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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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kamen. Sofort verdunkelte sich sein Gemüt, und sogar der Geköpfte drüben
in der Hütte verlor plötzlich an Wichtigkeit. Eigentlich hatte er gar keine
Lust auf Feierabend. Im Grunde war ihm heute einfach alles zu viel, am liebsten
würde er mal wieder einen auf Single machen. Der Single Lagerfeld, der er seit
Jahren gewesen war und der manchmal von Blüte zu Blüte gehüpft war, die er im
Bamberger Nachtleben ab und an kennengelernt hatte. Alles war so schön und
unverbindlich gewesen. Was hatte ihn nur geritten, sich in das Abenteuer
monogame Langzeitbeziehung zu stürzen? Nachdenklich schaute er zu den Bibern
hinüber, die neben ihrer Burg saßen und sich putzten. Die Baumeister waren wohl
gerade dabei, in ihrer Burg eine Familie zu gründen. Beim Terminus Familie
wurde ihm etwas flau in der Magengegend, und die Mühle, Ute und die Baustelle
drängelten sich wieder in den gedanklichen Vordergrund.
    »Wir
machen jetzt erst einmal Feierabend«, schallte es ihm von links ins Ohr, und
Lagerfeld fuhr erschrocken herum. Neben ihm stand Ruckdeschl mit seinem Koffer
und in der weißen Montur der Spurensicherung. Angesäuert hatte er schon die
letzten Minuten beobachtet, wie es sich der junge Kommissar auf der
zugegebenermaßen bequem aussehenden Bank gemütlich gemacht hatte. Gut,
Lagerfeld hatte wohl die ganze Nacht auf irgendeiner Baustelle durch-
gearbeitet, aber das war ja wohl seine Privatsache. Am Tatort hatte er
gefälligst wie jeder andere auch seine Arbeit zu tun.
    »Müssen
Sie mich denn so erschrecken?«, fluchte Lagerfeld, der durch Ruckdeschls
harsche Anrede fast von der Bank gefallen war.
    Der Chef
der Spurensicherung verschränkte die Arme und schaute ihn fast mitleidig an.
»Entschuldigen Sie, Herr Kommissar, dass ich Sie in Ihrer wohlverdienten
Beamtenruhe gestört habe. Es wird nicht wieder vorkommen. Ich wollte Sie auch
nur mit gewissen vorläufigen Erkenntnissen belästigen, die gewisse Mitglieder
der arbeitenden Zunft der Bamberger Spurensicherung an einem gewissen Tatort
mit einem gewissen Kopf gesammelt haben.« Spöttisch betrachtete er den
plötzlich wieder wach wirkenden Lagerfeld.
    »Was
gibt’s?« Lagerfeld klang ehrlich interessiert.
    »Nun,
eigentlich nichts Gravierendes«, meinte Ruckdeschl gnädig und stellte seinen
Koffer ab. »Die Leiche ist in ihren Einzelteilen schon auf dem Weg in die
Gerichtsmedizin Erlangen. Mal schauen, ob Siebenstädter etwas rausfindet.« Er
blätterte demonstrativ wichtig in seinem Notizblock, während im Hintergrund
seine weiß gekleideten Kollegen ihre Autos beluden.
    »Die
Spuren von dem Lastwagen weisen ein ziemlich grobstolliges Profil auf, so viel
konnten wir den Reifenspuren da vorn entnehmen. Wir lassen einen Abdruck im
Labor anfertigen, der müsste für eine Identifizierung der Reifen reichen.« Er
machte eine kurze Pause, blätterte in seinem Block, fand aber anscheinend
nichts mehr von Bedeutung.
    »Zu den
vielen Fingerabdrücken und DNA -Spuren kann ich
erst morgen mehr sagen. Die muss ich noch analysieren. Schönen Abend dann noch,
Herr Kommissar.«
    Ruckdeschl
schloss seinen Notizblock und kehrte Lagerfeld den Rücken zu.
    Der junge
Kommissar sah ihm nach, wie er entschlossen auf seine Kollegen zutrabte, die im
Aufbruch begriffen waren, dann blickte er zu dem Gartenhaus hinüber, das nun
von der Spurensicherung versiegelt worden war. Rund um das kleine
Gartengrundstück hatte man außerdem das rot-weiße Trassierband der Polizei
gespannt, damit kein Unbefugter den Garten betreten konnte. Als die
Spurensicherer mit ihren Fahrzeugen abgezogen waren, herrschte plötzlich wieder
eine absolute Stille. Endlich Ruhe an diesem hektischen, vermaledeiten Tag.
Lagerfeld sank seufzend auf der Bank in die Ruheposition zurück, die er auch
innegehabt hatte, bevor Ruckdeschl ihn aufgeschreckt hatte.
    Eigentlich
müsste er jetzt Franz Haderlein anrufen, damit dieser ihn abholte. Sein Tagwerk
hier war nun erledigt. Ab und zu würde heute vielleicht noch eine Streife
vorbeifahren, um nach dem Rechten zu sehen, aber er hatte hier offiziell nichts
mehr zu schaffen und sollte eigentlich in die Dienststelle zurückkehren. Aber
das hatte noch einen Moment Zeit. Stress mit der Frau, Stress mit der Arbeit, zu
wenig Schlaf. Jetzt konnten ihn erst einmal alle kreuzweise. Lagerfeld legte
den Kopf zurück und schloss die Augen.
    Haderlein
platzierte eine Tasse mit heißem Kaffee vor dem Baron von Rotenhenne und setzte
sich ihm gegenüber auf seinen Stuhl. Zwischen den beiden

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