Der Code des Luzifer
und schnitt das Klebeband durch, dann trat er zurück und beobachtete Bobby, der seinen Kopf über den Motor beugte.
»Ich brauch hier drin auch Licht. Macht schon, Leute.«
Der Mann mit dem Messer nickte einem anderen zu, und der fand vorne im Bus eine Taschenlampe und stellte sich damit dicht neben Bobby und leuchtete in den Motorraum. Die anderen Männer blieben in ihren Autos sitzen. Wenn zu viele Leuteim Freien herumliefen, konnte das unnötig Aufmerksamkeit erregen; ein liegen gebliebener Bus, um den sich zwei Männer kümmerten, war weniger auffällig.
Einer der Gangster zerrte Sayid auf die Beine. Sein Fuß tat weh und er humpelte. Der Mann lockerte seinen Griff. »Tragen werde ich dich nicht, also los, beeil dich.«
Sayid humpelte auf die Toiletten zu und schaute sich die Reihe der Autos, den schwarzen Teerstreifen des Parkplatzes und die gelb schimmernden Autobahnlampen an. Viel Verkehr war nicht, aber es gab eine Mittelleitplanke zwischen den Fahrbahnen. Dahinter, auf der anderen Seite der Fahrbahn in Gegenrichtung, verlor sich das Gelände in der Dunkelheit. Dahin würde Bobby rennen, da war sich Sayid sicher.
Er sah nach hinten zu den anderen Autos. Die Entführer hatten Peaches rausgelassen, damit sie sich die Beine vertreten konnte. Sie hatte Jeans und eine Skijacke an und hielt die Arme zum Schutz vor der feuchten Kälte um den Oberkörper geschlungen. Vor Kälte oder Angst? Sayid blieb stehen, lehnte sich an einen Tisch, um seinem Bein Erleichterung zu verschaffen. Sein Bewacher war nur ein paar Schritte entfernt. Würde Peaches auch loslaufen, wenn sie sah, dass Bobby es versuchte? Zu dritt konnten sie vielleicht ein Auto anhalten oder wenigstens so viel Aufmerksamkeit erregen, dass jemand Alarm schlug.
Könnte er doch bloß ihren Blick auf sich lenken! Er würde einfach nicken. Ein simples Nicken und ein Lächeln. Damit sie wusste, sie brauchte keine Angst zu haben.
Jedenfalls nicht so viel Angst wie er.
Angst. Flucht oder Kampf? Halte stand und besinn dich auf deine eigenen Kräfte. Vertreibe die Panik. Bete – das war die beste Möglichkeit. Farentino hatte soeben einen neuen Glauben entdeckt und gab sich insgeheim das Versprechen, dass er seine Mutter besuchen, einer Wohltätigkeitsorganisation einen großen Betrag spenden und nie wieder so dumm sein würde, etwas so Verrücktes zu tun, wie es dieser Tischenko von ihm verlangte.
Das Zimmer war groß und angenehm möbliert, wie ein altes Landhotel. Ein Einzelbett, neben dem eine Tür ins Bad führte, ein Schreibtisch, mit Papieren und Notizbüchern übersät. Durch eine Terrassentür sah man auf die Parklandschaft des Gartens, soweit es das von einer Mauer umschlossene Gelände erlaubte.
Tom Gordon saß auf einem Balkonstuhl. Er war auf eine Art gekleidet, wie Farentino ihn schon oft gesehen hatte: beige Hose, langärmeliges, schweres Baumwollhemd und Stiefel. Die kühle Luft schien ihm nicht einmal jetzt etwas auszumachen. Farentino rührte sich nicht, denn Tom Gordon sah weiter unverwandt geradeaus. Dann sah er ihn an. Das war der Augenblick des Erkennens, in dem Gordon sich auf ihn stürzen würde wie ein von der Leine gelassenes Tier. Nicht einmal der große, kräftige Mann neben ihm wäre dann schnell genug, um zu verhindern, dass hier jemand ernsthaft verletzt wurde.
Tom Gordon stand auf und kam die paar Schritte auf ihn zu. Er streckte die Hand aus. »Mister Aldo, ich hoffe, Sie können mir verzeihen, aber ich erinnere mich nicht, für welche Zeitung Sie arbeiten.«
Sofort verdoppelte Angelo Farentino im Stillen die Summe, die er spenden wollte. Die Erleichterung fegte fürs Erste alle Zweifel und Ängste hinweg.
Farentino setzte sich neben Tom Gordon auf die Terrasse und sah ihm in die Augen, suchte nach einem Zeichen des Erkennens, und sei es noch so flüchtig. »Erinnern Sie sich an mich, Tom?«
Tom Gordon überlegte einen Augenblick. Der Mann kam ihm bekannt vor. Ja, er kannte ihn. Aber woher und von wann? Er schüttelte den Kopf. »Entschuldigen Sie bitte, Mister Aldo, mein Gedächtnis spielt mir einen Streich.«
»Das macht doch nichts. Wir haben einmal zusammengearbeitet.« Es versetzte Farentino einen Stich, als er seine Worte hörte. »Wir waren gute Freunde.«
Er schaute den Mann an, dem er sich einmal so nahe gefühlt hatte wie einem Bruder, der dann aber zu seinem Feind geworden war, den er erbittert bekämpfte. Und das alles, weil einmal eine Frau zwischen ihnen gestanden hatte.
Tom Gordon nickte. »Ich
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