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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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zurück, stakte dicht am überfluteten Wald vorbei und lauschte nach dem Moto r boot. Bald erreichten sie einen kleinen Seitenarm, der vom Hauptstrom abwich, und bogen ab.
    »Ich hab irgendwie das Gefühl, dass Leutnant Vespán gar nicht die Absicht hatte, uns nach San Pedro Sula zurückzubringen«, sagte Tom. »Ich glaube, er wollte uns aus dem Hubschrauber werfen. Hätte er das Ersatzteil nicht gebraucht, wären wir längst tot.«

19
     
    Vernon schaute zu dem riesigen Blätterbaldachin hinauf und merkte, wie die Nacht sich über den Meambar-Sumpf hinabsenkte. Mit ihr kamen das Surren der Insekten und der dampfende Verwesungsmief, der aus dem schauerl i chen endlosen Schlamm aufstieg, der sie umgab. Er trieb wie Giftgas zwischen den riesigen Baumstämmen her. I r gendwo aus den Tiefen des Sumpfes hörte er den fernen Schrei eines Tieres, dem das Gebrüll eines Jaguars folgte.
    Es war nun schon der zweite Abend, an dem sie kein trockenes Land fanden, auf dem sie lagern konnten. Deswegen hatten sie den Einbaum - in der Hoffnung, die Blätter könnten sie vor dem pausenlos fallenden Regen schützen - unter einen Hain gigantischer Bromeliaden vertäut. Doch auch sie hielten den Regen nicht auf; sie kanalisierten den ständigen Wasserstrom so, dass man ihm nicht entgehen konnte.
    Der Lehrer lag in eine feuchte Decke gewickelt am Boden des Einbaums im Regen und schmiegte sich an einen Stapel Ausrüstung. Er zitterte trotz der erstickenden Hitze. Vor seinem Gesicht war der sie in einen summenden Nebel hü l lende Moskitoschwarm besonders dicht. Vernon beobacht e te das Getier, wie es ihm über die Lippen und Augen kra b belte. Er hob die Hand und verschmierte noch mehr von dem chemischen Zeug auf seinem Gesicht, doch das Unte r fangen war hoffnungslos. Wenn der Regen es nicht a b wusch, dann eben der Schweiß.
    Vernon schaute auf. Ihre beiden Führer hockten am Bug des Bootes, spielten im Licht der Taschenlampe Karten und besoffen sich. Sie waren seit dem Beginn ihrer Reise nur selten nüchtern gewesen. Vernon war ziemlich bestürzt, als er bemerkt hatte, dass eines der 35-Liter-Kunststofffässer kein Trinkwasser enthielt, sondern schwarz gebrannten Aguardiente.
    Er beugte sich vor, schlang sich die Arme um die Schu l tern und wiegte sich hin und her. Es war noch nicht ganz dunkel. Die Nacht schien hier sehr langsam anzubrechen. In den Sümpfen sah man nichts vom Sonnenuntergang. Das Licht wurde zuerst grün, dann blau, dann violett und schließlich schwarz. Bei Morgengrauen war es umgekehrt. Selbst an sonnigen Tagen sah man keine Sonne, sondern nur dunkelgrüne Düsternis. Vernon sehnte sich verzweifelt nach ein wenig Licht und hätte gern frische Luft geatmet.
    Nach vier Tagen des Herumziehens durch die Sümpfe hatten die Führer endlich zugegeben, dass sie sich verirrt hatten, dass sie umkehren mussten. Also hatten sie gewe n det. Aber offenbar waren sie nur noch tiefer in den Sumpf eingedrungen. Dies war eindeutig nicht der Weg, über den sie gekommen waren. Mit den Führern konnte man nicht mehr reden. Obwohl Vernon leidlich gut Spanisch sprach und die Männer ein wenig Englisch beherrschten, waren sie meist viel zu betrunken, um sich in überhaupt irgendeiner Sprache zu verständigen. Als in den letzten Tagen immer deutlicher geworden war, dass sie sich verfranzt hatten, hatten die beiden dies immer lauter bestritten und umso mehr getrunken. Dann war der Lehrer krank geworden.
    Vernon vernahm einen Fluch vom Bug her. Einer der Führer warf seine Karten hin und stand schwankend auf. Er hielt sein Gewehr in der Hand. Das Boot wankte.
    »Cabrón!« Der andere Mann kam ebenfalls schwerfällig auf die Beine und zückte seine Machete.
    »Aufhören!«, brüllte Vernon. Doch sie ignorierten ihn, wie immer. Sie fluchten und prallten in einem trunkenen Handgemenge aufeinander. Das Gewehr ging los, verletzte j e doch niemanden. Die beiden Führer grunzten und rauften weiter, dann legten sie ihren Streit plötzlich bei, setzten sich wieder hin, sammelten die verstreuten Spielkarten ein und teilten sie aus, als sei nichts geschehen.
    »Was war das für ein Schuss?«, fragte der Lehrer und öffnete die Augen.
    »Nichts«, sagte Vernon. »Sie saufen wieder.«
    Der Lehrer fröstelte und zog die Decke enger um sich. »Du solltest ihnen das Gewehr wegnehmen.«
    Vernon sagte nichts. Den Versuch zu machen, die beiden zu entwaffnen, war Blödsinn, selbst wenn sie betrunken waren. Gerade dann.
    »Die Moskitos«, hauchte der Lehrer mit

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