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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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goss das Wasser auf. Währenddessen arbeitete mein Hirn unentwegt. Plötzlich hatte ich eine Aufgabe. Sie war gefährlich, aber sie reizte mich. Was sollte ich sonst anfangen mit meinem Leben?
    Ich wusch zwei Becher ab und stellte sie auf den Tisch. Dann goss ich den Kaffee durch ein Sieb in die Becher. »Was würden Sie an meiner Stelle tun, Wohlfeld?«
    »Ich würde mir eine neue Stellung suchen. Vielleicht versuchen Sie zur Polizei zurückzukehren. In einem anderen Land, vielleicht in Bayern, ganz weit weg.«
    Nein, nach Bayern würde ich nicht gehen, nicht dahin, wo die Fememörder und Putschpolitiker zu Hause waren. Und auch Maurice, den ich noch finden musste. Ich setzte an, Wohlfeld zu fragen, ob er nicht Hitlers ehemaligen Fahrer vernehmen wolle, immerhin hatte der mit Hitlers Freundin angebandelt, aber ich bremste mich. Wohlfeld würde mich nicht verraten, doch er war ein loyaler Staatsbeamter, ich würde ihn in Gewissensnot bringen, wenn ich ihn in meinen Plan einweihte. Plan? Das war ein großes Wort für eine kleine Idee. Aber sie erweckte mich wieder zum Leben.
    Den Rest der Zeit plauderten wir über Frau Wuttkes Sohn, der von der Reichswehr übernommen worden war, und Wohlfelds Tochter, die gute Fortschritte machte in der Schule. Als Wohlfeld gegangen war, räumte ich die Wohnung auf. Es dauerte den Rest des Tags. Dann setzte ich mich in die Badewanne und rasierte mich. Als ich mich sauber fühlte, schüttete ich die angebrochene Weinbrandflasche in den Ausguss. Am Abend ging ich in den Fröhlichen Postillion und aß ein Wiener Schnitzel. Als der Wirt mir Wein bringen wollte, bestellte ich Wasser. Er schaute mich an, als käme ich von einem fernen Planeten.
    Am nächsten Morgen ging ich zum Friseur, ließ sein Gequassel über mich ergehen und verwandelte mich in einen neuen Menschen. Anschließend suchte ich eine Werkstatt auf, deren Besitzer ich einmal rangekriegt hatte, weil er Hehlerware weiterverkaufen wollte. Ich hatte ihn anständig behandelt, er kam mit einer Geldstrafe weg, was auch an meiner Zeugenaussage vor Gericht lag. Burstein saß in seinem Büro, als ich kam. Er sprang auf und sagte leicht stotternd: »Herr Kommissar, ich habe nichts Unrechtes getan.«
    »Das hoffen wir mal. Ich komme aus einem anderen Grund. Sie müssen mir einen Wagen leihen.«
    Er war erleichtert. »Gerne, Herr Kommissar. Hinten auf dem Grundstück stehen ein paar Gebrauchte. Suchen Sie sich einen aus.«
    Wir gingen durch die Werkstatt, an der Wand war eine Stahltür, die auf die Rückseite des Grundstücks führte. Dort standen vier Autos, mir fiel gleich der Opel Laubfrosch ins Auge.
    »Was ist mit dem Opel?«
    »Gerne, Herr Kommissar«, sagte Burstein. »Eigentlich wollte ich den ja verkaufen, aber weil Sie es sind. Wie lange brauchen Sie ihn?«
    »Vielleicht ein paar Tage, vielleicht ein paar Wochen.«
    »Machen wir es so. Sie kriegen ihn in den ersten beiden Wochen umsonst. Wenn die abgelaufen sind, reden wir noch einmal darüber.«
    Er wollte ein Guthaben ansammeln bei einem Polizisten, wohl im Vorgriff auf seine nächste Gaunerei. »Einverstanden, in zwei Wochen reden wir noch mal. Wann kann ich den Wagen abholen?«
    »Morgen mittag, Herr Kommissar. Ich richte ihn noch ein bisschen her.«
    Mein Geld hätte gereicht, um den Wagen eine Weile zu mieten, aber warum sollte ich es dem Werkstattbesitzer hinterhertragen?
    Bevor ich in dieser Nacht einschlief, kämpfte ich mit meiner Erinnerung an Sofia. Ich versuchte zornig zu sein auf sie. Kann man eine Lügnerin lieben? Eine französische Lügnerin?
    Am Morgen wusch und rasierte ich mich gründlich, als klebe noch immer der Dreck der letzten Monate an mir. Beim Frühstück begann ich mir meinen Plan zurechtzulegen. Ich hatte nur Olendorff als Anknüpfungspunkt und vielleicht den Motorboot-Klub und das Haus, in dem ich niedergeschlagen wurde. Ich könnte bei der Werkstatt nachfragen, wo der Maybach gestanden haben sollte, während ich ihn verfolgte. Aber das wäre nicht klug, damit hätte ich Olendorff nur gewarnt. Außerdem hatten sie Zeit genug gehabt, dieses Märchen nach allen Seiten abzudichten. Und das Haus? Warum hatten sie mich gerade in dieses Haus gelockt? Ich kannte die Adresse nicht, aber ich würde es wiederfinden. Allerdings musste ich verhindern, dass Olendorff mich bei meiner Suche ertappte. Er wusste, dass ich raus war aus dem Geschäft, die neuen Herrscher in Deutschland schützten ihn. Er würde sich sicher fühlen, das war mein Vorteil. Den durfte

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