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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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…«, setzte Trev an, verstummte aber sogleich wieder, als er sich an das Messer in seiner Jacke erinnerte. »Ehrlich, Nutt, du bist echt ’ne Marke, aber echt.«
    »Ja«, sagte Nutt. »Allmählich komme ich auch zu diesem Schluss.«
     
    KUCKUCK!
     
    Das Wort sprang einem in fetten Großbuchstaben von der Titelseite der Times ins Gesicht, gleich neben einem großen Foto der den Leser direkt anlächelnden Juliet in schimmernder Mikro-Kette. Glenda, die geschlagene fünfzehn Sekunden in der Bewegung, eine Scheibe Toast zum Mund zu führen, erstarrt war, biss endlich ab.
    Dann blinzelte sie, ließ den Toast fallen und las:
     
    Das geheimnisvolle Model »Jewels« war gestern der gefeierte Höhepunkt einer atemberaubenden Modenschau bei Shissa, wo es wie die Personifizierung von Mikro-Kette auftrat, dem bemerkenswerten neuen Metall-»Stoff«, über den in den vergangenen Monaten schon so viel gemunkelt wurde, und der, wie Jewels bestätigt, »überhaupt nicht scheuert«. Sie plauderte fröhlich und mit gewinnender Bodenständigkeit mit den anwesenden Würdenträgern, zu denen, da ist sich der Schreiber dieser Zeilen sicher, noch nie zuvor jemand »Kuckuck« gesagt hat. Die Gäste schienen die Erfahrung erfrischend und absolut »scheuerfrei« gefunden zu haben …
     
    An dieser Stelle hörte Glenda auf zu lesen, weil die Frage »Wie viel Ärger haben wir uns damit eingebrockt?« nach und nach ihren ganzen Kopf ausfüllte. Aber es gab überhaupt keinen Ärger, oder? Es würde auch keinen Ärger geben, oder? Das war völlig unmöglich. Wer würde schon auf den Gedanken kommen, dass die Schönheit mit dem silbernen Bart, eine Erscheinung wie eine Göttin der Schmieden dieser Welt, in Wirklichkeit die Gehilfin einer Köchin war? Und zum anderen gab es Ärger nur dann, wenn ihn jemand verursachte, in welchem Falle sich derjenige an Glenda wenden musste, und dann würde sich Glenda mit ihm beschäftigen, und zwar unverzüglich. Weil Jools wunderbar war. Sie musste es zugeben. Das Mädchen ließ die ganze Zeitungsseite wie ein Sonnenstrahl aufleuchten, und mit einem Mal sah Glenda es deutlich vor sich: Es wäre ein Verbrechen, all diese Anmut und Schönheit in einem Keller zu verstecken. Was spielte es für eine Rolle, dass ihr Vokabular nicht mehr als siebenhundert Wörter umfasste? Es gab mehr als genug Leute, die mit Wörtern bis obenhin vollgestopft waren, aber wer wollte die schon auf der Titelseite sehen? Wie auch immer, dachte sie, als sie sich ihre Jacke überwarf, es wäre ja in jedem Fall nicht mehr als ein Neun-Minuten-Wunder, und abgesehen davon, sagte sie sich weiter, würde ohnehin niemand Juliet erkennen. Schließlich trug sie einen Bart, und das war erstaunlich, denn eigentlich konnte eine Frau mit Bart überhaupt nicht attraktiv aussehen, aber es funktionierte. Stell dir nur mal vor, wenn das Schule macht! Da brauchte man beim Friseur doppelt so lange. Irgendjemand sollte sich darüber mal Gedanken machen, dachte sie.
    Aus dem Haus der Stollops drang kein Geräusch nach draußen. Das wunderte sie nicht. Das Konzept Pünktlichkeit war Juliet schon immer eher fremd geblieben. Glenda flitzte nach nebenan, um nachzusehen, wie es der Witwe Dringlich ging, dann spazierte sie durch den Nieselregen in den sicheren Hafen der Nachtküche. Auf halbem Weg dorthin erinnerte sie ein fast schon vergessener Druck in ihrem Mieder an ihre Pflicht, und sie nahm allen Mut zusammen und betrat die Königliche Bank von Ankh-Morpork.
    Vor Angst und Trotz zitternd ging sie auf einen Angestellten hinter seinem Schalter zu, knallte die fünfzig warmen Dollar vor ihn hin und sagte: »Ich möchte ein Bankkonto eröffnen, klar?« Fünf Minuten später ging sie im Besitz eines glänzenden Sparbuches und der erfreulichen Erinnerung daran, dass ein piekfein aussehender Mann hinter einem piekfeinen Schalter in einem piekfeinen Gebäude sie »gnädige Frau« genannt hatte, wieder hinaus; an diesem Gefühl wollte sie sich so lange erfreuen, bis es gegen die Wirklichkeit prallte, in der die gnädige Frau die Ärmel aufkrempeln und sich an die Arbeit machen musste.
    Es gab viel zu tun. Sie machte ihre Pasteten immer mindestens einen Tag im Voraus, damit sie durchziehen konnten, und Herrn Nutts Heißhunger in der vergangenen Nacht hatte eine große Lücke in ihre Vorratshaltung gerissen. Wenigstens würde sich die Nachfrage nach Pasteten am kommenden Abend in Grenzen halten. Nach einem Bankett verlangten nicht einmal die Zauberer nach einer

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