Der Coach
Zeit im College vertändelte, während die NFL auf ihn wartete. Er hatte noch die Tech’s-Fans an diesem Tag im Ohr, fünfundsiebzigtausend Menschen, die nach einem Sieg verlangten, voller Stolz auf ihr ungeschlagenes Team, voller Begeisterung darüber, zum ersten Mal seit vielen Jahren einen waschechten All-American als Quarterback zu haben.
Plötzlich sehnte er sich nach diesen Tagen zurück.
»Schönes Foto«, stieß er hervor und gab es dem Inhaber zurück. Der nahm es und hängte es an einen Nagel unter dem größeren Foto von Neely.
»Lass uns von hier verschwinden«, sagte Neely und wischte sich den Mund ab. Er legte etwas Geld auf den Tisch, und sie machten sich rasch auf den Weg Richtung Tür. Er nickte den Stammgästen zu, lächelte sie an und gelangte nach draußen, ohne dass man ihn aufhielt.
»Warum bist du diesen Leuten gegenüber eigentlich so angespannt?«, fragte Paul, als sie draußen waren.
»Ich will eben nicht über Football reden, verstehst du? Ich will nicht hören, wie toll ich war.«
Sie fuhren durch die stillen Straßen um den Stadtplatz herum, kamen an der Kirche vorbei, in der Neely getauft worden war, an der Kirche, in der Paul geheiratet hatte, und an dem hübschen, geräumigen Haus, in dem Neely vom achten Lebensjahr an gewohnt hatte, bis er aufs College gegangen war. Seine Eltern hatten es an einen Vollblut-Yankee verkauft, den es als Leiter der Papierfabrik im Westen der Stadt hierher verschlagen hatte. Sie fuhren an Rakes Haus vorbei, ganz langsam, als könnten sie die letzten Neuigkeiten aufschnappen, indem sie die Straße entlangrollten. In der Einfahrt standen unzählige Autos, die meisten hatten Nummernschilder anderer Bundesstaaten. Sie gehörten sicher Rakes Familienangehörigen und engsten Freunden. Dann kamen sie an dem Park vorbei, in dem sie als Kinder LittleLeague-Baseball und Pop-Warner-Football gespielt hatten.
Und sie erinnerten sich an viele Geschichten. Eine davon, die in Messina zur Legende geworden war, drehte sich natürlich um Rake. Neely und Paul waren mit ein paar Freunden bei einem wilden Football-Spiel über den Sandplatz getobt, als ihnen plötzlich ein Mann auffiel, der ein Stück entfernt am Fangzaun des Baseball-Felds stand und sie aufmerksam beobachtete. Als das Spiel zu Ende war, kam er zu ihnen herüber und stellte sich als Coach Eddie Rake vor. Die Kinder waren sprachlos. »Du hast einen guten Arm, Junge«, sagte er zu Neely, der seinerseits kein Wort herausbrachte. »Deine Füße gefallen mir auch.«
Die Jungen starrten auf Neelys Füße.
»Ist deine Mutter genauso groß wie dein Vater?«, fragte Coach Rake.
»Fast«, hauchte Neely.
»Schön. Du wirst mal ein guter Quarterback bei den Spartans.« Rake lächelte die Jungen an und ging davon.
Neely war damals elf Jahre alt gewesen.
Sie hielten vor dem Friedhof.
Die Saison 1992 war in Messina mit großer Sorge erwartet worden. Im Jahr zuvor hatte das Team drei Spiele verloren, eine wahre Katastrophe für die Stadt, und die Leute saßen missmutig über den Brötchen im Renfrow, dem zähen Mittagshähnchen im Rotary Club und dem billigen Bier in den Spelunken im Umland. Zu allem Überfluss waren nur wenige Spieler aus der Abschlussklasse dabei gewesen – immer ein schlechtes Zeichen. Machten schwache Spieler ihren Abschluss, wurde das mit Erleichterung aufgenommen.
Falls Rake sich unter Druck gesetzt fühlte, ließ er sich das nicht anmerken. Er trainierte die Spartans damals seit über drei Jahrzehnten und hatte bereits alles erlebt. Den letzten Meistertitel, den dreizehnten, hatte er 1987 errungen, die Leute darbten also erst seit vier Jahren. Sie hatten schon Schlimmeres durchgemacht. Sie waren verwöhnt und wollten hundert Siege am Stück, aber nach vierunddreißig Jahren war es Rake gleichgültig, was sie wollten.
Das Team von 1992 war nicht sonderlich begabt, das wussten alle. Randy Jaeger war der einzige Star. Als Cornerback und Wide Receiver fing er jeden Ball, den der Quarterback in seine Richtung warf – doch das waren leider nicht allzu viele.
In einer Kleinstadt wie Messina tauchten die großen Talente zyklisch auf. In Zeiten des Aufschwungs, wie 1987 mit Neely, Silo, Paul, Alonzo Taylor und vier unbarmherzigen Holzfällern in der Defense, wurden gleichmäßig hohe Punktestände erzielt. Doch Rakes Genie kam auch bei kleineren und langsameren Spielern zur Geltung. Selbst mit schwächeren Talenten erzielte er viele Punkte – allerdings ließ er die Schwächeren sehr viel
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