Der Cop und die Lady
verblüffend gut.
„Polizei”, sagte er kurz angebunden, griff in seine Gesäßtasche und zog seine Dienstmarke heraus. Mit der anderen Hand hielt er den Mann mit seinem Revolver in Schach. „So, jetzt sind Sie an der Reihe. Kann ich Ihren Ausweis sehen?”
Dieses Verlangen war lediglich der Versuch, sich mit Anstand aus der Affäre zu ziehen und seinem Hiersein zumindest einen halboffiziellen Anstrich zu geben.
Mike dämmerte bereits, wer der Fremde war, und seine Vermutung bestätigte sich, als Nina aus dem Schlafzimmer kam.
„Julien?” fragte sie ungläubig in leisem Ton. Und dann, bestimmter: „Julien Duchesne.”
Die Augen des blonden Mannes weiteten sich überrascht. „Du erinnerst dich an mich?” Er sprach mit leichtem europäischen Akzent. „Ach, Liebes, ich bin ja so erleichtert. Armand hat behauptet, du hättest dein Gedächtnis verloren.”
„Das habe ich auch”, gab Nina zurück. „Ich erinnere mich an nichts. Ich habe dich nur erkannt, weil ich im Büro ein Bild von dir gesehen habe.”
„Ich … ich verstehe. Nun, dann haben wir viel zu besprechen. Deshalb”, er wandte sich zu Mike um, „möchte ich Sie nun bitten, uns allein zu lassen, Officer.
Und wenn Sie auch noch so freundlich waren, die Waffe herunterzunehmen und mir eine Frage zu beantworten, wäre ich Ihnen außerordentlich verbunden.” Er fixierte Mike mit kalten Augen. „Würden Sie mir vielleicht verraten, was Sie um diese Zeit in der Wohnung meiner Verlobten zu suchen haben?” Seine Stimme war jetzt so hart, dass man Glas damit hätte schneiden können.
„Verlobten?” platzte Nina entgeistert dazwischen. „Willst du damit sagen, dass ich … verlobt bin?”
„So ist es”, gab Duchesne zurück, wobei er ihr einen Blick zuwarf, der sehnsüchtig und traurig zugleich war. „Kannst du dich denn an gar nichts mehr erinnern? Ach, Liebes, das muss ja schrecklich für dich sein.”
Nina ließ sich in einen Sessel fallen. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. „Du wirst mir alles erzählen. Ich bin mit dir verlobt? Das kann ich kaum fassen. Ich habe nirgendwo einen Hinweis darauf gefunden.” Da sie ihm ansah, dass sie ihn offensichtlich verletzt hatte, fügte sie schnell hinzu:
„Entschuldige bitte. Ich wollte dir nicht weh tun. Aber darauf war ich nun wirklich nicht vorbereitet. Es kommt mir alles ganz unwirklich vor.”
Nina war schwindlig. Sie hatte das Gefühl, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Eben noch hatte sie in Mikes warmen Armen gelegen, und nun erfuhr sie, dass sie mit einem anderen Mann verlobt war, mit einem Mann, der ein vollkommen Fremder für sie war. Übelkeit stieg in ihr auf, und sie begann zu zittern. Das Schlimmste an der Sache war jedoch der kalte, versteinerte Ausdruck, der auf Mikes Gesicht lag. Am liebsten wäre sie zu ihm hingerannt und hätte sich in seine Arme geworfen. Doch das, was vor ganz kurzer Zeit noch möglich gewesen wäre, war nun in weite Ferne gerückt. Innerhalb von Minuten hatte sich eine Kluft zwischen ihnen aufgetan, die unüberbrückbar erschien.
„Ich bin mit Miss Dennison zusammen ihre persönlichen Unterlagen durchgegangen und habe mit Kollegen und Freunden gesprochen”, sagte Mike zu Julien. „Sie hat recht, niemand hat etwas davon gesagt, dass sie verlobt ist. Finden Sie es nicht auch ein bisschen merkwürdig, dass diesen Umstand kein Mensch erwähnt hat? Nicht einmal Armand Zakroff? Wie erklären Sie sich das?”
„Hören Sie”, gab Duchesne wütend zurück, „ich habe überhaupt keine Veranlassung, Ihnen irgendwelche Fragen zu beantworten. Im Gegenteil, ich erwarte noch immer eine Erklärung von Ihnen. Was zum Teufel tun Sie hier?”
„Ich untersuche Miss Dennisens Fall”, gab Mike hölzern zurück.
„So, das nennen Sie untersuchen? Da wüsste ich ja gerne mal, was Sie da untersucht haben.” Juliens Stimme überschlug sich fast. „Zu dieser Stunde und nur halb angezogen finde ich Sie hier zusammen mit einer Frau, die in hilflosem Zustand erst vor ein paar Tagen aus dem Krankenhaus entlassen wurde.” Er starrte Mike abscheuerfüllt an. „Dafür werden Sie mir eine hinreichende Erklärung liefern müssen, mein Lieber. Im Moment sieht es für mich so aus, als hätten Sie Ihre Amtsbefugnis missbraucht. Und wenn das tatsächlich so ist, lasse ich Sie dafür bezahlen, da können Sie Gift drauf nehmen.”
„Hör auf!” schrie Nina dazwischen. Gleich darauf bemühte sie sich um Mäßigung. „Lass ihn in Ruhe, Julien.
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