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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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packte die Tasche und ging in den Gastraum. Er war leer bis auf den Wirt, der in der Zeitung las. Er hatte kurze, dicke Finger mit Schmutz unter den Nägeln. Er grinste mich an.
    »Sie sind ja ein richtiger Held«, sagte er.
    »Und Sie sind Kommunist«, sagte ich. »Das soll in diesen Zeiten keine leichte Sache sein.«
    Er schaute mich wütend an. »Was soll das?«
    »Wie kommen wir hier weg?«
    »Mit der Bahn?«
    »Geht’s genauer?«
    Er bohrte in der Nase. »Sie können von hier direkt nach Leipzig und von dort, wohin Sie weiterwollen. Das würde ich aber nicht riskieren.«
    »Was würden Sie riskieren?«
    »Dann müssen Sie mir schon verraten, wo Sie hinwollen.« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und schaute mich herausfordernd an.
    »Holen Sie einfach den Fahrplan.«
    Er verschwand hinter der Schwingtür. Ich ging zum Ofen in der Ecke, öffnete ihn und warf meine alte Hose ins Feuer. Es qualmte aus der Luke, ich musste husten. Der Hals war entzündet und schmerzte. Ich schloss den Ofen. Der Wirt kam zurück mit dem Fahrplan in der Hand. »Was treiben Sie denn da?«
    »Ich tue Ihnen einen Gefallen. Sie sparen Kohle.«
    Er schüttelte den Kopf, legte den Fahrplan auf den nächsten Tisch, setzte sich wieder auf seinen Platz und las in der Zeitung. Ich blätterte im Fahrplan. Schließlich hatte ich eine günstige Verbindung gefunden. Nach ein paar Minuten steckte ich auch das Jackett in den Ofen. Ich wartete noch ein wenig, um sicherzugehen, dass das Jackett brannte, wenn ich den Raum verließ.
    »Kann ich den Plan mitnehmen?«
    »Eine Reichsmark«, sagte der Wirt.
    Auf dem Umschlag war ein Preis von fünfzehn Pfennig aufgedruckt. Ich war wütend, aber es half nichts, also gab ich dem Mann, was er verlangte, und stieg die Treppe hoch. Im Zimmer roch es nach Seife. Sofia saß auf der Bettkante, ich setzte mich neben sie und schlug den Fahrplan auf. Sie legte den Kopf an meine Schulter.
    »Mein Vorschlag: Du kommst mit nach Berlin. Du kannst eine Weile bei mir wohnen. Aber dann müssen wir etwas suchen, wo du sicher bist. Sie würden doch zu gern Hitlers Mörder präsentieren.«
    Sie fiel mir ins Wort. »Wir waren es nicht.«
    »Das ist denen vermutlich egal.« Ich bedauerte es in dem Augenblick, als ich es gesagt hatte. »Tut mir leid.«
    »Das muss dir nicht leid tun. Ist ja die Wahrheit.« Sie zeigte keine Angst.
    »Wir mogeln uns über Nebenverbindungen nach Berlin. Auf den großen Bahnhöfen könnte es Kontrollen geben. Wir kaufen auch keine Fahrkarten direkt nach Berlin, sondern nur für Teilstrecken.«
    »Du gäbst einen wunderbaren Ganoven ab«, sagte Sofia.
    »Ich bin ein wunderbarer Ganove«, antwortete ich. Ich öffnete mein Portemonnaie und zählte mein Geld.
    »Ich habe auch was«, sagte sie. »Es wird reichen bis Berlin. Und dann musst du mich durchfüttern.«
    »Du bezahlst in Naturalien.«
    »T-t-t«, sagte sie und lachte.
    Ich trug ihren Koffer in den Gastraum. »Haben Sie einen Wagen?« fragte ich den Wirt.
    Der schüttelte den Kopf. Er schien erleichtert zu sein, uns nicht fahren zu müssen. Er erklärte uns den Weg zum Bahnhof. »Wenn ich nur den Verdacht habe, werter Genosse, dass Sie uns verpfeifen, werden Sie hier nicht mehr glücklich. Haben Sie mich verstanden?«
    Ich wusste zwar nicht, wie ich diese Drohung verwirklichen sollte, aber der Wirt war vielleicht einfältig genug, mich ernst zu nehmen.
    Wir gingen durch das Städtchen zum Bahnhof. Ich trug den Koffer, Sofia die leere Aktentasche. Sie hakte sich bei mir ein, wir sahen aus wie ein Ehepaar, das eine kleine Reise unternahm. Es waren wenig Menschen unterwegs. Am Bahnhof kaufte ich zwei Fahrscheine dritter Klasse nach Hohenstein-Ernstthal. Der Zug kam mit zehnminütiger Verspätung. Wir setzten uns nebeneinander in ein Abteil. Auf dem Boden lagen Zigarettenkippen im Staub. Die alte Frau auf der Bank gegenüber brabbelte vor sich hin und beachtete uns kaum. Ihre Unterlippe zitterte. Der Zug fuhr ächzend an. Kahle Bäume zogen an der Scheibe vorbei. Sie erinnerten mich an den Baum vor unserer Stellung an der Front. Ob Walter Berg überlebt hatte?
    Der Schaffner trat ins Abteil, er knipste die Fahrscheine, ohne etwas zu sagen. Die alte Frau schien ihn nicht zu bemerken. Als der Schaffner die Tür wieder geschlossen hatte, drehte die Frau ihr Gesicht zu uns und fragte mit keifiger Stimme: »Auf großer Reise?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nur nach Dresden.«
    »Da fahre ich auch hin. Da wohnt mein Enkel. Der ist bei der

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