Der Countdown
für seine maßgeschneiderte Kleidung bekannt.
Eilaufträge seien ihre Spezialität.
In Anbetracht der Tatsache, dass er beruflich durch das Land fuhr, hatte die Aussicht auf eine lange Fahrt von Cold Butte durch die Rockies nach Seattle – und wieder zurück – keinen besonderen Reiz für Jake. Doch der Ausflug nach Seattle stellte nicht das eigentliche Problem dar. Seine Zweifel an Samara, an dem, was er gerade tat und plante, zermürbten ihn allmählich.
Samara war entschlossen, nach Seattle zu fahren, und hatte ihm vorgeschlagen, sich beim Fahren abzuwechseln. Sie plante, ein Ferienwochenende daraus zu machen, sich einige Sehenswürdigkeiten anzuschauen, zu einem Baseballspiel zu gehen.
Dafür war Logan dann Feuer und Flamme.
Alles, nur nicht diese langweilige Prärie.
Jake war überstimmt.
Samara vereinbarte einen Termin, und sie machten sich auf die Reise quer durch eine komplette Zeitzone, damit sie ihr maßgeschneidertes Kostüm bekam.
War diese ganze Aufregung um Klamotten typisch britisch?
Ach egal, Jake zuckte mit den Achseln. Schließlich ging es um den Papst. Die Schule hatte ein Schreiben geschickt, in dem Kinder, Familienangehörige und Personal aufgefordert wurden, beim Papstbesuch in der Schule ihren besten “Sonntagsstaat” anzulegen.
Die letzte Nacht hatten sie in einem Motel verbracht, waren heute früh aufgestanden und hatten ihr Ziel nun erreicht.
“Ich werde mir nur die Maße nehmen lassen. Ihr zwei wartet im Restaurant. Wenn ich in fünfundvierzig Minuten nicht da bin, holt mich ab. Dann können wir uns den Rest des Tages noch einiges ansehen. Den Pike Place Market, danach das Spiel.”
“Sicher”, stimmte Jake zu.
Samara sah ihn einen Augenblick an und ging.
“Dad.” Logans Aufmerksamkeit richtete sich auf die Fenster einer Zoohandlung. “Können wir vor dem Restaurant in den Laden hier gehen und die Papageien anschauen?”
“Okay, Kumpel.”
Nach dem Zoogeschäft, in dem es leicht stank, setzten sich Jake und Logan in das Diner, wo Logan Kakao trank und die Comics in der
Seattle Times
las. Jake trank Kaffee, während er so tat, als ob er in den Sportseiten lesen würde.
Tatsächlich aber kämpfte er mit seinem Missbehagen, das an Ärger grenzte. Das Feuer zwischen Samara und ihm war erloschen. Sie gab sich distanziert und war in ihre Arbeit vertieft, in ihre Online-Korrespondenz und ihre nächtlichen Telefongespräche mit Freunden in aller Welt. Sogar auf der Fahrt hierher hatte sie die meiste Zeit an ihrem Laptop verbracht, als ob er und Logan gar nicht vorhanden seien.
Während er in seinen Kaffee starrte, dachte er erneut über seine Entscheidung nach, Maggie verlassen zu haben. Hatte er die ganze Sache wirklich durchdacht? Was für eine Zukunft hatten sie mit Samara?
Er wusste es nicht.
“Dad, ist es Zeit, sie abzuholen?”
“Noch nicht, Sohn, wir sind gerade erst gekommen.”
Melodische Glöckchen ertönten, als Samara den Laden betrat.
Ein Mann in den Vierzigern telefonierte gerade hinter dem Tresen. Eine US-Flagge hing an der Wand hinter ihm. Der Mann trug eine marineblaue Weste und eine weißes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln; ein Maßband hing um seinen Hals. Er unterbrach den Anruf für seine Kundin.
“Ich bin Samara”, sagte sie. “Ich habe einen Termin.”
“Oh ja. Bitte sehen Sie sich um. Ich bin gleich bei Ihnen. Meine Tochter wird Ihnen helfen. Jasim!”
Ein hübsches junges Mädchen kam aus dem Hinterzimmer, um sie durch das Angebot des Ladens zu führen. Regale waren vom Boden bis zur Decke mit Stoffballen gefüllt – ägyptische Baumwolle, italienische und englische Wolle, Kaschmir, Seide, Chantilly-Spitze. Samara blätterte durch Musterbücher, bis der Mann sein Telefonat beendete.
“Entschuldigen Sie, Samara, ich bin Benny.”
Er war ein geschätzter Schneidermeister und stammte ursprünglich aus London, wo sein Vater Anzüge in der Savile Row geschneidert hatte.
“Soweit ich weiß, sind Sie ebenfalls in London geboren. Ich glaube, wir haben gemeinsame Freunde.”
“Das ist wahr. Unsere Onkel kennen sich.”
Als sie sich die Hände schüttelten, bemerkte sie seine stechenden braunen Augen.
“Wir sollen ein Kostüm für einen sehr speziellen Anlass für Sie anfertigen.”
“Genau.”
“Ein eiliger Auftrag, sagten Sie?”
“Unglücklicherweise, ja.”
“Kein Problem. Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen zu helfen. Darf ich Ihnen zeigen, was ich seit Ihrem Anruf schon entworfen habe?”
Benny öffnete ein Notizbuch,
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