Der Code des Luzifer
schon allzu großen Gefahren ausgesetzt.
»Ja, du hast Recht. Okay. Ich bring dich zum Flughafen.«
Sayid unterbrach ihn. »Nein, Max, du musst verschwinden. Du kannst nicht zum Flughafen mitkommen. Der wird garantiert überwacht. Mach es nicht so kompliziert. Die Komtess kann mir ein Taxi bestellen. Es geht nicht anders, wir müssen uns trennen.«
Max zurrte seinen Rucksack zu und reichte seinem Freunddie Hand. Die Jungen umarmten einander. Beiden fiel die Trennung nicht leicht.
»Geh mal meinen Dad besuchen. Sag ihm, ich schaff das schon. Wenn du zu Hause angekommen bist, sprich mir was auf meine Mailbox. Irgendwas, sagen wir über Flugunterricht, dann weiß ich, dass du gut angekommen bist. Und falls sie dich in England hochnehmen und nach mir ausfragen, erzähl ihnen alles, bloß nicht die Sache mit Marokko. Vielleicht kann ich das als Alibi brauchen, wenn ich noch mal nach Frankreich zurückmuss.«
»Du willst nach Frankreich zurück? Warum? Spinnst du?«
Max lächelte und legte seinem Freund einen Arm um die Schulter. Wenn er erst einmal herausgefunden hatte, ob Zabala tatsächlich eine Spur nach Marokko gelegt hatte, würde er die dritte Seite des Dreiecks in Angriff nehmen, die über die französischen Alpen in die Schweiz zeigte. »Darüber will ich jetzt lieber nichts sagen. Du weißt jetzt schon mehr als jeder andere. Gehen wir.«
Die Komtess hatte ihnen Baguettes mit Käse und Pastete, Obst und Wasser eingepackt und erfolglos versucht, ihnen ein paar zerknitterte Euro-Scheine, die sie in einem leeren Marmeladenglas gehortet hatte, in die Hand zu drücken.
Das Taxi kam. Die Komtess ging mit zum Tor, um ihren »Austauschschüler« zu verabschieden und dem Fahrer einzuschärfen, er solle den Jungen sicher am Abflugschalter des Flughafens von Biarritz abliefern. Sie schob ihm die gefalteten Scheine in die Hand. »Er ist noch so klein, kümmern Sie sich um ihn. Ich gebe Ihnen viel Geld dafür.«
Sayid drehte sich noch einmal um, als das Taxi um die Ecke bog. Er winkte der Komtess zu, aber sein Blick ging nach oben zu dem Fenster, wo Max stand. Er nahm Abschied von seinemFreund, ohne zu wissen, wann er ihn wiedersehen würde. Sein Gewissen plagte ihn, denn er malte sich aus, wie Max gejagt wurde und um sein Leben kämpfen musste. Seine hartnäckige Entschlossenheit konnte einem manchmal richtig Angst machen. Was ihn dazu trieb, immer wieder so große Gefahren auf sich zu nehmen, konnte Sayid einfach nicht verstehen. Aber wenn er ihn nach Marokko begleitet hätte, hätte er mit seiner Verletzung die Gefahr für Max nur noch erhöht.
Sayid würde nach Hause fliegen, Max’ Vater aufsuchen und ihm alles erklären – der würde wissen, was zu tun war.
Und dann würde er auf den Anruf seines Freundes warten.
»Ich habe Bobbys Handy in seinem Zimmer gelassen, Komtess. Ich kann damit nichts anfangen, der Akku ist leer. Wenn er zurückkommt, soll er nicht denken, er hätte mich im Stich gelassen. Richten Sie ihm aus, es ist alles in Ordnung zwischen uns. Ich möchte, dass wir Freunde bleiben«, sagte Max.
»Das sage ich ihm, und ich werde darauf bestehen, dass er dich sucht. Er ruft mich bestimmt bald an, das tut er immer.«
»Und denken Sie an meinen Vater. Rufen Sie ihn bitte für mich an, ja?«, schärfte Max ihr nochmals ein. Es waren die letzten Minuten, bevor er endgültig aufbrach.
Die Komtess lächelte ihn beruhigend an und ihre Stimme dämpfte seine Zweifel. »Selbstverständlich, sobald du gut von hier weggekommen bist.«
»Mein Vater, er ist … na ja, manchmal versteht er nicht alles, und er kann nicht jederzeit Anrufe entgegennehmen. Falls Sie jemand anderem eine Nachricht hinterlassen müssen, sagen Sie nicht zu viel, weil die Engländer sich dann womöglich verpflichtet fühlen, die Polizei zu benachrichtigen.«
»Ich werde mich kurzfassen. Diskret, aber deutlich genug.Man wird ihm das Nötige ausrichten, aber kein Wort mehr. Du musst dir keine Sorgen machen – höchstens um dich selbst. Sei vorsichtig. Und denk daran, was ich dir gesagt habe.«
Als sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte, sah sie zu Sophie hinüber und flüsterte: »Die Sache mit dem Vertrauen.«
Tischenkos Plan würde Max Gordon aus seinem Versteck aufscheuchen, davon war er überzeugt. Der Mörder wusste genau, wo der Mönch abgestürzt war, und diese Information hatte man an die Behörden weitergegeben. Wenn Max Gordon erst einmal im Gefängnis saß, war es ein Kinderspiel, ihn von dort zu entführen
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