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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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das ROV auf seine Reise an die Wasseroberfläche. Die
Spannung bei seinen Auftraggebern stieg – genauso wie bei ihm, allerdings
aus anderen Gründen. Das ROV war nur noch wenige
Meter von der Meeresoberfläche entfernt, als er die Anwesenden anwies, sich
jeweils ein paar Bootshaken zu greifen, mit denen sie das ROV zum Arm des Schiffskranes ziehen sollten. Er würde
das Mini-U-Boot bewusst einige Meter entfernt auftauchen lassen, um zumindest
ein paar von der Truppe mit der Bergung des ROV s
abzulenken. Er steuerte das Boot dorthin, wo er es haben wollte, und rief: »Es
kommt, aufpassen!«
    Alle
standen jetzt an der Bordwand des Schiffes, um einen ersten Blick auf den
Torpedo zu werfen, auf den sie so lange hingearbeitet hatten. Selbst Dag Moen
schaute gebannt auf die Meeresoberfläche, wo das ROV jeden Moment auftauchen musste. Einzig Hans Kiesler, der mit der Pistole in der
Hand zu Jahns Bewachung am Eingang des Containers abgestellt worden war,
verharrte an Ort und Stelle, etwa zwei Meter von ihm entfernt. Aber auch er
blickte nun gespannt aufs Meer und achtete zumindest nicht mehr mit voller
Aufmerksamkeit auf den nun in Aktion tretenden ehemaligen KSK -Spezialisten der Bundeswehr.
    Jahn
drehte sich langsam aus seinem Sessel heraus und spannte seine Muskeln, dann
schoss er auf seinen Bewacher zu.
    »Wenn ich
ehrlich bin, dann wissen wir nicht, was es mit der ›Komsomolez‹ auf sich hat«,
sagte Gregor Zobel. »Das Boot liegt unverändert in circa tausendachthundert
Metern Tiefe in der Norwegischen See. Alle Stellen, sowohl in Russland als auch
in Norwegen, halten es für abwegig, dass jemand es wagen könnte, Atomwaffen aus
dieser Tiefe zu bergen. Dazu bräuchte es nicht nur ein immenses technisches
Know-how, sondern auch verdammt viel Geld. Und wo sollte Rutger Kesselring,
selbst wenn er diesen Plan verfolgte, eine Summe von mehreren Millionen Dollar
auftreiben können? Ich muss sagen, dass das der entscheidende Punkt ist,
Haderlein, der mich an Ihrer Theorie zweifeln lässt.« Der Beamte aus Nürnberg
betrachtete ihn mit skeptischem Blick.
    Franz
Haderlein nickte nachdenklich. »Okay, Herr Zobel«, sagte er dann plötzlich,
»das ist ja schon mehr, als ich zu hoffen gewagt habe. Aber bevor wir meine
Theorie komplett beerdigen, möchte ich Sie bitten zu warten, bis Hans Günther
Jahn mit meinem Kollegen aus Norwegen eintrifft. Es muss ja einen Grund geben,
warum er sich für einen radikalen Nazi mit Namen Hans Kiesler ausgegeben hat
und warum diese Zigaretten aus der ›Komsomolez‹ auf der Leiche seines Bruders
Dietmar Jahn verstreut waren. Vor allem aber müssen wir dann einen Mörder
finden, der heute Nacht gleich zwei Mitglieder der Familie Jahn umgebracht
hat.« Haderleins Augen glühten, als er die unbestreitbaren Fakten durch den
Raum schleuderte.
    Nur
Fidibus stutzte sofort. »Dietmar Jahn?«, fragte er ratlos. »Wer ist denn das
schon wieder, Haderlein?«
    Wortlos
schob ihm der Hauptkommissar das Bild von Jahn und die angefertigte
Phantomzeichnung des geköpften ersten Opfers über den Tisch.
    Robert
Suckfüll erstarrte. »Aber das ist er doch!«, rief er völlig entgeistert,
während ein weiteres Exemplar seiner teuren Havannas ungeraucht in seine
Einzelteile zerfiel.
    Hans
Kiesler schaffte es gerade noch, den Kopf herum- und die Augen erstaunt
aufzureißen. Alles, was anschließend passierte, war das Ergebnis jahrelang
eingeübter, tausendfach trainierter Bewegungsabläufe. Bevor der massige Skin
reagieren konnte, war Jahn schon hinter ihm, klemmte dessen muskulösen Hals
zwischen seine Arme und brach ihm mit einer kurzen Drehung das Genick. Bevor
der Körper des toten Kiesler zu Boden sank, fing HG die Waffe des Skins mit einer Hand auf.
    Er stand
nun fast in der Mitte des Bugdecks und richtete die Pistole auf seine Gegner,
die von seiner tödlichen Aktion nichts mitbekommen hatten. Zuerst drehte sich
Dag Moen um und erstarrte, als er sah, was passiert war.
    HG ging zwei Schritte auf
ihn zu und machte eine fordernde Geste mit seiner Hand, während er die Waffe
auf ihn gerichtet hielt.
    Moen zog
vorsichtig seine Beretta aus dem Halfter und warf sie HG vor die Füße. Erst das metallisch klappernde Geräusch ließ die anderen an der
Reling sich umdrehen. Ihre Reaktion war die gleiche wie die von Moen. Erst
stand vollkommene Verblüffung, dann blanker Hass in ihren Gesichtern –
besonders in dem von Moritz Kiesler, der seinen Bruder bewegungslos auf dem
nassen Deck liegend entdeckt hatte.

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