid zwischen der Tag- und der Nachtküche eingeführt, als würde eine Treppe rauf oder runter alles darüber aussagen, wer man war. Die nächste Schwierigkeit war die, dass Glenda, den Traditionen der Universität zufolge, nicht die richtige Figur besaß, um an den Tischen zu servieren, zumindest dann nicht, wenn Gäste anwesend waren; und schließlich besaß Glenda nicht das richtige Temperament, um an den Tischen zu servieren. Es lag nicht daran, dass sie nicht wusste, wie man lächelt; sie konnte sehr wohl lächeln, wenn man sie lange genug vorwarnte, aber sie verabscheute es eindeutig, Leute anzulächeln, die es eigentlich verdient hatten, mit der Serviette links und rechts was um die Ohren zu kriegen. Sie verabscheute es auch, Teller abzuräumen, die nicht abgegessen waren. Ständig musste sie empörte Kommentare unterdrücken, etwa: »Warum schaufeln Sie sich so viel auf den Teller, wenn Sie ohnehin nicht vorhaben, es aufzuessen?« oder »Jetzt sehen Sie sich das an, Sie haben mehr als die Hälfte übrig gelassen, dabei kostet das über einen Dollar pro Pfund« oder »Natürlich ist es kalt, aber nur deshalb, weil Sie die ganze Zeit mit der jungen Dame gegenüber gefüßelt und sich nicht auf Ihr Essen konzentriert haben« und wenn alle Stricke rissen: »Wissen Sie, es gibt so viele arme Kinder in Klatsch …« – das war ein Spruch von ihrer Mutter, von dem sie allerdings irgendeinen wichtigen Teil vergessen hatte.
    Ich verabscheue nun mal Verschwendung, dachte sie bei sich, als sie durch den steinernen Korridor zur Nachtküche ging. Wenn man sich in seiner Küche auskennt – und wenn die Gäste den Anstand besäßen, ihre Teller vernünftig zu beladen –, muss es überhaupt keine Verschwendung geben! Sie wusste, dass sie mit sich selbst argumentierte. Ab und zu zog sie die Titelseite der Times aus der Tasche und schaute wieder darauf. Es war alles wirklich passiert, sie hielt den Beweis in Händen. Komisch war allerdings, dass jeden Tag etwas passierte, das so wichtig war, dass es auf die Titelseite der Zeitung kam. Es war noch nie vorgekommen, dass sie die Zeitung gekauft und darauf einen kleinen Vermerk erblickt hätte, der besagte: »Leider ist gestern nicht viel passiert.« Und schon morgen würde man, so herrlich dieses Bild auch war, Fisch und Chips darin einwickeln, und alle hatten es längst vergessen. Damit wäre sie eine riesige Sorge los.
    Jemand hüstelte verhalten. Sie erkannte das Hüsteln sofort als Nutts Hüsteln, der das höflichste Hüsteln hatte, das man sich vorstellen kann. »Ja, Nutt?«
    »Meister Trev hat mich mit diesem Brief für Fräulein Juliet hergeschickt, Fräulein Glenda«, sagte Nutt, der allem Anschein nach hier an der Treppe auf sie gewartet hatte. Er streckte den Brief von sich, als handelte es sich um ein zweischneidiges Schwert.
    »Sie ist noch nicht hier, tut mir leid«, sagte Glenda, als Nutt ihr die Treppe hinauffolgte, »aber ich lege ihn dort drüben auf ihr Regal, da findet sie ihn bestimmt gleich.« Sie schaute Nutt an und sah, dass sein Blick fest auf die Regale mit den Pasteten geheftet war. »Ach, und ich glaube, ich habe eine Apfelpastete mehr gemacht, als bestellt war. Ob du mir vielleicht dabei helfen könntest, sie irgendwie aus der Küche zu entfernen?«
    Er lächelte sie dankbar an, nahm die Pastete und ging eilig davon.
    Als sie wieder allein war, warf Glenda einen Blick auf den Umschlag. Er war von der allerbilligsten Sorte, die aussah, als hätte man sie aus recyceltem Klopapier gemacht. Und irgendwie schien er ein bisschen größer geworden zu sein.
    Auf unerklärliche Weise fiel ihr plötzlich ein, dass die Gummierung auf diesen Umschlägen so schlecht war, dass man sie am allerbesten dann zuklebte, wenn man einen sehr starken Schnupfen hatte. Andernfalls konnte jeder den Brief einfach öffnen, ihn lesen und ihn anschließend, ohne dass jemals irgendjemand etwas davon erfahren würde, mit ein wenig Ohrenschmalz wieder verschließen.
    Aber so etwas tat man einfach nicht.
    Glenda musste mindestens fünfzehn Mal daran denken, ehe Juliet in die Nachtküche spaziert kam,

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