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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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auf, den er uns
als seinen Bruder vorstellte. Die beiden waren ziemlich durch den Wind, vor
allem Hans Günther. Der sah aus wie ausgekotzt. Ich hab ihn sofort gefragt, was
denn los sei und wo Marit sei, aber er hat mich nur verzweifelt angeschaut und
geschwiegen. Noch nie in meinem Leben habe ich in so verzweifelte Augen gesehen
wie in die von Skipper damals.« Eine kleine Träne kullerte ihr die Wange
herunter. Sie wischte sie mit einer entschlossenen Handbewegung fort, bevor sie
weitererzählte.
    »Er hat
gesagt, er musste Menschen töten und dass er das nie wieder in seinem Leben tun
wollte. Als ich ihn erneut nach Marit gefragt habe, hat er mich mit diesem
leeren Blick angeschaut und leise gesagt: ›Marit ist dortgeblieben.‹ Ich hab
ihn geschüttelt, wollte eine Erklärung, aber er hat die Worte immer wieder
wiederholt. ›Marit ist dortgeblieben.‹ Als mein Vater kam, haben sie sich
geschlagene vier Stunden zusammengesetzt und beratschlagt. Und frag mich jetzt
bitte nicht, worüber sie gesprochen haben, Bernd, ich weiß es nicht. Mein Vater
kam mit ihnen und einem ernsten Gesicht aus dieser Besprechung heraus, dann
haben sie zu dritt etwas ziemlich Schweres in Vaters Hubschrauber geladen und
sind zur Fähre nach Kristiansand gefahren, die sie nach Hirtshals in Dänemark
bringen sollte. Anschließend war Vater einen Tag lang nicht ansprechbar, bis er
einen Anruf von Skipper erhielt. Daraufhin flog er sofort mit seinem
Hubschrauber und seiner ominösen Ladung nach Dänemark und kam tags darauf
unbeladen wieder zurück. Ich hab ihm Löcher in den Bauch gefragt, Bernd, aber er
hat zu dem Thema geschwiegen wie ein Grab. Und das, obwohl es ihm
augenscheinlich damit nicht gut ging. An einem Abend, als ich wieder einmal
gefragt habe, was denn mit Skipper sei, hat er schließlich zu mir gesagt, ich
solle mich in meinem Leben bloß von Rechtsradikalen fernhalten. Diese Nazis,
die wären ein teuflisches Pack. Ich war völlig perplex, aber dann hat er auch
schon wieder abgewunken, und das Thema war beendet. Als hätte er schon viel zu
viel gesagt. Seitdem hat er mehrmals mit Skipper in Deutschland telefoniert.
Das weiß ich, weil ich die Telefonrechnung kontrolliert habe. Und weil ich
manchmal gelauscht habe, konnte ich hören, dass Vater am Telefon immer wieder
gesagt hat, dass er ihm bei dem Einsatz helfen würde.
    Skipper
habe ich erst wiedergesehen, als er vorgestern mit dir hier eintraf. Und jetzt
bete ich zu Gott, dass er und mein Vater wieder wohlbehalten zurückkommen.«
Tina Schweigert griff sich ihren Tee und legte die Hände um die Tasse, als
wollte sie ihre verstörte Seele mit deren Wärme beruhigen.
    Lagerfeld
wusste, dass ihr Bericht hier zu Ende war. Mitfühlend griff er nach einer Hand
von ihr und nahm sie in die seine. Dankbar ließ sie es geschehen. Nach ein paar
Minuten brach Lagerfeld das Schweigen. »Es hilft alles nichts, Tina, ich muss
jetzt in Deutschland anrufen. Erstens wissen die in meiner Heimat nicht einmal,
wo ich bin, und zweitens klingt das alles eindeutig nach einer Sache für die
Polizei. Wenn du mich fragst, hat sich HG das
erste Mal in seinem Leben übernommen, will es aber nicht einsehen, der
verliebte Sturkopf.«
    Tina
nickte resigniert, während der Kommissar zum Handy griff.
    Haderlein
hatte alles mitgeschrieben, zum Mitdenken hatte er in der Eile keine Zeit
gehabt. Jetzt musste gehandelt werden. »Das war’s?«, fragte er sicherheitshalber.
    »Das
war’s«, bestätigte Lagerfeld. »Angeblich wollen HG und Ewald bis morgen wieder zurück sein. Ich kann nur hoffen, dass sie es
schaffen. Sollte das der Fall sein, könntest du alles arrangieren, dass ich mit HG nach Deutschland zurückfliegen kann? Außerdem
bräuchte ich einen Kontaktbeamten hier, der am besten noch Deutsch spricht. Und
schaut doch bitte, was ihr mit meinen Informationen anfangen könnt, und zwar so
schnell wie möglich, denn mein polizeilicher Instinkt sagt mir, dass wir von
sehr viel krimineller Energie und sehr bösen Buben ausgehen müssen, die hinter
alldem stecken. Vielleicht könnt ihr das ja auch den Ermittlungsbehörden hier
in Norwegen kommunizieren?«
    »Pass
auf, Bernd«, sagte Haderlein zu seinem endlich wiederaufgetauchten jungen
Kollegen. »Du verhältst dich jetzt erst einmal ruhig und bleibst, wo du bist.
Und sobald ich Näheres weiß, melde ich mich bei dir, okay? Wir werden alles,
was du mir erzählt hast, auswerten und geben dir dann baldmöglichst Bescheid,
wie alles weiterlaufen wird. Und

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