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Der Computer und die Unsterblichen

Der Computer und die Unsterblichen

Titel: Der Computer und die Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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Horchposten. Er wird wissen, wann und wohin ich gehe und was ich tue, was es auch sein mag. Es wird ihm keinerlei Schwierigkeiten machen, sich zu verbergen.«
    »Dann mußt du es mit Klugheit und Geschicklichkeit versuchen.«
    »Du willst, daß ich kriminalistische Ermittlungen anstelle?« sagte ich. »Das liegt mir nicht, Boris.«
    »Hast du noch andere Vorwände?«
    »Du weißt, daß ich ihn für die Gruppe gewonnen habe.«
    »Mit Lucy Borgias Hilfe. Ja.«
    »Du weißt, daß die Gruppe das Prinzip der gegenseitigen Hilfe verkörpert, im Guten wie im Schlechten. Wir sind die Familie.«
    »Willst du damit andeuten, es laufe darauf hinaus, daß wir Doktor Guess angreifen müssen?«
    »Er ist nicht nur Mitglied der Gruppe, er ist mein Bruder. Außerdem ist er der Bruder meiner Frau.«
    »Versuch nicht, mich zu gebrauchen, Guig«, sagte Natoma.
    »Ich versuche lediglich, das emotionale Dilemma darzustellen, in dem ich mich befinde. Die Sache hat noch einen anderen Aspekt. Er und der Extro haben gemeinsam meine Adoptivtochter getötet, ein liebenswertes, überaus begabtes Mädchen, das ihn anbetete. Ein Mädchen, das ich liebte.«
    »Ist das die Möglichkeit? Warum?«
    »Sie wußte zuviel, und ich redete zuviel über das, was sie wußte. Mein Verhältnis zu Guess ist von einer Haßliebe gekennzeichnet, und ich habe Angst, etwas zu unternehmen.«
    »Klingt wie Tschechow«, murmelte Boris.
    »Und schließlich gibt es noch einen Faktor. Ich fürchte ihn. Wirklich. Er hat der Menschheit den Krieg erklärt. Er und das elektronische Netz haben diesen Krieg begonnen – die ansteigende Todesrate legt Zeugnis dafür ab.«
    »Warum gegen die Menschheit? Will er eine Bevölkerung von Maschinen?«
    »Nein, von Hermaphroditen. Das ist seine Vision von der neuen Rasse.«
    »Unmöglich!«
    »Drei hat er schon«, sagte Natoma.
    »Das gibt es nicht.«
    »Es gibt sie«, erwiderte ich. »Und in dem Maße, wie er Menschen ermordet, wird er sie durch weitere ersetzen. Ich denke, es ist der Extro, der durch ihn spricht. Seit es Maschinen gibt, haben Menschen sie gehaßt; aber nie ist jemand auf die Idee gekommen, daß Maschinen diesen Haß erwidern könnten. Das ist der Grund meiner Furcht, Boris.«
    »Es ist schlimm, ja, aber es kann nicht die Panik erklären, die ich in dir fühle. Du verschweigst mir immer noch etwas. Was ist es? Ich habe ein Recht, es zu erfahren.«
    Ich seufzte resigniert. »Du hast recht. Der Grieche hat schlüssig gefolgert, daß der Extro mit einem abtrünnigen Mitglied der Gruppe zusammenarbeitet. Wohlgemerkt, ich meine jetzt nicht Guess, sondern einen anderen.«
    »Ausgeschlossen!«
    »Poulos hat es schlüssig bewiesen. Es muß einen Molekularen Menschen geben, der der Gruppe den Krieg erklärt hat.«
    »Wer sollte das sein?«
    »Das ist nicht bekannt. Weißt du, Boris, ein frischgebackener Molemann und ein Extrocomputer, die Hand in Hand arbeiten, sind schlimm, doch nicht schreckenerregend. Aber wenn ein abtrünniges Gruppenmitglied mit dem Wissen und Reichtum, mit den Erfahrungen und Abneigungen von Jahrhunderten hinzukommt und gegen die Gruppe Amok läuft ..., das bringt mich in Panik. Und deshalb will ich nichts mit der Sache zu tun haben. Das ist was für einen Heldentyp. Wenn ich kann, werde ich untergetaucht bleiben, bis die ganze Geschichte vorbei ist.«
    »Und deine geliebte Frau?«
    »Wieso?«
    »Wird sie es überleben?«
    »Du schlauer Teufel! Trotzdem, meine Antwort steht. Ich werde mich nicht mit ihm oder gar allen dreien anlegen. Ich bin kein Held.«
    »Dann werde ich allein gehen«, sagte Natoma grimmig. »Boris, bitte bringen Sie mich auf der Rückreise nach Mexiforn. Wenn Sie verhindert sind, werde ich es auf eigene Faust versuchen.«
    »Natoma ...!« begann ich ärgerlich.
    »Edward!« unterbrach sie mich in gebieterischem Ton. Was konnte ich tun? Ich kapitulierte. »Also gut, ich werde mitgehen. Ich bin eben ein Pantoffelheld.«
    Boris strahlte. »Ich werde Hillel verständigen; er erwartet euch in Mexiko. Aber zuerst werde ich deiner schönen und mutigen Frau zuliebe Rubinsteins Persisches Liebeslied singen. Kannst du mich am Klavier begleiten?«
    »Wenn ich das Musikzimmer finde«, brummte ich.
     

 
10.
     
    Dann erschien Hillel der Jude, nicht ganz unerwartet, aber nichtsdestoweniger überraschend: schwarzgekleidet, melancholisch und doppelt so schlau wie der Rest der Welt zusammengenommen.
    Als Natoma und ich in Mexiko aus dem Zoll kamen, war er unter den lebendigen und mechanischen

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