Der Codex
Sie?«
Skiba schluckte die scharfe goldene Flüssigkeit. Dann fand er seine Stimme wieder, die in einem gebrochenen Flüstern aus ihm drang: »Ich habe Ihnen mehr als einmal gesagt, dass ich nichts damit zu tun haben will. Sie sind fast ach t tausend Kilometer von mir entfernt. Ich habe keine Kontro l le über Sie. Sie tun, was Sie wollen. Bringen Sie mir nur den Codex.«
»Ich hab das nicht verstanden. Liegt wohl an der Verschlüsselung ...«
»Tun Sie einfach, was Sie tun müssen!«, brüllte Skiba. »Und lassen Sie mich da raus!«
»Oh, nein, nein, nein - neiiin! Nein. Ich hab's Ihnen doch schon erklärt, Skiba. Bei dieser Sache arbeiten wir zusammen, Partner.«
Skibas Hand umklammerte den Hörer mit mörderischer Kraft. Er zitterte am ganzen Körper. Irgendwie hatte er das Gefühl, Hauser erdrosseln zu können, wenn er nur fest g e nug zudrückte.
»Schaff ich sie mir nun vom Hals oder nicht?«, fuhr die heiter klingende Stimme fort. »Wenn ich es nicht tue, we r den sie, selbst wenn ich den Codex kriege, zurückkehren und Sie verklagen. Und wissen Sie, was dann passiert, L e wis? Sie können diesen Prozess nicht gewinnen. Man wird I h nen den Codex wegnehmen. Sie haben gesagt, Sie wollen ihn gratis, ohne Komplikationen und Gerichtsverfahren.«
»Ich werde ihnen Lizenzgebühren zahlen. Sie werden Millionen verdienen.«
»Sie werden nicht mit Ihnen verhandeln. Sie haben andere Pläne mit dem Codex. Hab ich Ihnen das nicht erzählt? Die Frau, diese Sally Colorado, hat nämlich auch Pläne, und zwar große Pläne.«
»Was für Pläne?« Skiba schlotterten alle Glieder.
»In diesen Plänen kommt Ihr Unternehmen nicht vor. Mehr brauchen Sie nicht zu wissen. Hören Sie, Skiba, das ist das Problem mit euch Typen aus der Geschäftswelt. Ihr wisst nicht, wann es an der Zeit ist, harte Entscheidungen zu fällen.«
»Sie sprechen hier von Menschenleben.«
»Weiß ich. Für mich ist es auch nicht leicht. Wägen Sie das Gute gegen das Böse ab. Ein paar Menschen verschwinden in einem unbekannten Dschungel. Das ist die eine Seite. Die andere besteht aus lebensrettenden Medikamenten für Mi l lionen; zwanzigtausend Menschen, deren Arbeitsplatz e r halten bleibt; Aktionäre, die Sie vergöttern werden, statt nach Ihrem Blut zu schreien. Und Sie werden der Liebling der Wall Street sein, weil Sie die Firma vor dem Abgrund bewahrt haben.«
Skiba schluckte erneut. »Ich brauche noch einen Tag, um darüber nachzudenken.«
»Geht nicht. Die Entwicklung erlaubt es nicht. Wissen Sie noch, dass ich gesagt habe, dass ich sie werde aufhalten müssen, bevor sie die Berge erreichen? Wenn es Ihren Geist weniger belastet, Lewis: Ich werde es nicht persönlich tun. Es gibt hier ein paar honduranische Soldaten. Abtrünnige. Ich kann sie kaum noch in Schach halten. Diese Typen sind verrückt. Die sind zu allem fähig. Hier unten passieren so l che Dinge ständig. He, ich brauch mich nur umzudrehen, dann legen die Soldaten sie auf der Stelle um. Was soll ich also tun, Lewis? Soll ich sie mir vom Hals schaffen und I h nen den Codex bringen? Oder soll ich umkehren und alles vergessen? Ich muss jetzt weiter. Wie lautet Ihre Antwort?«
»Dann tun Sie es!«
Statisches Summen.
»Sprechen Sie es aus, Lewis. Sagen Sie, was ich tun soll.«
»Tun Sie es! Bringen Sie sie um, verdammt noch mal! Bringen Sie die Broadbents um!«
32
Zweieinhalb Tage nach der Attacke der Schlange, als sie erneut durch einen endlosen Wasserkanal stakten, fiel Tom auf, dass der Sumpf heller wurde und Sonnenschein durch die Wipfel fiel. Dann ließen die beiden Einbäume den Meambar-Sumpf mit verblüffender Schnelligkeit hinter sich. Es war, als kämen sie in eine andere Welt. Sie befa n den sich am Rand eines riesigen Sees, dessen Wasser so schwarz war wie Tinte. Die Sonne des Spätnachmittags brach durch die Wolken, und Tom spürte eine Woge der Erleichterung, weil sie endlich im Freien waren und das grüne Gefängnis des Dschungels sie ausgespuckt hatte. E i ne frische Brise vertrieb die Schwarzfliegen. Tom erblickte am anderen Ufer blaue Hügel und dahinter die ve r schwommene Linie einer sich in die Wolken windenden Bergkette.
Don Alfonso richtete sich am Bug des Bootes auf und breitete die Arme aus. Die in seiner faltigen Faust sichtbare Maiskolbenpfeife ließ ihn wahrhaftig wie eine Vogelsche u che wirken. »Die schwarze Lagune!«, rief er. »Wir haben den Meambar-Sumpf durchquert! Ich, Don Alfonso Bo s was, habe uns den Weg gewiesen!«
Chori und
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