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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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irgendwann
heimzahlen. Warum war er nicht Postbeamter, Bankkaufmann oder irgendetwas anderes
mit geregelten Arbeitszeiten geworden, wenn er keine Lust hatte, nachts geweckt
zu werden?
    »Okay,
dann schickt mir eben eine Streife vorbei. Und lasst Lagerfeld pennen«, sagte
er in einem spontanen Anfall von Gutherzigkeit, »der arme Kerl hatte gestern
wirklich einen Scheißtag. Der wär wahrscheinlich noch ungenießbarer drauf als
ich, und ich kann mir kaum vorstellen, dass ihr das wollt.«
    Riemenschneider
beobachtete, wie sich das Gesicht ihres Kommissars während der erschrockenen
Antwort des Gesprächspartners sichtlich aufhellte. Wortlos grinsend legte er
auf, dann drehte er sich zu ihr um und beäugte sie mit nachdenklichem Blick.
    »Du und
Honeypenny, ihr seid wirklich das Hartnäckigste, was auf Gottes Erdboden
herumläuft«, stellte er fest, dann kalkulierte er den weiteren Ablauf durch.
Jemand hatte auf den Baron geschossen. Warum? Gute Frage, nächste Frage. Er
würde sich erst einmal alles vor Ort besehen. Apropos Ort, es war an der Zeit,
die Toilette aufzusuchen.
    Als er
sich auf dem Ring der Erleichterung niederlassen wollte, stand da allerdings
schon ein Ferkel, die Vorderfüße auf den Toilettendeckel gestützt, und schaute
ihn hoffnungsfroh an. Er wusste, was das bedeutete. Seufzend klappte er den
Klodeckel nach oben, hob Riemenschneider hoch und hielt ihr kleines Hinterteil
direkt über das Becken. Riemenschneider spreizte ihre Hinterfüße weit nach
außen und entleerte sich ausgiebig und mit einem seligen Gesichtsausdruck.
Anschließend nahm ihr Herrchen etwas von dem Toilettenpapier, legte sie trocken
und stellte sie dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Hoch erhobenen
Hauptes entschwand das kleine Ferkel seinem Sichtfeld.
    Endlich
konnte Haderlein sich niederlassen. Es hatte lange gedauert, seinem Ferkel
diese Technik beizubringen, aber es ersparte ihm das langwierige Gassigehen
durch die Bamberger Innenstadt und außerdem sehr viel Ärger mit einer gewissen
Lebenspartnerin, die dagegen protestiert hatte, dass in ihrem Wohnbereich
kleine Ferkel wie ein Mensch auf den Toilettendeckel gesetzt wurden. Wie dem
auch sei, das Problem war durch diese Technik erfolgreich behoben worden.
    Anschließend
machte er einen Abstecher ins Bad, das von der Toilette getrennt war, da dort
Hosen und Hemden für den Notfall lagen, wenn er sich nicht im Schlafzimmer
anziehen konnte. Seine Arbeitszeiten waren schon schlimm genug, da musste er
nicht auch noch Manuela wecken. Er war kaum manierlich angezogen, da klingelte
es auch schon an der Haustür. Na gut, dann würde er eben mal wieder
arbeitsmäßig die Nacht zum Tage machen.
    »Komm,
wir haben Dienst«, sagte er aufmunternd und nahm seine Riemenschneiderin an die
Leine.
    Roald
Hagestad kam unter unglaublichen Schmerzen wieder zu sich. So ziemlich alles an
seinem Körper tat ihm weh, außerdem lief Blut an seinem Kopf herunter und über
sein linkes Auge, das aber schon allzu stark geschwollen war, als dass er es
noch hätte öffnen können. Sie hatten ihn auf einen Stuhl in der Küche des
»Tracteursted« gesetzt und mit einer Wäscheleine an der Lehne desselben
festgebunden. Das Deckenlicht der Küche war ausgeschaltet, stattdessen pendelte
direkt vor ihm von der Decke eine Stablampe, wie man sie gern für
Autoreparaturen verwendete, und leuchtete ihm direkt ins Gesicht. Mit seinem
einen verbliebenen Auge blinzelte er in das kalte Licht und versuchte zu
erkennen, wer sich da so rührend um ihn gekümmert hatte. Schemenhaft und
undeutlich konnte er zwei dunkel gekleidete Gestalten erkennen. Niemand sprach
ein Wort, aber eine der Personen kam nun auf ihn zu und schüttete ihm etwas
über den Kopf. Es war Skippers Apfelbrand. Was für eine sinnlose Verschwendung,
dachte er noch, bevor sein Kopf wie Feuer zu brennen begann. Dann ergriff eine
Hand seine vom Blut verklebten Haare und riss Roalds Kopf brutal nach hinten.
Er litt Höllenqualen, aber er bemerkte die große Tätowierung auf dem Unterarm
seines Peinigers. Das Zeichen hatte er erst vor Kurzem gesehen, auf dem Boden
der Schachtel, die ihm Skipper zur Aufbewahrung überlassen hatte. Den Unterarm,
der seinen Kopf so brutal nach hinten zog, zierten ein tätowierter Totenkopf
sowie ein Hakenkreuz. Plötzlich erschienen zwei glühende Augen über seinem
Gesicht – oder dem, was davon übrig war.
    » Hvor
han er? «, stellte der Mann in gebrochenem Norwegisch eher fest, als dass er fragte.
    Der Typ
war

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