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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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fettreiche Brocken Seehundfleisch zuwarfen, war mit Gitterstäben gesichert. Die übrigen Wände waren aus Eis.
    Das knapp über null Grad kalte Wasser aus der Rinne lief in eine Senke, bevor es seinen Weg fortsetzte – ideal für eins der furchterregendsten Tiere aus dem hohen Norden. Der Eisbär hob den Kopf aus den Fluten und sah Tischenko an. Rings um sich Wasser verspritzend, stieg er aus der Senke heraus und richtete sich zu voller Größe auf.
    Tischenko maß ihn mit Blicken. Der Bär war prachtvoll. Über drei Meter groß, sechshundert Kilogramm schwer. Gewaltige Kräfte und ein Jagdgespür, das seinesgleichen suchte. Majestätisch. Wenn man die DNA eines solchen Jägers der Wildnis mit der Intelligenz eines Menschen kombinierte – was für ein Wesen mochte aus dieser genetischen Verbindung hervorgehen?
    Durch den Klimawandel schmolz das Eis, das die Bären brauchten, in den Weiten der Arktis jedes Jahr ein wenig mehr. Ihre Nahrungsreservoire wurden kleiner und ihre Aggression den Menschen gegenüber nahm zu. Tischenko hatte ein kleines Vermögen dafür ausgegeben, ihn fangen und hierherbringen zu lassen. Es war das größte und aggressivste Männchen, das sie finden konnten. Seine DNA hatte man dem Bären schon entnommen. Er würde das letzte Tier sein, das Tischenko jagte, bevor … Der Gedanke an morgen ließ ihn innehalten. Morgen war der große Tag, gewaltiger und Furcht einflößender als alles bisher Dagewesene.
    Sein Handy klingelte.
    Der Hai war zurück.
     
    Max kletterte um etwas herum, das wie ein großer, breiter Eingang am Fuß des Berges aussah, und während er sich an dem Hang nach oben kämpfte, sah er unter sich den Geländewagen des Hais vorbeifahren und wieder außer Sichtweite verschwinden. Es war richtig gewesen, das Boot zu stehlen, sagte er sich. Der Hai war offenbar im Verkehr stecken geblieben.
    Max betrachtete die abweisenden Berge. Die fast senkrecht abfallende Wand nördlich von ihm hatte einige Risse. Diese kälteste und dunkelste Seite, von Schnee und Eis verkrustet, ließ sich nicht leicht besteigen. Doch Max erspähte eine Felsspalte, die es ihm ermöglichen würde, sich langsam zu einem der schornsteinähnlichen Trichter vorzuarbeiten. Von allen Schluchten und Scharten war nur bei einer der Rand nicht mit Schnee oder Eis bedeckt. Warme Luft stieg von irgendwo auf. Da musste eine Öffnung sein. Das war Max’ Weg in den Berg. Überleg dir vorher ganz genau, wohin du gehst. Max betrachtete die Route, sah sich an, wie er steigen konnte, suchte sich Haltepunkte für Füße und Hände.
    Er brauchte fast eine Stunde, um die tückische Bergwand zu überwinden. Während er sich langsam hinaufmühte, sah er, wie die Sonne in der Ferne hinter der Gipfelkette verschwand. Ein von Norden her kommendes Donnergrollen kündigte das Nahen eines Sturms an. Der war noch mindestens achtzig, neunzig Kilometer entfernt, aber falls er sich schnell nähern würde, war das hier der letzte Ort, an dem Max sein wollte. Eine Gletscherspalte an einem Berghang, da schlugen Blitze besonders gern ein.
    Max quetschte sich in den Kamin hinein, seine Stirnlampe warf ihr Licht bis ein paar Meter unterhalb seiner Füße. Der schartige Fels teilte sich etwa zehn Meter weiter unten. Max mobilisierte alle Kräfte in Beinen und Armen und stieg langsamab. Die Lampe durchdrang das Dunkel nicht, doch er wusste, dass er sich richtig entschieden hatte. Aus einem Spalt zu seiner Linken – zu schmal, um hindurchzuklettern – drang unverkennbar Tiergeruch, wie im Zoo, stechend und scharf. Max hörte nichts, aber jedenfalls musste Luft von dort aufgestiegen sein und den Kamin erwärmt haben. Der Tunnel rechts unterhalb seiner Füße war breiter, vielleicht konnte er sich dort hineinquetschen, allerdings sah er an der Stelle undeutlich auch einen Widerschein von Eis. Eine Eisspalte konnte man ohne Ausrüstung nicht hinabsteigen. Was tun? Wieder raufklettern? Nein. Unmöglich. Irgendwie würde er auf der Eisbahn schon runterkommen.
    Max stemmte sich mit den Beinen gegen ein Stück Felsen, nahm seinen Rucksack herunter und suchte nach einem kleinen Plastikbehälter, nicht größer als eine Streichholzschachtel, den er unter einen Klettverschluss gesteckt hatte. Der Fels bohrte sich mit scharfen Spitzen in seine Knie, Schweiß lief ihm in die Augen, und wenn er von seiner dürftigen Fußstütze abrutschte, würde er in den engen Schacht stürzen und sich die Beine zerschmettern. Und bei dem Schock, Schmerz und Blutverlust,

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