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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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te sie den Kopf. »Ihr Vater war wirklich 'ne Type. Er hätte ein Buch zum Thema Wie man Kinder nicht erziehen soll schreiben können.«
    Tom spürte, wie seine Verärgerung zunahm. Er wusste, dass er es nicht sagen sollte. Er wusste, dass es ihm Arger einbringen würde, aber er konnte sich nicht zurückhalten. »Mein Vater hätte Julian sicher geliebt.«
    Urplötzlich machte sich Stille breit. Tom spürte, dass Sally ihn anschaute. »Wie bitte?«
    Obwohl er wusste, dass es besser gewesen wäre, den Mund zu halten, sagte er: »Ich meine damit, dass Julian g e nau der Mensch ist, den mein Vater aus uns machen wollte. Einen Burschen, der mit sechzehn in Stanford studiert, ein berühmter Professor in Yale wird und - wie Sie es ausg e drückt haben - ein Genie im wahrsten Sinne des Wortes ist.«
    »Ich werde diese Bemerkung keiner Antwort würdigen«, erwiderte Sally steif. Ihr Gesicht war rot vor Zorn, und sie nahm den Roman wieder an sich und las weiter.

31
     
    Philip war an einen Baum gefesselt. Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gebunden. Schwarzfliegen krabbe l ten über jeden Quadratzentimeter seiner entblößten Haut. Es waren Tausende, und sie fraßen sein Gesicht bei lebe n digem Leib. Er konnte nicht das Geringste tun, wie sie so in seine Augen, seine Nase und seine Gehörgänge krabbelten. Er schüttelte den Kopf. Er versuchte, sie mit den Lidern und ruckartigen Bewegungen loszuwerden, doch all seine Bemühungen schlugen fehl. Seine Augen waren fast zug e schwollen. Hauser unterhielt sich leise mit jemandem über sein Satellitentelefon. Philip verstand seine Worte zwar nicht, aber der leise, großkotzige Tonfall seiner Stimme war ihm bekannt. Er schloss die Augen. Er war vermutlich nicht mehr zu retten. Ihn interessierte nur noch eines: Dass Ha u ser seinem Elend bald ein Ende bereitete. Mit einer schne l len Kugel ins Hirn.
    Lewis Skiba saß an seinem Schreibtisch. Der Sessel war dem Fenster zugewandt. Er blickte über die Wipfel der Sk y line von Manhattan. Seit vier Tagen hatte er nichts von Hauser gehört. Vor fünf Tagen hatte er gesagt, er solle die Sache überschlafen. Dann: Stille. Es waren die schlimmsten fünf Tage in Skibas Leben gewesen. Ihre Aktie war auf sechs runter, das SEC hatte ihm eine Vorladung zugestellt und in der Firmenzentrale Laptops und Festplatten b e schlagnahmt. Sogar seinen eigenen Computer hatten die Lumpen mitgenommen. Die Hysterie der Leerverkäufer hielt unvermindert an. Das »Journal« hatte nun offiziell b e kannt gegeben, dass die FDA entschlossen war, Phloxatan zu verbieten. Standard & Poor's würde die Lampe-Wertpapiere in Kürze als Müll einstufen, und erstmals sp e kulierte man öffentlich über Zahlungsunfähigkeit.
    Heute Morgen hatte er seiner Frau sagen müssen, dass sie ihr Haus in Aspen angesichts dieser Umstände sofort abstoßen mussten. Es war schließlich ihr viertes Haus, das sie ohnehin nur eine Woche im Jahr nutzten. Doch sie hatte es nicht begriffen. Sie hatte in einer Tour geheult und dann im Gästezimmer übernachtet. Oh, Gott, würde es so weiterg e hen? Was passierte, wenn sie ihr Zuhause verkaufen mus s ten? Was würde sie tun, wenn sie die Kinder aus der Pr i vatschule nehmen mussten?
    Während der ganzen Zeit hatte er nichts von Hauser gehört. Was trieb der Mann eigentlich, verdammt? War ihm irgendwas zugestoßen? Hatte er aufgegeben? Skiba merkte, wie ihm schon wieder der Schweiß ausbrach. Er konnte es nicht ausstehen, dass sein und das Schicksal seines Unte r nehmens in den Händen eines solchen Mannes lag.
    Das chiffrierte Telefon meldete sich. Skiba machte im wahrsten Sinn des Wortes einen Luftsprung. Es war zehn Uhr morgens. Hauser rief nie morgens an. Trotzdem wus s te er irgendwie, dass er es war.
    »Ja?« Skiba versuchte, nicht außer Atem zu klingen.
    »Skiba?«
    »Ja, ja.«
    »Wie geht's?«
    » Gut.«
    »Die Sache schon überschlafen?«
    Skiba schluckte. Da war der Klumpen wieder, der Bleiklumpen in seinem Magen. Er kriegte fast kein Wort he r aus, denn er blockierte seine Kehle. Zwar hatte er schon einen gehoben, aber ein weiterer Schluck würde ihn nicht gleich aus den Pantinen hebeln. Also legte er den Hörer hin, zog die Schranktür auf und schenkte sich ein Glas ein. Er machte sich nicht mal die Mühe, den Whisky mit Soda zu verdünnen.
    »Ich weiß, dass es 'ne harte Sache ist, Lewis. Aber die Zeit ist gekommen. Wollen Sie den Codex nun haben oder nicht? Ich kann die Sache jetzt noch abblasen und umke h ren. Was meinen

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