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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ihre Jacke an den Haken hängte und sich ihre Schürze umband. »Im Bus war ein Mann, der hat die Zeitung gelesen, und da war ein Bild von mir vorne drauf«, sagte sie aufgeregt.
    Glenda nickte und reichte Juliet ihr Exemplar.
    »Ja, ich glaube, das bin ich«, sagte Juliet mit leicht schräg gelegtem Kopf. »Was machen wir jetzt?«
    »Den verdammten Brief aufmachen«, rief Glenda.
    »Was?«, fragte Juliet.
    »Äh, ach so, ja, Trev hat dir einen Brief geschickt«, sagte Glenda, nahm ihn vom Regal und streckte ihn Juliet hin. »Warum liest du ihn nicht gleich?«
    »Ach, wahrscheinlich steht da sowieso nur dummes Zeug drin.«
    »Nein! Warum liest du ihn nicht einfach gleich? Ich habe nicht versucht, ihn aufzumachen!«
    Juliet nahm den Umschlag. Er ging mehr oder weniger von alleine auf. So gut wie überhaupt keine Gummierung!, dachte Glendas böse Seite. Den hätte ich einfach aufklappen können!
    »Ich kann nicht lesen, wenn du so dicht neben mir stehst«, sagte Juliet. Nachdem sich ihre Lippen eine Weile bewegt hatten, sagte sie: »Ich versteh das nicht. Lauter lange Wörter, aber eine sehr hübsche und verschnörkelte Handschrift. An einer Stelle steht was davon, dass ich aussehe wie ein Sommertag. Was soll das alles?« Sie drückte Glenda den Brief in die Hand. »Kannst du ihn für mich lesen, Glendy? Du weißt doch, dass ich nicht so gut mit komplizierten Wörtern bin.«
    »Eigentlich bin ich ziemlich beschäftigt«, sagte Glenda. »Aber wenn du schon fragst.«
    »Das ist der erste Brief, den ich kriege, der nicht in Großbuchstaben geschrieben ist«, sagte Juliet.
    Glenda setzte sich und fing an zu lesen. Plötzlich trug die lebenslange Lektüre von Liebesromanen, die sogar sie als schlecht bezeichnet hätte, reife Früchte. Es las sich so, als hätte jemand den Gedichthahn aufgedreht und wäre dann völlig in Gedanken in Urlaub gefahren. Trotzdem waren es wunderschöne Worte, daran bestand kein Zweifel. Beispielsweise das Wort Galan, das war ein eindeutiges Zeichen, außerdem stand da jede Menge über Blumen und noch mehr Ausdrücke, die nach Flehen und Bitten aussahen, verpackt in kunstvolle Buchstaben, und nach einer Weile zog sie ihr Taschentuch hervor und wedelte sich damit Luft zu.
    »Und? Worum geht’s jetzt?«, wollte Juliet wissen.
    Glenda seufzte. Wo sollte sie anfangen? Wie sollte sie mit Juliet über in eine wundervoll verschnörkelte Handschrift verpackte Gleichnisse und Metaphern und dichterische Freiheit reden?
    Sie versuchte ihr Bestes. »Aaalso, im Grunde steht hier, dass er wirklich ganz doll für dich schwärmt und dich richtig prima findet, außerdem bittet er dich um ein Rendezvous, aber ohne Techtelgemechtel und Dummheiten, das verspricht er. Und dann stehen da noch drei kleine x drunter.«
    Juliet fing an zu weinen. »Das ist so süüüß. Stell dir mal vor, da setzt er sich hin und schreibt diese vielen tollen Worte für mich hin. Richtige Poesie, extra für mich. Das lege ich mir zum Schlafen unters Kopfkissen.«
    »Ja, ich glaube, so etwas in der Art hatte er im Sinn«, sagte Glenda und dachte bei sich: Trev Likely – ein Dichter? Das ist alles anders als wahrscheinlich.
     
    Pepe verspürte einen grässlichen Druck auf der Blase, dabei steckte er ziemlich in der Klemme, falls das keine allzu beleidigende Beschreibung des Umstands ist, dass er zwischen Madame und einer Wand lag. Sie schlief noch. Sie schnarchte überwältigend, wobei sie das traditionelle mehrstimmige Schnarchen anwandte, das denjenigen, die das Glück haben, ihm jede Nacht zu lauschen, als die »Hrrchch, Hrrchch, Hrrchch, Fschrnorrtfff!-Sinfonie« bekannt ist. Außerdem lag sie auf seinem Bein. Es war stockdunkel im Zimmer. Er schaffte es, sein Bein, das selbst halb eingeschlafen war, unter ihr herauszuziehen, dann machte er sich auf die wohlbekannte Suche nach Porzellan, die damit begann, dass er den Fuß auf eine leere Champagnerflasche setzte, die wegrutschte und ihn flach auf den Rücken fallen ließ. Er tastete nach ihr, fand sie, überprüfte gewissenhaft, ob sie auch wirklich ganz leer war – schließlich konnte man nie wissen –, und dann füllte er sie gewissermaßen gleich wieder und stellte sie auf etwas, das wahrscheinlich ein Tisch war, in seiner Vorstellung und der Dunkelheit jedoch ebenso gut ein Gürteltier hätte sein können.
    Es gab noch ein Geräusch, das mit Madames virtuoser Darbietung synkopierte. Vermutlich hatte ihn dieses Geräusch geweckt. Tastend fand er seine Unterhose, und nach nur drei

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