Der Coach
Minute und vierzig Sekunden. Sie liegen 28:31 zurück. Crenshaw hat zwei Timeouts genommen und nicht einen einzigen Pass geworfen.
Paul: »Mit gebrochenem Handgelenk geht das auch schlecht.«
Das ganze Spartan-Team hat sich jetzt an der Seitenlinie im Huddle zusammengefunden, und es sieht aus, als würden sie beten.
Mal kam langsam die Stufen herauf. Von seiner gewohnten Zielstrebigkeit und seinen flotten Sprüchen war nichts mehr zu spüren. Nat drückte die Stopp-Taste, und es wurde still auf der Tribüne.
»Jungs«, sagte Mal leise. »Der Coach ist von uns gegangen.«
Aus der Dunkelheit tauchte Rabbit auf und lief mit großen Schritten die Tartanbahn entlang. Sie beobachteten, wie er hinter der Anzeigetafel verschwand. Kurze Zeit später erloschen die Lichter am Südwestmast.
Das Rake Field lag im Dunkeln.
Die meisten Spartans, die schweigend auf der Tribüne saßen, kannten Messina nicht ohne Eddie Rake. Die anderen waren sehr jung gewesen, als er mit achtundzwanzig in die Stadt gekommen war, ein unbekannter und unerfahrener Football-Coach. Trotzdem hatten auch sie das Gefühl, er wäre schon immer da gewesen. Schließlich war Messina vor Rake nichts weiter gewesen als eine unbedeutende, unbekannte Kleinstadt.
Nun war das Warten vorbei, die Lichter waren erloschen.
Obwohl sie gewusst hatten, dass sein Tod unmittelbar bevorstand, traf Mals Nachricht sie wie ein Schlag. Jeder Spartan versank für kurze Zeit in eigenen Erinnerungen. Silo stellte die Bierflasche ab und trommelte sich mit den Fingern gegen die Schläfen. Paul Curry stützte die Ellbogen auf die Knie und starrte auf das Feld hinunter, auf einen Punkt an der Fünfzig-Yard-Linie. Dort hatte der Coach früher immer gestanden, gewettert und getobt, und wenn ein Spiel nicht gut gelaufen war, hatte sich niemand in seine Nähe getraut. Neely sah Rake vor seinem inneren Auge in seinem Krankenzimmer stehen, die grüne Messina-Kappe in der Hand, hörte ihn leise auf seinen ehemaligen All-American einreden, voller Sorge um dessen Knie und Zukunft. Und er hörte, wie Rake versuchte, sich zu entschuldigen.
Nat Sawyer biss sich auf die Lippen, und seine Augen wurden feucht. Ihm war Eddie Rake vor allem nach seiner Football-Zeit ans Herz gewachsen. Gut, dass es dunkel ist, dachte er, obwohl er wusste, dass er nicht der Einzige war, der Tränen vergoss.
Von der anderen Seite des kleinen Tals, aus der Stadt, erklangen leise Kirchenglocken. Die Stadt Messina hatte erfahren, wovor sie sich am meisten gefürchtet hatte.
Blanchard Teague sprach als Erster wieder. »Ich würde dieses Spiel trotzdem gern zu Ende bringen. Schließlich warten wir seit fünfzehn Jahren darauf.«
Paul: »Wir sind Flood-Right gelaufen. Alonzo hat sechs oder sieben Yards gutgemacht und es bis ins Seitenaus geschafft.«
Silo: »Er hätte sogar gepunktet, aber Vatrano hat einen Block gegen einen Linebacker verfehlt. Ich hab ihn wissen lassen, dass ich ihn in der Umkleide eigenhändig kastriere, wenn ihm so was nochmal passiert.«
Paul: »East Pike hatte alle Spieler an der Anspiellinie. Ich hab Neely immer wieder gefragt, ob er nicht doch werfen kann, und sei es nur ein kleiner Jumper über die Mitte, irgendwas, um die Rückraumverteidigung aufzubrechen.«
Neely: »Ich konnte den Ball ja kaum halten.«
Paul: »Beim Zweiten Versuch haben wir einen Sweep nach links gespielt …«
Neely: »Nein, beim Zweiten Versuch haben wir drei Receiver von außen tief in die gegnerische Hälfte geschickt, ich bin zurückgelaufen, hab einen Pass angetäuscht, den Ball dann aber behalten und bin losgerannt. Ich habe sechzehn Yards geschafft, bin aber nicht mehr bis ins Seitenaus gekommen. Devon Bond hat mich noch mal gehittet, und ich dachte, jetzt bin ich tot.«
Couch: »Das weiß ich noch genau. Aber er ist auch ziemlich langsam wieder aufgestanden.«
Neely: »Um ihn hab ich mir in dem Moment keine Sorgen gemacht.«
Paul: »Der Ball war an der Vierzig, und wir hatten noch etwa eine Minute zu spielen. Sind wir dann nicht noch einen Sweep gelaufen?«
Nat: »Doch, nach links. Fast noch ein Erster Versuch, und Alonzo hat es bis ins Aus geschafft, direkt vor unsere Bank.«
Neely: »Dann haben wir’s nochmal mit dem Option-Pass versucht. Alonzo hat den Ball einfach ins Leere geworfen, und das wäre beinahe eine Interception geworden.«
Nat: »Es war eine Interception, aber der Safety stand mit einem Fuß im Seitenaus.«
Silo: »Da hab ich zu dir gesagt: ›Keine Pässe mehr von
Weitere Kostenlose Bücher